Das brandneue Marin Alpine Trail E ist der erste Vorstoß der kalifornischen Marke in die Welt der E-MTBs. Bei dem Bike steht laut eigener Aussage Fahrspaß im Vordergrund. Kann das Alpine Trail E herausragende Fahreigenschaften bieten und ein fettes Grinsen auf euer Gesicht zaubern? Ob Marin abliefert, erfahrt ihr in unserem Test.
Bei der kalifornischen Marke Marin geht es vor allem um eine gute Zeit. All ihre Bikes werden genau nach dem Slogan der Firma designt: „Made for Fun“. Mit dem 2021er Alpine Trail E zielt Marin darauf ab, die E-MTB-Bühne mit einem Knall zu betreten! Wir haben einen Tag damit verbracht, das brandneue Alpine Trail E2 auf unseren steilen und ruppigen Hometrails in Schottlands Tweed Valley zu testen, um herauszufinden, was das neue E-MTB des kalifornischen Herstellers kann!

Das Marin Alpine Trail E im Detail
Das Marin Alpine Trail E ist die elektrifizierte Version von Marins beliebter Alpine Trail Allrounder-Enduro-Plattform. Das heißt konkret, dass das Alpine Trail E an der Front über 160 mm Federweg verfügt und am Heck über 150 mm, genau wie sein analoger Stallgefährte. Bei der Laufradgröße beginnen jedoch bereits die Unterschiede – statt eines regulären 29”-Setups findet man am Alpine Trail E gemischte Laufradgrößen mit 29” an der Front und 27,5” am Heck. Das aus Aluminium gefertigte Marin Alpine Trail E ist in vier Größen (S–XL) und zwei Ausstattungen erhältlich: als E1-Aufbau für 4.899 € und als E2-Modell für 6.199 € (von uns getestet). Beide Modelle vertrauen auf Shimano-Motoren. Beim Einstiegsmodell E1 kommt der Shimano STEPS E7000-Motor mit einem 504-Wh-Akku zum Einsatz und am Flaggschiff-Modell E2 ist Shimanos neuester EP8-Motor mit einem 630-Wh-Akku verbaut. Die Vorteile des E2-Modells liegen auf der Hand: leichterer, kleinerer und leistungsstärkerer Motor sowie die größere Akkukapazität. Wir hatten bei unserem Test leider keine Waage dabei – sometimes shit happens.





Marins „Made for Fun“-Konzept
Marin ist stolz auf sein „Made for Fun“-Konzept – ein Prinzip, das sich konsequent durch den Einsatzzweck, die Ausstattung und Geometrie eines jeden ihrer Bikes zieht. Das Ganze soll es Marin erlauben, so viel Fahrspaß wie möglich aus jedem Modell zu holen. Wenngleich Marin angibt, dass die Alpine Trail E-Modelle sowohl bergauf als auch bergab Spaß machen, so liegt der Schwerpunkt hier definitiv auf den Abfahrten. Das wird durchaus offensichtlich, wenn man die Stahlfederdämpfer und die 203-mm-Bremsscheiben betrachtet, die an jedem Modell verbaut sind. Das tiefe Sitzrohr des Marin, sein geräumiges Front-Center und die kurzen Kettenstreben schreien einem geradezu entgegen, es ordentlich krachen zu lassen. Ein kurzer Blick in die Geometrietabelle bestätigt diesen Eindruck, doch dazu später mehr!





Die Ausstattung des neuen Alpine Trail E
Die Ausstattung der Alpine Trail E-Modelle ist auf Abfahrtsspaß getrimmt – beide Modelle besitzen einen Stahlfederdämpfer und 203-mm-Bremsscheiben an Front und Heck! Das von uns getestete E2-Modell verfügt über ein FOX Performance Elite-Fahrwerk, welches die Spitzen-Performance der Kashima-Flaggschiff-Modelle zu einem günstigeren Preis zur Verfügung stellt. Die neue FOX 38-Federgabel ist bereits eine erprobte und gute Wahl und der 2021er DHX2-Stahlfederdämpfer bietet eine breite Einstellbarkeit sowie einen Climb-Switch. Shimano kümmert sich ums Bremsen und Schalten, denn SLX Vierkolben-Stopper und eine XT/SLX 12-fach-Schaltgruppe sind mit an Bord. Das kurze und breite Cockpit kommt aus dem Hause DEITY und der hauseigene Alu-Laufradsatz von Marin ist bestückt mit MAXXIS EXO+ Pneus, genauer gesagt einem 29 x 2,5” ASSEGAI an der Front und einem 27,5 x 2,8” Minion DHRII am Heck. Gemessen am Potenzial und Einsatzzweck des Bikes hätten wir uns jedoch über einen pannensichereren Reifen mit Doubledown-Karkasse am Hinterrad gefreut.







