Orbea entsendet das leichte Rise M-Team ins Rennen um den Titel „bestes E-Mountainbike 2022“. Mit einem kleinen 360-Wh-Akku und dem gedrosselten Shimano EP8-Motor setzt das Rise auf Trailhandling und Fahrspaß. Aber reicht das schon, um im Allrounder-Test erfolgreich zu sein?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 – 13 Modelle im Test

Orbea Rise M-Team | Shimano EP8-RS/360 + 252 Wh | 150/140 mm (v/h)
20,52 kg in Größe L | 10.155 € | Hersteller-Website

Orbea hat sich gefragt: Wie viel Motorpower braucht es, um Spaß auf dem Trail zu haben? Als Antwort kommt das Rise mit der gleichen Motor-Hardware daher wie sieben andere E-MTBs im Testfeld – aber nur bei ihm wird das maximale Drehmoment des Shimano EP8 per Software auf 60 Nm gedrosselt. Prinzipiell lässt sich zwar jeder EP8-Motor per App drosseln, doch nur beim Orbea kann man die Drosselung nicht aufheben. Der im schlanken Unterrohr fest verbaute Akku liegt mit 360 Wh deutlich unter den 630 Wh des Standard-Shimano-Systems. Trotzdem erreicht das Rise durch die Motorrestriktion vergleichbare Reichweiten und überflügelt dabei klar das ROTWILD, das mit ähnlichem Akku, aber voller Motorpower daherkommt. Für Tagestrips lässt sich der Akku um einen modularen Range-Extender mit 252 Wh im Trinkflaschenformat erweitern. Ohne Extender wiegt das Orbea in Größe L nur 18,92 kg, mit Extender gerade 1,6 kg mehr. In unserer gewählten Ausstattung kostet es 10.155 € inkl. Range-Extender. Dazu gehört ein LED-Dongle, der das Shimano-Display ersetzt und sich wie eine Liane um den Zug der Sattelstütze schlängelt. Das sorgt für einen aufgeräumten Lenker, aber auch für Kabelwirrwarr vor dem Cockpit.

Dank MyO-Konfigurator (fast) zur Wunschausstattung: Die Ausstattung des Orbea Rise M-Team im Detail

Der MyO-Konfigurator ermöglicht unzählige Farbkombis für den Rahmenlack und Spielraum bei der Ausstattung. Unser Rise besitzt z. B. ein klasse FOX-Fahrwerk mit FOX 36 Factory-Gabel, GRIP2-Kartusche und 150 mm Federweg vorne. Ein FLOAT X-Dämpfer ist für 140 mm Federweg am Heck des Carbon-Bikes verantwortlich. Ein Highlight sind die MAXXIS-Reifen in der stabilen Downhill-Karkasse. „Downhill“ bedeutet nämlich nicht, dass die 29”-Reifen auf diesen Einsatzzweck beschränkt sind – das Mehrgewicht und der erhöhte Rollwiderstand der Reifen tun dem leichten Orbea keinen Abbruch. Sie ermöglichen sogar niedrige Luftdrücke und damit einhergehend maximale Traktion: bergab und bergauf! Dadurch hat das Orbea die besten Reifen im ganzen Testfeld! Für 19 € Aufpreis erhält die Shimano XTR-Bremse eine große 200-mm-Bremsscheibe vorne, hinten ist man auf eine viel zu kleine 180-mm-Scheibe beschränkt.

Im Konfigurator lässt sich das Rise noch viele Gramm leichter zusammenstellen. Wir empfehlen euch das Rise aber genau so, wie wir es getestet haben.

Energy-Drink für E-Mountainbikes
Der Range-Extender im Trinkflaschenhalter erweitert die 360-Wh-Kapazität des fest verbauten Hauptakkus um weitere 252 Wh auf 612 Wh. Dadurch geht dem Orbea Rise selbst auf Tagestouren nur spät der Saft aus.
Chip-Tuning mal andersrum
Wer die RS-Plakette abrubbelt, wird darunter den bekannten Shimano EP8 entdecken. Orbea nutzt die Standard-Shimano-Hardware und drosselt das Drehmoment des Motors per Software auf 60 Nm.
My oh my
Als wir festgestellt haben, dass Orbea eine Ausstattungsoption mit MAXXIS-Reifen in der robusten Downhill-Karkasse geplant hat, wollten wir dem MyO-Konfigurator vor Freude am liebsten ein Ständchen singen. Die robusten Reifen erlauben niedrige Luftdrücke und erzeugen dadurch enorm viel Grip.
Goldener Fahrstuhl
Der Hub der FOX Transfer Factory-Sattelstütze lässt sich im MyO-Konfigurator frei wählen. Die Variante mit 175 mm Hub kann man komplett im Rahmen versenken.

