Fährt sich so die Zukunft des E-MTBs? Ist das der Pinion-Killer? Mit der neuen Gearbox Unit bringt Owuru ein neues Motor-Getriebe-System auf den Markt, das mit seiner vollautomatischen, stufenlosen Schaltung begeistern will. Wir konnten die Gearbox Unit bereits testen und verraten euch, wie sie sich fährt!

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Owuru Gearbox Unit | 90–150 Nm | 3,9 kg | Hersteller-Website

Zur EUROBIKE 2025 präsentiert Owuru die nächste Evolutionsstufe ihres Motorsystems: eine vollautomatische, stufenlose Gearbox für E-Mountainbikes. Das neue System verspricht nicht nur Komfort, sondern auch ordentlich Power von 90 bis zu 150 Nm Drehmoment, 1.000 W Maximalleistung und einer Schaltbandbreite von 500 %.

Wir kennen das Konzept bereits: Die erste Owuru Gearbox kam 2023 im von unserem Schwestermagazin getesteten Decathlon BTWIN LD 920E Automatic zum Einsatz. Decathlon war der erste Hersteller, der auf das System setzte und hat sich die Brand auch direkt als Tochterfirma einverleibt. Für den sportlichen E-MTB-Einsatz legt Owuru mit einer kräftigeren Einheit nach, die wie bisher das Schaltwerk ersetzt und es direkt in den Motor integriert, aber nun deutlich mehr Leistung und Drehmoment hat. Wir konnten die Owuru Gearbox Unit schon für euch testen, hier kommt unser erster Eindruck.

Die Owuru Gearbox Unit im Detail

Statt klassischer Gänge setzt die neue Owuru Gearbox auf ein stufenloses Getriebe, ein CVT, ein „Continuously Variable Transmission“-System. Anders als bei herkömmlichen Schaltungen gibt es hier keine festen Übersetzungsstufen. Die Übersetzung wird ständig automatisch angepasst. Dadurch hat man nahtlose Übergänge über die gesamte Schaltbandbreite von 500 % und es fühlt sich so an, als hätte man unendlich viele Gänge zur Verfügung.

Jetzt wird es etwas technischer: Das Herzstück des 48-V-Motorsystems ist ein Planetengetriebe, das eure Tretkraft mit der Leistung der Motoren kombiniert. Ja, richtig gelesen! Motoren. Die Owuru Gearbox nutzt gleich zwei bürstenlose Elektromaschinen. Eine steuert das interne Übersetzungsverhältnis, also wie „leicht“ oder „schwer“ sich das Pedalieren anfühlt. Die andere regelt hingegen die Unterstützungsleistung, also wie viel Extra-Power euch der Motor zur Verfügung stellt. Beide Elektromotoren wirken schlussendlich auf dieselbe Kurbelwelle, die mit eurem Kettenblatt verbunden ist und dann die Unterstützung ans Hinterrad weitergibt.

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Die Kraftübertragung im Inneren der Gearbox Unit passiert über zwei spezielle Synchronriemen, die besonders leise arbeiten sollen.

Mit der Trittfrequenz-Steuerung, der „Cadence Setting Control”, lässt sich über die Lenkerremote die Ziel-Trittfrequenz-Steuerung einstellen. Die Gearbox nimmt die von euch angegebene Kadenz sowie die gewählte Unterstützungsstufe und passt dazu automatisch das interne Übersetzungsverhältnis und die Motorleistung an. Und zwar so schnell und präzise, dass man während der Fahrt immer das Gefühl hat, dass das Pedal voll am Fuß klebt.

Ist die Owuru Gearbox Unit das, was wir uns von Pinion fürs E-MTB immer gewünscht haben? – Unterschiede & Gewicht im Vergleich

Mit 3,9 kg Systemgewicht ist die Owuru Gearbox Unit trotz ihrer zwei Elektromotoren rund 200 g leichter als die Pinion MGU E1.12. Verglichen mit einem klassischen Mittelmotor wie dem Bosch Performance Line CX Gen5, der ca. 2,8 kg wiegt, bringt die Gearbox Unit etwa 1,1 kg mehr auf die Waage, allerdings relativiert sich das, wenn man bedenkt, was sie ersetzt.

Denn durch den Wegfall von Kassette (ca. 450 g), Kette (ca. 280 g), Trigger (ca. 100 g) und einem mechanischen Schaltwerk (ca. 280 g) spart man in Summe etwa 1,1 kg wieder ein und liegt damit am Ende gewichtstechnisch auf Augenhöhe mit einem klassischen Mittelmotor inklusive Schaltung. Setzt man auf eine elektronische Schaltung wie die SRAM GX Eagle AXS Transmission (Schaltwerk, Controller, Akku), wiegt die mit insgesamt knapp 1,3 kg etwas mehr. Die Owuru Gearbox Unit wäre in dem Fall also etwa 200 g leichter.

Vorteil des integrierten Getriebes: Da Kette, Kassette und Schaltwerk entfallen, reduziert sich die ungefederte und rotierende Masse am Hinterrad, also weniger Gewicht, das bei jedem Schlag bewegt werden muss. Gleichzeitig liegt das Gewicht des Antriebs tiefer und zentraler am Tretlager, was für ein stabileres Handling und für mehr Kontrolle auf dem Trail sorgt.

Im Vergleich zur Pinion MGU, dem aktuellen Platzhirsch unter den integrierten Motor-Getriebe-Systemen, geht Owuru einen anderen Weg: Während Pinion auf ein sequenzielles 12-Gang-Getriebe mit festen Übersetzungsstufen setzt, arbeitet Owuru mit einem stufenlosen CVT-System, also ohne Gangsprünge. Die Gearbox variiert permanent das Übersetzungsverhältnis. Das Fahrgefühl ist dadurch deutlich sanfter und intuitiver. Kurz: Vom ersten Fahreindruck waren wir echt geflasht – es war ein wirklich neues Fahrgefühl. Tendenz? Next Level!

