Das Light-E-MTB von Santa Cruz, das Heckler SL, lässt auf dem Papier kaum Wünsche offen. Mit 160 mm Federweg vorne und 150 mm hinten, gemischten Laufradgrößen und einer High-End-Ausstattung scheint es bestens ausgestattet. Doch wie schlägt sich das Heckler SL im Vergleichstest gegen acht weitere Light-E-MTB-Modelle?
Die kalifornische Bike-Marke an der Monterey Bay hat neben ihren beiden Full-Power E-MTBs Santa Cruz Heckler und Bullit auch den kleinen Bruder, das Heckler SL, im Portfolio. Klar, wir haben uns da nicht lang bitten lassen und das Heckler SL in unseren Light-E-MTB-Vergleichstest geschickt. Das Bike ist keine Unbekannte: Das Santa Cruz Heckler SL ist auch schon in unserem großen E-MTB Vergleichstest 2024 gegen 26 andere E-MTBs angetreten und kommt mit FAZUA Ride 60-Motor und 430 Wh Akkukapazität.
Die Rahmen-Plattform des Santa Cruz Heckler SL liefert 160 mm Federweg an der Front, kombiniert mit 150 mm Federweg und einem 27,5″-Hinterrad am Heck sowie dem typischen VPP-Hinterbau. Das in fünf Größen von S bis XXL erhältliche E-MTB soll so für Fahrer mit einer Körpergröße von 1,55 m bis 2 m geeignet sein. In der von uns getesteten XX AXS RSV-Ausstattung für 12.999 € stellt das Santa Cruz Heckler SL das zweitteuerste Light-E-MTB im Vergleichstest dar und bringt in Größe L im Testfeld durchschnittliche 19,6 kg auf die Waage.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2024 – Die 9 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest
No End to High-End – Was macht das Santa Cruz Heckler SL aus?
Der in der „Matte Silver“-Lackierung gehüllte Carbonrahmen kommt an unserem Test-Bike in der CC-Carbon-Ausführung. Im Vergleich zur alternativ erhältlichen C-Carbon-Ausführung hat sie weniger Carbonfasern und so ein geringeres Gewicht, aber die gleiche Steifigkeit. Die Santa Cruz-typische Rahmenform hat den Entwicklern bei der Motorintegration ordentlich in die Karten gespielt. So ist der längliche FAZUA Ride 60-Motor kaum erkennbar im Unterrohr nahe des Tretlagerbereichs integriert. Der Motor unterstützt – wie der Name verrät – den Fahrer mit 60 Nm Drehmoment und 350 Watt Spitzenleistung. Durch den integrierten Boost-Modus, der durch langes Drücken der Remote nach oben aktiviert wird, gibt der Motor sogar für kurze Zeit 450 Watt frei. Gespeist wird der Motor von dem direkt darüberliegenden und fest im Unterrohr integrierten FAZUA Energy-Akku mit 430 Wh, der über einen gut erreichbaren Ladeport im Tretlagerbereich geladen wird. Das Motorsystem wird über die Ring Control-Remote am Lenker gesteuert, die jedoch Abstriche in ihrer Haptik machen muss. Durch die reine Kunststoffoberfläche wirkt sie nicht besonders hochwertig verarbeitet und ist bei unvorsichtigem Bedienen oder nach einem Sturz schnell funktionsunfähig. Hier hat beispielsweise TQ mit ihrer TQ-HPR50-Remote deutlich die Nase vorn. Die ins Oberrohr eingelassene FAZUA LED-Hub zeigt euch in verschiedenen Farben die aktuelle Unterstützungsstufe sowie den Akkustand an. Wer die LED-Hub leicht anhebt, kann über den integrierten USB-C-Ladeport sein Smartphone laden.