Orbea Rise M-Team

10.155 €

Ausstattung

Motor Shimano EP8-RS 60 Nm
Akku Orbea RS Custom 360 + 252 Wh
Display Shimano EN100 Junction
Federgabel FOX 36 Factory GRIP2 150 mm
Dämpfer FOX FLOAT X Factory 140 mm
Sattelstütze FOX Transfer 175 mm
Bremsen Shimano XTR M9120 200/180 mm
Schaltung Shimano XTR 1x12
Vorbau Race Face Turbine 35 mm
Lenker Race Face Next R 780 mm
Laufradsatz Race Face Turbine R 29"
Reifen MAXXIS ASSEGAI / Minion DHR II DH Casing 2,5"/2,4"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 20,52 kg
Zul. Gesamtgewicht 138 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 117 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

modulares Akkukonzept mit Range-Extender


Kräfteungleichgewicht
Auf langen Abfahrten kann die starke Shimano XTR-Vierkolbenbremse nicht ihre volle Bremskraft aufrechterhalten. Grund dafür ist die unterdimensionierte 180-mm-Bremsscheibe am Heck.
Display oder Dongle?
Das Rise wird mit unterschiedlichen Display-Konfigurationen angeboten. Zur Wahl stehen das Shimano SC-EM800-Farbdisplay oder der minimalistische EW-EN100-Dongle – beide Varianten können das Kabelwirrwarr nicht vermeiden, der Dongle ist aber das kleinere Übel, weil durch ihn wenigstens der Lenker aufgeräumt wirkt.
50 Shades of Kashima-Gold
Die FOX Factory 36-Federgabel sorgt am Rise für ein straffes Fahrwerk an der Front. Durch die GRIP2-Kartusche lässt sich die Federgabel dennoch sehr fein einstellen und liefert so deutlich mehr Fahrperformance als die gleiche Federgabel mit FIT4-Kartusche am ROTWILD R.E375.
Gib Gummi!
Orbea stattet das Rise mit einem großzügigen Sitz- und Kettenstrebenschutz aus. So wird der Rahmen nicht durch Kettenschläge beschädigt, sobald man mit Tempo im rauen Gelände unterwegs ist.

Die Geometrie des Orbea Rise M-Team im Detail

Das Rise ist in S–XL erhältlich. Das 457 mm lange Sattelrohr in L ist zwar hoch, dennoch lässt sich eine 175-mm-Sattelstütze komplett darin versenken. Der 76,5° steile Sitzwinkel flacht auch mit ausgezogenem Sattel kaum ab. In Kombi mit der hohen Front führt das zu einer super komfortablen aufrechten Sitzposition, die selbst für lange Touren klasse ist. In der Ebene und auf leichten Anstiegen hält man trotz gedrosseltem Motor mühelos mit anderen Bikes mit Standard-EP8-Motor mit und hängt das schwächere Kenevo SL schnell ab. Das Komfortlevel eines FOCUS JAM² erreicht das Orbea durch das straffe Fahrwerk nicht.

Größe S M L XL
Oberrohr 565 mm 592 mm 619 mm 649 mm
Sattelrohr 381 mm 419 mm 457 mm 508 mm
Steuerrohr 95 mm 105 mm 120 mm 140 mm
Lenkwinkel 66,0/65,5° 66,0/65,5° 66,0/65,5° 66,0/65,5°
Sitzwinkel 77,0/76,5° 77,0/76,5° 77,0/76,5° 77,0/76,5°
Kettenstrebe 445 mm 445 mm 445 mm 445 mm
Tretlagerabsenkung 35/32 mm mm 35/32 mm mm 35/32 mm mm 35/32 mm mm
Radstand 1.180 mm 1.205 mm 1.229 mm 1.255 mm
Reach 425 mm 450 mm 474 mm 500 mm
Stack 604 mm 613 mm 627 mm 646 mm
Helm POC Kortal | Brille POC Devour | Hippack High Above The Lookout | Shirt POC Essentials DH LS
Shorts POC M’S Infinite All-Mountain Shorts | Knieschoner POC Joint VPD System Knee
Schuhe Crankbrothers Mallet E BOA | Socken POC Essential Mid Length Sock

