Ein Monitor zum Biken? Die React rev-Sonnenbrille nutzt einen Flüssigkristall zur besonders flotten Tönungsanpassung. Innerhalb von nur einer Zehntelsekunde soll die ShadeTronic-Technologie zwischen Tönungsgrad 2–4 switchen können. Dank einer in den 1980er-Jahren fürs Schweißen entwickelten Technik. Klappt das auch auf dem Trail?

Selbsttönende Brillen sind was für Rentner und haben auf dem Trail nichts zu suchen, weil sie zu langsam auf sich ändernde Lichtverhältnisse reagieren. So oder so ähnlich lauten meist die Vorurteile gegenüber Bike-Brillen, die ihren Tönungsgrad auf Basis der Photochromie anpassen. Dabei reagiert ein lichtabhängiger Stoff auf die aktuelle Lichtintensität und verändert sein Absorptionsverhalten. Die Gläser verdunkeln sich. Verringert sich die Lichtstärke, hellen sie wieder auf. Dieser Vorgang benötigt typischerweise einige Sekunden. Gerade beim Biken im Wald, wo sich die Lichtverhältnisse an sonnigen Tagen durch den von Bäumen verursachten Schatten extrem schnell ändern können. Oder beim Durchfahren eines kurzen Tunnels. Hier ist die Reaktionsfähigkeit vieler Brillen zu schwach: Man sieht im dunklen Tunnel nichts, dafür wird man am Ende umso mehr geblendet, da die Brille dann erst aufgehellt hat.

Mit der ShadeTronic-Technologie will React diesem Dilemma ein Ende setzen: Die Sonnenbrillen des Schweizer Unternehmens sollen ihre Tönung innerhalb einer Zehntelsekunde anpassen können, und zwar im Bereich der Tönungsgrade 2–4, was 57–94 % entspricht. Heißt aber auch: Der hellste Tönungsgrad liegt bei 57 %. Das dürfte in der Dämmerung oder sehr dichtem Wald schon zu dunkel sein. Aber dazu gleich mehr. Satte 329 Euro ruft React für das voll umrahmte Modell rev auf, das wir in den Farbkombis Ruby/Black und Sky/White getestet haben. Daneben gibt es noch die leichtere Version optray, die an der Unterseite rahmenlos ist und mit 289 € zu Buche schlägt. Top: Für Brillenträger bietet React einen Korrektur-Clip für 39 € an.
ShadeTronic – Von der Industrie auf den Trail
Die Technologie, die bei der React-Brille zum Einsatz kommt, stammt ursprünglich aus der Welt des Schweißens. Bereits Mitte der 1980er-Jahre erfand Optrel, die Muttergesellschaft von React und Anbieter von Sicherheitsprodukten für Gesichts-, Kopf- und Atemschutz, einen automatisch abdunkelnden Schweißhelm auf der Grundlage der Flüssigkristalltechnologie (LCD). Mit der Gründung der Tochterfirma React transferierte das Unternehmen die LCD-Technologie ShadeTronic auf sportliche Sonnenbrillen, die sich durch eine besonders schnelle Anpassung der Tönungsintensität auszeichnen und damit vor allem bei schnell wechselnden Lichtbedingungen Vorteile bringen sollen. Die Brillen der Serien optray und rev werden in der Schweiz produziert und tragen das Label „swiss made“. Herzstück von ShadeTronic ist die Kombination aus Photozelle und LCD-Gläsern. Die Photozelle erzeugt je nach Lichtintensität mehr oder weniger Strom, der dazu genutzt wird, die Flüssigkristalle unterschiedlich anzuordnen. Das führt letzten Endes zur nahezu verzögerungsfreien Tönung der Brillengläser – allerdings nur im Bereich einer mittleren bis starken Tönung. Ganz aufhellen können die Brillen von React nicht. Dafür funktioniert die automatische Tönung auch hinter Scheiben mit UV-Filtern, wie etwa im Auto, wo photochromatische Brillen nicht abdunkeln, da diese ausschließlich auf UV-Strahlung reagieren.

React rev – Chic im Aussehen, hochwertig in der Verarbeitung
Was direkt beim ersten Aufsetzen der React rev auffällt: Sie ist immer getönt, ganz aufhellen kann die selbsttönende Sonnenbrille nicht. Wer also früh in den Tag startet oder in den Sonnenuntergang reiten will, muss entweder ein Ersatzbrillenglas mitnehmen oder zeitweise auf den Schutz einer Brille verzichten. Denn in der Dämmerung wird es auf dem Trail schon schwierig mit der rev. Aber der Reihe nach. Die voll umrahmte Brille lässt sich in dreierlei Hinsicht an die eigenen Vorlieben bzw. Kopf- und Nasenform anpassen. So sind die Nasen-Pads in der Weite verstellbar, die Bügelenden lassen sich biegen und – eher ungewöhnlich – die Bügel selbst sind in drei Positionen im vertikalen Winkel zu den Gläsern justierbar. Auf den ersten Blick überflüssig, je nach Rad und Terrain aber durchaus hilfreich.