Obwohl die Ausstattung insgesamt wirklich spitze ist, fällt die Teleskopsattelstütze am Large-Modell mit 150 mm Verstellweg einfach zu kurz aus! Bei solch einem niedrigen, geraden Sitzrohr wäre eine 170-mm- oder gar 200-mm-Vario-Stütze weitaus angemessener!




Die Ausstattung des Marin Alpine Trail E auf einen Blick

Marin Alpine Trail E
6.199 €
Ausstattung
Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku Shimano 630 Wh
Federgabel FOX 38 Performance Elite 160 mm
Dämpfer FOX DHX2 Performance Elite 150 mm
Sattelstütze X-Fusion Manic 125/150/170 mm
Bremsen Shimano SLX 203/203 mm
Schaltung Shimano SLX/XT 1x12
Vorbau Deity Copperhead 35 mm
Lenker Deity Ridgeline 800 mm
Laufradsatz Marin Aluminium Double Wall 29/27.5
Reifen MAXXIS Assegai/Minion DHRII EXO+ 2,5/2,8
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht n/a
Zul. Gesamtgewicht n/a
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 136 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme nein

Das Marin Alpine Trail E1 ist das günstigere der beiden Modelle und ausgestattet mit einem Einstiegs-Fahrwerk von RockShox, Shimano-Bremsen und einer 10-fach DEORE-Schaltgruppe von Shimano. Schön zu sehen, dass auch am günstigeren Modell große Bremsscheiben verbaut sind, da viele Hersteller an dieser Stelle oft Kompromisse eingehen, um zu sparen. Obwohl der Shimano STEPS E7000-Motor größer, schwerer und ein wenig leistungsschwächer ausfällt und sich auch nicht so leicht kontrollieren lässt, wie der neuere EP8 am E2-Modell, profitiert man von einem natürlichen Fahrgefühl. Die Ausstattung des Alpine Trail E1 ist insgesamt durchaus wohl durchdacht, dennoch bietet der E2-Aufbau in unseren Augen deutlich mehr Leistung fürs Geld.
Marin Alpine Trail E1
4.899 €
Ausstattung
Motor Shimano STEPS E7000 60 Nm
Akku Shimano 504 Wh
Federgabel RockShox 35 Gold RL 160 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Coil R 150 mm
Sattelstütze TranzX 125/150/170 mm
Bremsen Shimano MT420/MT4100 203/203 mm
Schaltung Shimano SLX/XT 1x12
Vorbau Marin 3D 35 mm
Lenker Marin Mini Riser 800 mm
Laufradsatz Marin Aluminium Double Wall 29/27.5
Reifen MAXXIS Assegai/Minion DHRII EXO+ 2.5/2.8
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht n/a
Zul. Gesamtgewicht n/a
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 136 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme nein
„Seht euch dieses Sitzrohr an!“ – Die Geometrie des Marin
Falls ihr euch an dieser Stelle noch immer fragt, wofür das Marin eigentlich gemacht ist, dann sollte ein Blick auf die Geometrietabelle den bevorzugten Einsatzzweck des Bikes deutlich verraten. Ein super flacher 63°-Lenkwinkel dürfte euch eimerweise Selbstvertrauen im steilen Gelände verleihen, vor allem in Kombination mit dem langen Reach – ganze 485 mm bei Größe Large. Der Sitzwinkel fällt steil aus und beträgt bei allen vier Größen (S–XL) 78°. Die Kettenstreben sind mit 435 mm kurz, was laut Marin ein agiles und verspieltes Handling zur Folge hat. Kommen wir nun zum Sitzrohr … . Marin hat sich hierbei für ein irre kurzes, gerades Sitzrohr entschieden, um maximale Überstandshöhe und eine gute Einstecktiefe für Teleskopstützen zu bieten. Mit einer Länge von 425 mm bei Größe Large besitzt das Marin eines der kürzesten Sitzrohre, das uns je begegnet ist. Doch was bedeutet solch ein kurzes Sitzrohr? Unmengen an Bewegungsfreiheit und Sicherheit auf dem Trail! Außerdem bietet es die Möglichkeit, den Rahmen beim Kauf eine Nummer größer zu wählen, falls man gerne mit viel Reach unterwegs ist. Doch was bringt es, dass Marin sich für die flache Geometrie so ins Zeug gelegt hat, nur um das gute Konzept dann zunichte zu machen, indem sie kurze Teleskopsattelstützen verbauen?