Motorpower ≠ Trailperformance: Das Orbea Rise M-Team im Uphill

Bergauf tritt das intuitive Handling des Rise zum Vorschein. Auf flowigen Strecken lässt es sich von wirklich jedem einfach handhaben. Die Motordrosselung fällt nur beim Beschleunigen aus engen Kehren auf, wenn die Bike-Buddys mit Standard-Shimano-Motoren schneller vom Fleck kommen. Ansonsten sorgt sie für ein leicht beherrschbares Ansprechverhalten. Durch das effiziente Fahrwerk und den starken Grip der Reifen lassen sich kurze Steilstücke mit entsprechendem Fahrerinput auch mit weit ausgefahrener Sattelstütze und sogar im Wiegetritt bewältigen. Auf technischen Uphill-Passagen mag man die starke Beschleunigung eines Rocky Mountain vor Stufen vermissen. Aber das Orbea zeigt, dass man anspruchsvolle Schlüsselstellen auch mit maximaler Traktion am Hinterrad und viel Kontrolle an der Front sauber meistern kann.

Dem Rise sind Namenskonventionen egal: Es nutzt den Downhill-Reifen für den Uphill und profitiert davon enorm.

Links oder rechts am Hindernis vorbei – oder einfach darüber abziehen?
Das spontane Orbea Rise erlaubt schnelle Linienwechsel und lädt zum Spielen mit dem Untergrund ein.

Das Orbea Rise M-Team im Downhill – Handling is King

Bergab integriert das Rise den Fahrer zentral im Bike. Auf Trails protzt es mit Agilität für spontane Linienwechsel. Anfänger können sich auf den hohen Grip der Reifen verlassen, Fortgeschrittene nutzen das straffe Fahrwerk zum Abziehen an Kanten und schlagen dank hoher Reserven selbst in flachen Landungen nicht harsch ein. Mehr Spaß auf Flowtrails hatten wir auf keinem Bike im E-MTB-Vergleichstest! In technisch anspruchsvollem Gelände ist es egal, ob man das Rise bei hohem Tempo aktiv in Kurven drückt und durch Steinfelder manövriert oder passiv und gemächlich über Hindernisse rollt – das leichte E-MTB bleibt stets einfach zu kontrollieren. Lässt man das Orbea auf schnellen Bikeparkstrecken laufen, erreicht es zwar nicht die Laufruhe eines Norco Sight. Dennoch steckt es Schläge gut weg und bietet viel Präzision, um durch eine saubere Linienwahl richtig schnell und mit maximalem Fahrspaß unterwegs zu sein.

Tuning-Tipps: größere Bremsscheiben | im MyO genau diese Ausstattung wählen, inkl. DH-Reifen und Alu-Laufradsatz

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
Das Orbea Rise besitzt ein effizientes Fahrwerk, das selbst im Wiegetritt keine Körner verschenkt. Trotz reduzierter Maximalleistung fühlt es sich nicht schwach an. Mit einem Range-Extender kann man auch Tagestouren gut bestreiten.

Fahreigenschaften

7

Agilität

  1. träge
  2. verspielt

Laufruhe

  1. nervös
  2. laufruhig

Handling

  1. fordernd
  2. ausgewogen

Fahrspaß

  1. langweilig
  2. lebendig

Motor-Feeling

  1. digital
  2. natürlich

Motor-Power

  1. schwach
  2. stark

Preis-Leistung

  1. schlecht
  2. top

Einsatzbereich

Forstweg

1

Flowtrail bergauf

2

Flowtrail bergab

3

Technischer Singletrail bergauf

4

Technischer Singletrail bergab

5

Downhill-Strecken

6

Fazit

Das Orbea Rise M-Team ist ein Meister aller Klassen: Durch die starke Fahrperformance und das intuitive Handling eignet es sich sowohl für Einsteiger als auch für erfahrene Trail-Akrobaten. Dank dem modularen Akkukonzept sind selbst lange Touren möglich. Über den MyO-Konfigurator erhält man es in einer fast perfekten Ausstattung, und das zu einem fairen Preis. Damit sichert sich das Orbea Rise verdient den Kauftipp in unserem Vergleichstest!

Tops

  • perfekter Allrounder für alle Trails
  • enorm breiter Einsatzbereich
  • (fast) perfekte Ausstattung
  • modulares Akkukonzept

Flops

  • hintere Bremsscheibe ist zu klein
  • Kabelwirrwarr am Cockpit

Mehr Informationen findet ihr unter orbea.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 – 13 Modelle im Test

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Words: Rudolf Fischer Photos: Robin Schmitt, Julian Lemme

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …