ROTWILD sagt dem Trend zum Riesenakku den Kampf an und verleiht dem R.E375 PRO einen kleinen und leichten 375-Wh-Akku bei voller Shimano EP8-Motorleistung. Hat es damit Aussicht auf Erfolg in unserem E-Mountainbike-Vergleichstest oder hängen die Allrounder es gnadenlos ab?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 – 13 Modelle im Test
ROTWILD hat mit dem R.E375 PRO ein Light-E-MTB mit Motorpower konzipiert. Unser 8.999 € teures R.E375 kommt mit 29”-Laufrädern, hat 170 mm Federweg an der Front und 160 mm am Heck und wiegt 19,68 kg. Integration wird beim R.E375 großgeschrieben: Der Shimano EP8-Motor mit 85 Nm Drehmoment ist dezent in den Carbonrahmen eingefasst. Der längliche 375-Wh-Akku mit Carbongehäuse bildet die seitliche Rahmenwand des superschlanken Unterrohrs. Er lässt sich easy per Knopfdruck zur Seite entnehmen. Zwischen Motor und Akku sitzt der Ladeport mit praktischem Magnetcover. Die Display- und Remotekabel verlaufen unsichtbar durch den Lenker und selbst die EightPins-Sattelstütze ist voll in den Rahmen integriert.
Gewichtsoptimierung um jeden Preis? Die Komponenten des ROTWILD R.E375 PRO im Detail
Irgendwo auf dem Weg zur kompletten Ausstattung des R.E375 muss ROTWILD der Fokus auf Leistung abhandengekommen sein. Viele Parts sind zwar noch gewissenhaft für maximale Trailperformance gewählt: Die soliden DT Swiss HX 1501-Alulaufräder und die XT-Bremsen mit 200 mm großen ICE-TECH-Scheiben verrichten einen guten Job. Eine Kombination aus SLX-Kassette und XT-Schaltwerk schaltet die Gänge knackig durch. Doch die Gewichtsoptimierung bei den Magic Mary-Reifen in hauchdünner Super Ground-Karkasse vorne und dem Hans Dampf in Super Trail-Karkasse hinten ist fehl am Platz. Wird das R.E375 artgerecht in anspruchsvollem Terrain bewegt, sind Pannen dadurch nämlich vorprogrammiert. Oder man muss den Reifendruck für mehr Pannenschutz erhöhen, was zulasten des Grips geht. Auf den unnötigen Lockout der FIT4-Kartusche in der FOX 36 hätten wir zugunsten der besseren Performance einer GRIP2-Kartusche gern verzichtet.
Weniger ist mehr! Der kleine Akku am ROTWILD R.E375 macht das sportliche Gesamtkonzept überhaupt erst möglich.
ROTWILD R.E375 PRO
8.999 €
Ausstattung
Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku IPU 375 375 Wh
Display Shimano SC-EM800
Federgabel FOX 36 Factory FIT 4 E-Bike+ 170 mm
Dämpfer FOX DPX 2 Factory 160 mm
Sattelstütze EightPins NGS 2 180 mm
Bremsen Shimano XT M8120 200/200 mm
Schaltung Shimano XT/SLX 1x12
Vorbau ROTWILD 50 mm
Lenker ROTWILD 780 mm
Laufradsatz DT Swiss HX 1501 29"
Reifen Magic Mary Super Ground / Hans Dampf Super Trail 2,4"/2,4"
Technische Daten
Größe M L XL
Gewicht 19,68 kg
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 110 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein
Rahmenwerte im Übermaß – Die Geometrie des ROTWILD R.E375 PRO im Detail
Das R.E375 kommt in den Größen M–XL. Es hat mit 470 mm das längste Sitzrohr im E-Mountainbike-Vergleichstest, zusammen mit dem MERIDA eONE-SIXTY und dem SCOTT Ransom. Obwohl die Bedienung und Integration der EightPins-Sattelstütze top sind, können einige Fahrer den maximalen Hub von 180 mm aufgrund des langen Sitzrohrs nicht nutzen. Das beschränkt oft die Bewegungsfreiheit. Der Reach ist mit 485 mm in Größe L überdurchschnittlich lang und der Lenkwinkel mit 63,5° der flachste im Test. ROTWILD bereitet das R.E375 damit für den sportiven Einsatz und nicht für Touren vor. Die Sitzposition fällt handlastig aus und anhand des straffen Fahrwerks und des kleinen Akkus wird klar, dass gemütliche Tagestouren auf dem R.E375 nicht drin sind.