Schönheit liegt natürlich auch bei sportlichen Sonnenbrillen im Auge des Betrachters. Dennoch attestieren wir den Schweizern ein gutes Händchen beim Design. Die leicht in die Breite gezogenen Gläser und der nahtlose Übergang in die angenehm schlanken Bügel verleihen der rev ein sportliches Aussehen. Obendrein ist das Gewicht mit 40 g nicht störend. Nichts zu bemängeln gibt es bei der Materialauswahl und der Verarbeitungsqualität. Das Prädikat „swiss made“ trägt die 329 € teure Sonnenbrille völlig zurecht. Ein oder zwei zusätzliche Features stünden der React rev dennoch gut zu Gesicht. Ein abnehmbarer oder individualisierbarer Rahmen wäre zum Beispiel ganz nett und in dieser Preisklasse durchaus nicht ungewöhnlich.
Die React rev im Praxistest: Fast immer die passende Tönung
Die React Rev gibt es mit vier verschiedenen Gläserfarben, der Rahmen ist entweder schwarz oder weiß. Bereits in geschlossenen Räumen reagiert die Brille gut auf Lichtveränderungen und dunkelt ab bzw. hellt auf. Dieser Vorgang geht quasi verzögerungsfrei vonstatten. Das Verhalten ändert sich im Freien natürlich nicht, lediglich der Tönungsbereich wird größer. Selbst bei sehr hellen Lichtverhältnissen bietet die React rev ausreichend Schutz vor Blendung. Im Gegenzug hellt sie aber nicht weit genug auf, wenn der Ride bis in die Abenddämmerung hineinreicht. 57 % Tönung sind dafür dann doch zu viel. Aufgrund des Funktionsprinzips der Brille muss jederzeit sichergestellt sein, dass Licht auf den oben mittig platzierten Sensor fällt. Doch selbst mit großen Visieren hatten wir damit nie Probleme. Gerade bei modernen Helmen, die oftmals eine Brillen-Garage oberhalb des Gesichtsausschnitts mitbringen, sitzt das Visier hoch genug, sodass es den Lichtsensor der Brille nicht verschattet. Das Tempo, das der in den Gläsern verbaute Flüssigkristall an den Tag legt, ist beeindruckend. Selbst bei sehr schnellen und kurzen Änderungen der Lichtverhältnisse, etwa auf einem lichten Trail, kommt die React rev nicht aus dem Tritt. Gefühlt ist man immer mit der richtigen Tönung unterwegs. Top! Nur ganz selten entsteht der Eindruck eines leichten Flackerns. Vermutlich dann, wenn die Lichtwechsel in etwa genau der Zeitspanne entsprechen, die die Brille zum Aufhellen und Abdunkeln benötigt. Beide Modelle in unserem Test sind mit einer kontrastverstärkenden, spiegelnden Schicht versehen. Zudem sind die Gläser polarisiert, was zum einen den Kontrast noch mehr erhöht und zum anderen Streulicht minimiert. Um es mit einfachen Worten zu sagen: Man nimmt mehr Details auf dem Trail wahr und wird weniger geblendet. Und das merkt man, auch wenn man sich erst einmal daran gewöhnen muss.



Trotz der vielen Anpassungsmöglichkeiten saß die Brille nicht bei jedem Tester perfekt. Vor allem an der Stirn bemängelte der ein oder andere Rider einen kleinen Spalt, der den Fahrtwind zu den Augen durchlässt. Auf der Habenseite steht indes, dass auch Fahrerinnen mit eher schmalem Kopf gut mit der Brille zurechtkamen – trotz der vergleichsweise großen „Fenster“. Unser Tester Patrick nutzte die Brille auch für den ein oder anderen Trailrun. Auch hier saß die Brille zuverlässig und war kaum zu spüren.
Für wen ist die React rev die richtige Sonnenbrille?
Die React rev ist die perfekte Sonnenbrille für alle Rider, die Wert auf eine möglichst schnelle Anpassung der Tönung legen. Auf wurzeligen Trails etwa oder bei reichlich Streulicht, sobald sich die Lichtverhältnisse oft ändern und ein hoher Kontrast benötigt wird, kann die React rev mit ihren polarisierten Gläsern zusätzlich punkten. Wer jedoch gerne epische Rides vom Morgengrauen bis in den Sonnenuntergang unternimmt, kommt mit der React rev nicht ganz auf seine Kosten, dafür hellt sie einfach nicht weit genug auf.
Fazit zur React rev-Sonnenbrille
Die React rev ist mit Sicherheit eine der schnellsten selbsttönenden Sonnenbrillen auf dem Markt. Der Tönungsgrad sitzt quasi immer auf den Punkt, Aufhellen und Abdunkeln sind so gut wie nicht wahrnehmbar. Dank Korrektur-Clip eignet sich sie auch für Brillenträger, die wie alle von der guten Anpassbarkeit profitieren. Wir würden uns allerdings etwas weniger Tönung im hellen Bereich wünschen. Dann würde die Brille auch in der Dämmerung gut taugen.

Tops
- super schnelle Tönungsanpassung
- top verarbeitet
- Korrektur-Clip erhältlich

Flops
- hellt nicht sehr weit auf
- hoher Preis
Für mehr Infos besucht react-swiss.com

Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!
Words: Patrick Gruber Photos: Antonia Feder