Owuru Gearbox Unit Pinion MGU E1.12
Schaltungstyp CVT, stufenlos & automatisch Sequenziell
Bandbreite 500% 600%
Drehmoment 90–150 Nm 85 Nm
Peak power 1.000 W 600 W
Gewicht ca. 3,9 kg ca- 4,1 kg

Owuru – Der Leopard aus Belgien

Der Name „Owuru“ stammt aus dem Igbo, einer westafrikanischen Sprache, die in Nigeria gesprochen wird und Leopard bedeutet und ein Symbol für Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit darstellt. Zwei Eigenschaften, die das belgische Unternehmen mit seiner Gearbox Unit verkörpern will. Gegründet wurde Owuru im Jahr 2020 und ist heute eine Tochtergesellschaft von Decathlon, mit Sitz in Belgien und Produktion in der Decathlon-eigenen Fabrik in Lille, Frankreich. Obwohl das Motorsystem bis jetzt nur im BTWIN LD 920E Automatic verbaut ist, soll die neue Gearbox auch für andere OEMs verfügbar sein. Der voraussichtliche Markteintritt ist 2028.

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Owuru liefert aktuell ausschließlich die Antriebseinheit. Display, Remote, Akku und alle weiteren Teile sollen zusammen mit dem Bike-Hersteller selbst entwickelt werden. So will man sich voll auf die Motorentwicklung konzentrieren, ohne an ein eigenes Ökosystem gebunden zu sein. Das erlaubt maximale Flexibilität, bedeutet aber auch, dass es kein komplettes Ökosystem wie beispielsweise bei Bosch, TQ, FAZUA etc. gibt.

Gerade für E-MTBs ist das ein Kraftakt. Die Ansprüche an Bedienlogik, Ergonomie und Display-Design sind hoch, vor allem im Vergleich zu durchdachten Komplettsystemen.

Damit das bei Owuru funktioniert, braucht es eine starke Partnerschaft mit einem OEM, der nicht nur Rahmen baut, sondern auch in der Lage ist, ein schlüssiges Gesamtsystem zu entwickeln, das konkurrenzfähig ist. Ohne so eine Partnerschaft bleibt der Antrieb zwar technisch beeindruckend, aber kaum marktfähig.

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Wie schlägt sich die Owuru Gearbox Unit im ersten Test?

Wir hatten die Möglichkeit, mit dem Owuru Gearbox Unit eine kurze Testfahrt zu machen. Unser erster Test fand auf einem Prototypen statt, bei dem CERO-Design – das Entwicklungsstudio von Cesar Rojo, das auch hinter UNNO Bikes steht – den Rahmen beigesteuert hat. Der Rahmen ist in Zukunft aber nicht für den Verkauf bestimmt.

Der größte WOW-Moment kommt gleich zu Beginn: keine Trigger, keine Gänge. Wer vom analogen Bike kommt, ertappt sich anfangs dabei, unbewusst nach einem Schalthebel zu greifen. Ähnlich wie beim Umstieg vom Schalt- auf ein Automatikauto, bei dem man anfangs immer noch das Kupplungspedal sucht. Doch sobald man verstanden hat, wie die Cadence Setting Control funktioniert, läuft alles supereinfach. Entspannt die Trittfrequenz einstellen und den Rest regelt das System. Und das macht es erstaunlich gut. Die Gearbox passt Übersetzung und Unterstützung so nahtlos und schnell an, dass man ständig Volllast aufs Pedal geben kann. Das macht das Fahrgefühl sehr smooth und flüssig. Auch die Lautstärke fällt sehr gering aus. Zwar ist die Gearbox Unit hörbar, aber nicht lauter als z. B. das Motorgeräusch von einem Bosch Performance Line CX Gen5.

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Zwei Punkte bleiben: Der aktuell noch spürbare Leerweg beim Anfahren, der typisch für Gearboxen ist, aber Owuru arbeitet bereits daran. Und der Overrun, also das kurze Nachschieben des Motors nach dem Pedalieren, ist bis jetzt noch kaum vorhanden. Das lässt sich aber softwareseitig schnell konfigurieren und kann von OEMs auf Wunsch angepasst werden.

Unterm Strich waren wir vom ersten Fahreindruck sehr positiv überrascht. Die Integration, das smoothe Fahrgefühl und die Ruhe im Antrieb haben wir so noch nicht erlebt. Doch so beeindruckend die Technik auch ist, ohne ein starkes Ökosystem bringt der innovativste Motor nichts. Ob Owuru diesen nächsten Schritt gemeinsam mit einem starken OEM meistern kann, wird entscheidend sein für den Erfolg auf dem Trail und im Markt.

Fazit zur Owuru Gearbox

Die Owuru Gearbox Unit überzeugt mit beeindruckend sanftem Fahrgefühl, stufenloser Automatikschaltung sowie einem kraftvollen Antrieb und gefällt uns im ersten Test besser in Sachen Fahrgefühl als die Pinion MGU E1.12. Doch sie bleibt vorerst eine Gearbox ohne Ökosystem. Kein Display, keine Remote, keine App und vor allem: kein Serienstart vor 2028. Schade, denn das Potenzial ist riesig. Für eine Technologie, die sich so fortschrittlich anfühlt, ist das leider eine verdammt lange Wartezeit. Bleibt zu hoffen, dass OEMs sich trauen, das Potenzial zu nutzen, denn fahrtechnisch hat uns die Gearbox Unit jetzt schon positiv überrascht.


Words: Benedikt Schmidt Photos: Benedikt Schmidt, Robin Schmitt