Größe | M | L | XL |
---|---|---|---|
Oberrohr | 604 mm | 632 mm | 655 mm |
Sattelrohr | 440 mm | 470 mm | 506 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 125 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
Sitzwinkel | 77,0° | 77,0° | 77,0 |
Kettenstrebe | 445 mm | 445 mm | 445 mm |
Tretlagerabsenkung | 25 mm | 25 mm | 25 mm |
Radstand | 1.253 mm | 1.284 mm | 1.311 mm |
Reach | 460 mm | 485 mm | 510 mm |
Stack | 625 mm | 636 mm | 641 mm |
Leichtfüßige Spaßkanone – Das ROTWILD R.E375 PRO im Uphill
Bergauf treiben der starke Antritt und das agile Fahrverhalten des R.E375 einem die Freudentränen in die Augen! Durch das straffe Fahrwerk und das geringe Gewicht wirkt es so, als hätte der Shimano EP8-Motor Steroide geschluckt; er fühlt sich deutlich kraftvoller an als in den anderen Shimano-Bikes. Von Könnern lässt sich das R.E375 spielend auf dem Hinterrad aus der Kurve beschleunigen. Im Umkehrschluss neigt es in Kurven aber zum Untersteuern, wodurch man die Front in engen Kehren für mehr Traktion am Vorderrad aktiv belasten muss. In technischen Kletterpassagen wird der mangelnde Grip noch frappierender. Kleine Absätze bewältigt das spritzige R.E375 noch, indem es sie überspringt, und auf steilen Rampen steht das straffe Fahrwerk immer hoch im Federweg und sorgt dafür, dass das Vorderrad nicht ungewollt steigt. Auf losem und nassem Untergrund mangelt es jedoch an Traktion und das ROTWILD wird an Schlüsselstellen sehr fordernd. Hier unterliegt es dem deutlich schwächer motorisierten Orbea Rise in allen Punkten.
Hat es ein Jäger auf dieses ROTWILD abgesehen, kann er die große Flinte zu Hause lassen. Ein Luftgewehr reicht bei den dünnen Reifen völlig aus.
Nichts für Anfänger – Das ROTWILD R.E375 im Downhill
Auf flowigen Abfahrten beweist das R.E375 Stärken, die typisch für Light-E-MTBs und analoge Bikes sind: Agil und präzise lässt es sich über den Trail manövrieren. Dank des straffen Fahrwerks generiert es Tempo beim Pushen durch Wellen und geht an Kanten unverschämt leicht in die Luft. Könner versetzt es mit seinem Fahrspaß in anhaltende Euphorie, die nur schwer mit einem anderen Akkukonzept zu imitieren wäre. In steilem, verblocktem Terrain erreicht das ROTWILD allerdings sein Limit. Die mangelnde Traktion und die eingeschränkte Bewegungsfreiheit trüben das Sicherheitsempfinden. Der flache Lenker mit wenig Rise zieht den Fahrer weit nach vorne. Die leichte Front wird immer wieder von seitlichen Schlägen versetzt. Auf Highspeed-Strecken ist das R.E375 nervös und wird wie das SCOR sehr fordernd. Mit sauberer Fahrtechnik lässt sich das Handling bändigen, aber Reifen und Federgabel limitieren selbst versierte Fahrer. Nur mit Tuning eignet sich das R.E375 für Highspeed. Anfänger sollten deshalb zum einsteigerfreundlichen Orbea Rise greifen.