Die Gangwahl erfolgt am Santa Cruz Heckler SL über die elektrische SRAM XX Eagle AXS Transmission-Schaltung, die direkt am Rahmen montiert ist und auch Schaltvorgänge unter Last ermöglicht. Ein großzügiger Kettenstrebenprotektor schützt den Rahmen vor dem wilden Peitschen eurer Kette, während ein am Sattelrohr montierter Fender Verunreinigungen an eurem Dämpfer fernhält. Das Santa Cruz Heckler SL rollt auf 29”/27,5” großen Carbon-Laufrädern der Eigenmarke, den Reserve 30-Laufrädern. Sie werden an unserem Test-Bike vorne mit einem MAXXIS Minion DHF-Reifen in weicher MaxxGrip-Gummimischung und pannenanfälliger EXO-Karkasse kombiniert. Am Hinterrad kommt ein MAXXIS Minion DHR II in härterer MaxxTerra-Gummimischung und dickwandiger Doubledown-Karkasse zum Einsatz. In Serie wird das Heckler SL am Hinterrad mit dem gleichen Reifen-Modell, jedoch in der etwas dünnwandigeren EXO+ Karkasse ausgestattet, die sich in Sachen Pannenschutz zwischen der EXO- und der Doubledown-Karkasse platziert. Hier sollten vor allem schwere Fahrer zum Schutz der Carbon-Laufräder vorne auf EXO+ und hinten auf die Doubledown-Karkasse upgraden.
Das Santa Cruz Heckler SL-Fahrwerk stammt aus der Ultimate-Serie von RockShox. So arbeitet an der Front eine Lyrik Ultimate-Federgabel, während der Super Deluxe Ultimate-Dämpfer am Heck Unebenheiten ausfedert. Beide Federelemente punkten mit guter Trail-Performance und Einstellbarkeit und durch eine kleine Aussparung im Sitzrohr lässt sich der SAG am Dämpfer einfach ablesen. Der Flip-Chip im Lower Link des Dämpferbereichs lässt euch zwischen High- und Low-Setting wählen. Wir sind das Heckler SL im Low-Setting gefahren. Verzögert wird der Kalifornier von kraftvollen SRAM CODE Ultimate Stealth-Bremsen, die vorne und hinten auf 200-mm-Bremsscheiben zugreifen und in Sachen Power und Dosierbarkeit überzeugen. Die Kabel der Bremsen verlaufen nah am Lenker entlang, was optisch vorteilhaft ist, auf dem Trail jedoch für nerviges Klappern sorgt. Zur Freude aller Hobbyschrauber verschwinden die Leitungen seitlich durch Kabelports in den Rahmen. Weitere Kabel bis auf das der LED-Hub findet man am Santa Cruz Heckler SL nicht, denn auch die RockShox Reverb AXS-Sattelstütze wird über die Remote am Lenker kabellos gesteuert. So wirkt das Cockpit super clean und übersichtlich. Die Dropperpost ist mit 170 mm Hub für ein Bike in Größe L jedoch zu kurz und bietet beim Fahren zu wenig Bewegungsfreiheit.
Santa Cruz Heckler SL XX AXS RSV
12.999 €
Ausstattung
Motor FAZUA Ride 60 60 Nm
Akku FAZUA Energy 430 Wh
Display FAZUA LED Hub
Federgabel RockShox Lyrik Ultimate 160 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Ultimate 150 mm
Sattelstütze RockShox Reverb AXS 170 mm
Bremsen SRAM CODE Ultimate Stealth 200/200 mm
Schaltung SRAM XX Eagle AXS Transmission 1x12
Vorbau Burgtec Enduro MK3 42,5 mm
Lenker Santa Cruz Carbon 800 mm
Laufradsatz Santa Cruz Reserve 30 29"/27,5"
Reifen MAXXIS Minion DHF MaxxGrip EXO/ MAXXIS Minion DHR II MaxxTerra Doubledown 2,5"/2,4"
Technische Daten
Größe S M L XL XXL
Gewicht 19,6 kg
Zul. Gesamtgewicht 155 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 136 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Besonderheiten
Flip-Chip
Tuning-Tipp: Zum Schutz der Carbon-Laufräder sollten vor allem schwerere Fahrer vorne auf eine EXO+ und hinten auf eine Doubledown-Karkasse upgraden.
Fun mix – Das Santa Cruz Heckler SL im Praxistest
Sobald man mit dem Santa Cruz Heckler SL den Anstieg zum nächsten Trail startet, nimmt man auf dem Light-E-MTB eine aufrechte und bequeme Sitzposition ein. Santa Cruz bewährter VPP-Hinterbau generiert gute Traktion im Anstieg und wippt nur leicht mit. Durch das Umlegen des Climb Switch, den man während der Fahrt durch den weit unten platzierten Dämpfer etwas umständlich erreicht, genießt man einen spürbaren Effizienz-Zugewinn bergauf. Der FAZUA Ride 60-Motor unterstützt im Uphill gut und wer sich auf eine Uphill-Challenge mit seinem Riding Buddy einlässt, kann durch das Aktivieren des Boost-Modus noch einiges an Metern gut machen. Ganz so kräftig wie andere Motoren im Test ist der FAZUA Ride 60-Motor jedoch nicht. Hier haben die Bikes mit Shimano EP801-Motor, wie das Cannondale Monterra oder das MERIDA eONE-SIXTY 10K die Nase vorn. Dennoch ist der FAZUA kräftiger als der TQ-HPR50-Motor im SCOTT Voltage oder der Specialized 1.2 SL Custom Rx Trail Tuned-Motor im Specialized S-Works Turbo Levo SL. Genaue Details zu allen aktuellen und spannenden Motoren gibt’s in unserem großen Motoren-Vergleichstest. Was die Zuverlässigkeit betrifft, hatte das FAZUA-Motorsystem in der Vergangenheit häufig mit Problemen zu kämpfen. Das letzte Software-Update hat zwar viele dieser Probleme behoben, dennoch können wir das System nicht vorbehaltlos empfehlen.
Startet man in den Trail, steht man sehr ausgewogen zwischen beiden Rädern. Die hohe Front gibt viel Sicherheit und man fühlt sich gut im Rad integriert. Im anfangs ruppigen und steinigen Abschnitt unserer Teststrecke wird das Heckler SL direkt dem ersten Härtetest unterzogen. Überforderung? Keineswegs! Hier überzeugt das Santa Cruz Heckler mit guter Laufruhe und das Fahrwerk federt starke Einschläge sauber aus, ohne ans Limit zu kommen. In steilen Abschnitten vermittelt die hohe Front ein gutes Maß an Sicherheit, Überschlagsgefühle kommen so erst gar nicht auf. An die Laufruhe eines MERIDA eONE-SIXTY 10K kommt es jedoch nicht ganz heran. Das eher straffe Fahrwerk erlaubt es, durch viel Gegenhalt auf Flowtrails gut über Wellen zu pushen, und man generiert mit dem Kalifornier so schnell Geschwindigkeit. Hier zeigt sich der verspielte Charakter des Heckler SL, das sich wendig und agil über den Trail bewegen lässt und auch gekonnt um enge Kurven zirkelt. So tendiert man mit dem Santa Cruz Heckler SL dazu, mit dem Trail zu spielen, und zieht gerne an Wurzeln oder Steinkanten ab – belohnt mit einem breiten Grinsen. In puncto Agilität übertrifft es den Artisten Specialized S-Works Turbo Levo SL dabei jedoch nicht ganz. Insgesamt schafft das Santa Cruz Heckler SL aber den Spagat zwischen Laufruhe und Agilität und sorgt gleichzeitig für einen hohen Spaßfaktor auf dem Trail.
Das Santa Cruz Heckler SL lädt zum Spielen auf dem Trail ein und belohnt jede Aktion mit einem breiten Grinsen.
Für wen ist das Santa Cruz Heckler SL das richtige Bike, für wen nicht?
Das Santa Cruz Heckler SL spricht als gelungener Allrounder eine breite Fahrergruppe an, denn hier kommen sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene auf ihre Kosten. Auch alle, die ein verspieltes E-Mountainbike suchen und über die Trails tänzeln wollen, finden hier einen zuverlässigen Partner. Mit der höchsten Zuladung im Test von 136 kg ist das Santa Cruz Heckler SL aber auch für schwere Fahrer attraktiv.
Fazit zum Santa Cruz Heckler SL
Die vielversprechende High-End-Ausstattung des Santa Cruz Heckler SL überzeugt auch auf dem Trail, denn den Kaliforniern gelingt es, in ihrem Light-E-MTB eine hohe Laufruhe mit guter Agilität zu vereinen, was auf dem Trail für ein breites Grinsen sorgt. Im Uphill überzeugt das Heckler SL mit kraftvoller Unterstützung, auch wenn es nicht ganz mit den besten Kletterern im Test mithalten kann. Einziger Wermutstropfen bleibt der hohe Preis, der die Glücksgefühle trübt.
Tops
- hoher Spaßfaktor
- guter Mix aus Laufruhe und Agilität
- höchste maximale Zuladung im Vergleichstest
Flops
- hoher Preis
- Upgrade auf pannensichere Reifen nötig
- problembehaftetes FAZUA-Motorsystem
Mehr Informationen findet ihr unter santacruzbicycles.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2024 – Die 9 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest
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Words: Benedikt Schmidt Photos: Peter Walker, Mike Hunger