Mit dem Orbea Wild FS bringt die spanische Mountainbikeschmiede ihr erstes vollgefedertes E-Mountainbike auf den Markt. Lebenslange Garantie auf den Rahmen, individuelle Ausstattungswünsche durch den Online-Konfigurator und ein attraktiver Preis lassen das Herz ein paar Takte schneller schlagen. Aber kann sich das Wild FS auch in der Praxis beweisen?

Das Orbea Wild FS gibt es in vier Ausstattungsvarianten ab 3.999 € und wahlweise mit 29”- oder 27.5+ Laufrädern. Wir haben das Topmodell Wild FS 10 29S mit 29”-Laufrädern und edlem Kashima-Fahrwerk für 6.499 € über die Trails gejagt.

Das Orbea Wild FS E-Mountainbike in der Seitenansicht
Orbea Wild FS 10 29S | 140/140 mm (v/h) | 22,47 kg | 6.499 €

„Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ – auf den ersten Blick wirkt das Orbea Wild FS zusammengedrückt. So ist es für ein 140-mm-Trailbike besonders kurz und im Verhältnis relativ hoch. Auch das wuchtige Unterrohr steht im starken Kontrast zu dem sehr schmal geschnittenen Oberrohr. Während der Aluminiumrahmen auf einer Seite noch extrem clean und aufgeräumt wirkt, offenbart sich beim Perspektivwechsel das genaue Gegenteil. Alle Kabel werden zwar intern verlegt, quetschen sich aber oberhalb der großen Batterieklappe durch eine einzige Öffnung in den Hauptrahmen.

Orbea setzt bewusst auf den externen Akku von Shimano und integriert ihn tief im Unterrohr. Durch diesen Kniff konnten die Ingenieure den Schwerpunkt und das Gesamtgewicht des Wild FS senken. Der Akku ist über eine große magnetische Klappe erreichbar und kann einfach im Rad geladen werden. Eingeschaltet wird das Orbea jedoch von außen über eine Öffnung im Unterrohr. Das ist zwar schnell und praktisch, wirkt aber mit dem verwendeten Weichplastik etwas billig und unschön.

  Wilder Ritt mit dem spanischen Stier – auf Flowtrails ist das Orbea handzahm und gutmütig. Wird das Gelände härter, kann es einen jedoch abwerfen.

Den Entwicklern von Orbea scheint die Zuverlässigkeit ihrer Bikes wichtig zu sein. Deshalb findet sich an der Unterseite ein massiver Unterbodenschutz in Jeep-Optik, der den Motor vor Steinen oder Bodenkontakt schützt. Und auch den neuen Shimano-Geschwindigkeitssensor an der Bremsscheibe verliert man nicht so leicht wie den klassischen Speichenmagnet. Bei einem Blick auf den Hinterbau wird deutlich, dass es das Wild FS auch in einer Version mit Plus-Reifen gibt. Orbea hat hier für massig Reifenfreiheit gesorgt, sodass es auch mit breiten 2,8”-Pneus keine Probleme geben sollte.

Das Orbea wild FS 10 29S im Detail

Federgabel FOX 34 FLOAT Factory 140 mm
Dämpfer Fox FLOAT Factory DPS EVOL 140 mm
Motor/Akku Shimano STEPS E8000
Bremsen SRAM Guide RE
Schaltung SRAM EX1
Sattelstütze Race Face Aeffect 125 mm
Vorbau Race Face Ride 35 50 mm
Lenker Race Face Ride 35 760 mm
Reifen Kenda Nevegal2 Pro EMC 29” x 2,4”
Laufräder DT Swiss H 1700 SPLINE 30
Gewicht 22,47 kg
Preis 6.499 €

Die Ausstattung des Orbea Wild FS 10 weiß zu gefallen. Das edle FOX Factory Kashima-Fahrwerk mit der 34er-Gabel und dem FLOAT DPS-Dämpfer lässt keine Wünsche offen. Der verbaute DT Swiss H 1700 SPLINE-Laufradsatz ist sehr hochwertig und gilt als absolut zuverlässig. Sein 30 mm breites Felgenbett und die Kenda Nevegal2 Pro-Reifen erzeugen massig Traktion, die in Kombination mit der vierkolbigen SRAM Guide RE viel Sicherheit bietet. Orbea hat den Shimano STEPS E8000-Motor mit der EX1-Schaltgruppe von SRAM kombiniert. Die SRAM EX1 ist zwar besonders haltbar und speziell auf die Belastungen beim E-Biken ausgelegt, einige Fahrer werden die großen Gangsprünge jedoch stören. Beim Cockpit und der Sattelstütze vertraut Orbea auf Komponenten von Race Face. Leider ist die Fernbedienung der Sattelstütze auf dem Kopf montiert, sodass sie sich nur mit unnötigen Fingerverrenkungen bedienen lässt. Ihr angestammter Platz unten links ist schon von den Wahlhebeln des Shimano-Motors belegt.