Tuning-Tipp: neuer Satz stabiler Reifen wie z. B Schwalbe Magic Mary in Super Gravity- oder Super Trail-Karkasse und Ultra Soft-Mischung vorne sowie Super Gravity-Karkasse und Soft-Mischung hinten
Fahreigenschaften
7Agilität
- träge
- verspielt
Laufruhe
- nervös
- laufruhig
Handling
- fordernd
- ausgewogen
Fahrspaß
- langweilig
- lebendig
Motor-Feeling
- digital
- natürlich
Motor-Power
- schwach
- stark
Preis-Leistung
- schlecht
- top
Fazit
Das ROTWILD R.E375 PRO stemmt sich bewusst gegen den Trend zum großen Akku – zu Recht! Bei der Motorintegration wird das Konzept eines agilen Light-E-MTBs super umgesetzt. Bei der Gewichtsoptimierung an den Komponenten geht das Konzept aber zu weit. Im Serienzustand ist das R.E375 durch sein forderndes Handling nur für Experten geeignet, die obendrein die Reifen und Gabel tunen müssen. Auf der Suche nach dem besten Allrounder im E-Mountainbike-Vergleichstest fällt es daher weit zurück.
Tops
- kraftvoller Motor mit kleinem Akku
- starke Integration des Motorsystems
- Spaßmaschine im flowigen Uphill
- super agil
Flops
- Ausstattung limitiert das Bike enorm
- forderndes Handling bergab
- zu langes Sitzrohr
Mehr Informationen findet ihr unter rotwild.de
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 – 13 Modelle im Test
Alle Bikes im Test: FOCUS JAM² 7.0 (Zum Test) | MERIDA eONE-SIXTY 10K (Zum Test) | Norco Sight VLT C1 (Zum Test) | Orbea Rise M-Team (Zum Test) | Rocky Mountain Altitude Powerplay C70 (Zum Test) | ROTWILD R.E375 PRO | SCOR 4060 Z ST XT (Zum Test) | SCOTT Ransom eRIDE 910 (Zum Test) | Specialized S-Works Turbo Levo (Zum Test) | Specialized S-Works Turbo Kenevo SL (Zum Test) | Trek Rail 9.9 XX1 AXS (Zum Test) | Yeti 160E T1 (Zum Test) | YT DECOY MX CORE 4 (Zum Test)
Entspanntes und komfortables Biken auf breiten befestigten Wegen, bergauf wie bergab.↩
Uphill auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und gemäßigter Steigung.↩
Aktives Fahren und spielen mit dem Gelände auf einfachen Trails mit wenig Hindernissen, weiten Kurvenradien und im gemäßigten Gefälle.↩
Uphill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und teilweise extremer Steigung.↩
Downhill auf Wanderwegen und Singletrails im anspruchsvollen Gelände, beispielsweise mit losem Untergrund, Stufen, Wurzeln, engen Kurven und kleinen Sprüngen sowie Steilabfahrten.↩
Ballern bei Highspeed auf schnellen und teilweise sehr ruppigen Trails mit großen Sprüngen und Hindernissen, die sich nicht überrollen lassen.↩
Das Rating der Fahreigenschaften bezieht sich auf die Räder im Vergleichstest und den aktuellen Entwicklungsstand von E-Mountainbikes. Die besten Bikes schaffen es, vermeintlich gegenteilige Fahreigenschaften in sich zu vereinen und sind so z. B. agil und laufruhig zugleich. Das Handling beschreibt die Balance des Bikes im Gelände bergab. Die Angaben zur Motorpower beziehen sich auf das Fahrgefühl im Gesamtkontext des Bikes, nicht auf den Motor isoliert – dadurch können die Werte zwischen gleichen Motoren variieren.↩
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Words: Rudolf Fischer Photos: Robin Schmitt