Gut geschützt
Der externe Akku verschwindet hinter der magnetischen Klappe und ist so bestens vor Dreck und Wasser geschützt
Gut kombiniert
Die Kenda Nevegal2 Pro-Reifen sitzen auf 29”-Felgen und entwickeln dadurch enormen Grip und und ein klasse Überrollverhalten
Auf dem Kopf
Die Lenkerfernbedienung ist unten links top – oben rechts kann sie uns gar nicht überzeugen
Looks like a Wrangler
Der massive Unterfahrschutz macht alles platt und sieht aus wie bei einem fetten Jeep, wiegt aber auch mindestens genauso viel

Das Orbea Wild FS auf dem Trail

Einmal auf dem Orbea Wild FS Platz genommen, offenbart sich sein Geheimnis. Die hohe Front sorgt in Kombination mit dem kurzen Oberrohr für eine sehr entspannte Sitzposition. Zusammen mit dem starken Shimano-Motor lassen sich dadurch auch längere Uphills spielerisch bewältigen. Lediglich bei sehr steilen Rampen muss aktiv gearbeitet werden, damit das Vorderrad nicht vom Boden abhebt. Über die Traktion am Hinterrad braucht man sich dabei aber keine Gedanken zu machen. Die 29”-Kenda-Reifen und das Fahrwerk generieren massig Grip, sodass man mit dem Motor im Trail-Modus jeden Berg erklimmen kann.

Uphills gelingen mit dem Wild FS spielerisch
Helm Giro Chronicle MIPS | Jersey ION Tee LS Traze AMP | Shorts ION Traze AMP | Schuhe ION Rascal | Rucksack EVOC FR ENDURO BLACKLINE

Sobald der Trail gen Tal zeigt, verwandelt sich das Orbea vom entspannten Tourer zum spaßigen Trailbike. Durch den niedrigen Schwerpunkt und den kurzen Radstand reagiert das Orbea Wild FS sehr direkt auf Lenkimpulse und überzeugt mit Agilität. Das prädestiniert das Wild FS für flowige und kurvige Trails. Aber auch vor Wurzeln und Steinen muss es sich nicht verstecken: Das großartige Überrollverhalten der großen 29”-Laufräder und das schluckfreudige FOX Factory-Fahrwerk bügeln so einige Wurzelteppiche glatt. Lediglich bei besonders harten und sehr schnell aufeinanderfolgenden Schlägen gerät der Hinterbau des Orbea an seine Grenzen. Wird der Trail steiler, vermittelt die hohe Front sehr viel Sicherheit – Überschlagsgefühle? Fehlanzeige! Durch den sehr kurzen Reach lehnt man sich immer wieder in eine passive Position zurück und steht über dem Hinterreifen. In dieser Haltung haben Füße und Waden immer wieder unangenehmen Kontakt mit den wuchtigen Sitz- und Kettenstreben. Bei höherer Geschwindigkeit wird das Rad zunehmend nervöser, wodurch man sich immer mehr als Passagier fühlt. Schnelle, ruppige Strecken und alpines Gelände zählen deshalb nicht zu den Stärken des Orbea Wild FS.

Aktion…Das Orbea Wild FS 10 29S auf staubigen Trails

Fazit

Mit dem Orbea Wild FS sind lange, ausgiebige Touren ein wahrer Genuss und auch auf dem Trail überrascht es mit seinem spritzigen Handling. Das sorgt vor allem auf flowigen Strecken für ein breites Grinsen. Im anspruchsvollen Gelände mangelt es dem kompakten Bike jedoch an Reserven und es stößt schnell an seine Grenzen.

Uphill Downhill Laufruhe Agilität Preis-Leistung 

Stärken

– sehr angenehme Sitzposition
– effizienter Kletterer
– direktes und agiles Handling

Schwächen

– sehr breite Sitz- und Kettenstreben stören
– Position der Dropper Remote
– bei Highspeed nervös


Mehr Informationen findet ihr auf orbea.com


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Words: Photos: Valentin Rühl