Die Geometrie auf einen Blick
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 390 mm | 400 mm | 425 mm | 430 mm |
Oberrohr | 575 mm | 597 mm | 619 mm | 641 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 63° | 63° | 63° | 63° |
Sitzwinkel | 78° | 78° | 78° | 78° |
Kettenstrebe | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Tretlagerhöhe | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm |
Radstand | 1215 mm | 1239 mm | 1264 mm | 1288 mm |
Reach | 445 mm | 465 mm | 485 mm | 505 mm |
Stack | 613 mm | 622 mm | 631 mm | 640 mm |

„Made for fun“? Unterwegs mit dem Marin Alpine Trail E
Schon beim ersten Blick auf das tiefe und flache Alpine Trail E brannte es uns gehörig unter den Nägeln. Wir waren richtig heiß darauf, das Bike über die lokalen Lieblings-Trails unserer schottischen Redakteure zu jagen. Und genau das haben wir dann auch getan! Wir waren mit dem Marin auf ihren Hometrails in Innerleithen, Schottland, unterwegs. Aus der umfangreichen Zahl an verfügbaren Trails wählten wir einige unser Test-Klassiker, inklusive schneller, wurzeliger Downhill-Trails, handgebauter Natur-Trails und flowiger Trail-Center-Strecken.

Bergauf positioniert euch der steile Sitzwinkel des Marin komfortabel über dem Tretlager, was zu einer effizienten, bequemen und modernen Sitzposition führt. Aufgrund des super flachen Lenkwinkels und der kurzen Kettenstreben mussten wir unser Gewicht auf sehr steilen Anstiegen nach vorn verlagern, um ein Wegkippen und Ansteigen der Front zu verhindern. Nichtsdestotrotz würden wir nur zu gern einen ganzen Tag lang mit dem Alpine Trail E unterwegs sein (also zumindest bis der Akku leer ist)!



Das Marin bietet eine äußerst komfortable, moderne Sitzposition. Mit diesem Bike wären wir mit Freude den ganzen Tag unterwegs.
Der erste Teil des Tages war eine sanfte, flowige und wellige Trail-Center-Strecke. Auch wenn das Bike sich dort auf verwinkelten Abschnitten des Trails agil anfühlt und felsige Drops butterweich schluckt, war klar, dass es sich nach ruppigerem Terrain sehnt.

Das Alpine Trail E erwacht auf schnellen, ruppigen und steilen Pisten erst so richtig zum Leben. Jagt mit dem Marin eine grobe und schnelle DH-Strecke oder steiles und rutschiges Gelände hinab, und es wird euch mit einem fetten Grinsen belohnen! Der Hinterbau mit seinem Stahlfederdämpfer schmiegt sich an den Boden an und fühlt sich äußerst schluckfreudig und dämpfend an. Auch unter Einfluss der Bremskräfte bietet das Bike eine tolle Performance, behält seine Linie bei und lässt sich weiterhin aktiv steuern. Wenngleich der Stahlfederdämpfer eine geniale Nachgiebigkeit bei kleinen Schlägen und guten Support im mittleren Federwegsbereich bietet, müsst ihr darauf achten, das korrekte Federgewicht zu nutzen. Marin verbaut eine 350 lbs-Feder an den Bikes in Größe S und M sowie eine 450 lbs-Feder bei den Größen L und XL. Bei einem fahrfertigen Gewicht von 78 kg erlebte unser Tester mit der 450 lbs-Feder keinerlei unsanfte Durchschläge. Auch wenn unser kurzer erster Eindruck von dem Bike nicht ausreichte, um die Hinterbau-Performance des Marin vollständig zu analysieren, sollte jeder, der nach einem geschmeidigen Hinterbau und reichhaltigem Grip sucht, mit dem Bike bestens bedient sein.

Die absolute Lieblingsdisziplin des Alpine Trail E: Kurven! Das Konzept der gemixten Laufradgrößen harmoniert hervorragend mit der hohen Front und dem super kurzen Sitzrohr des Marin – wenngleich die Freude von der kurzen Teleskopstütze getrübt wird. Das so erzeugte Gefühl, mitten im Bike zu stehen und stets die volle Kontrolle zu haben, ist unschlagbar. Steuert das 29″-Vorderrad und die FOX 38-Federgabel in eine Kurve, und der Rest des Bikes wird anstandslos folgen. Das Marin driftet gerne, auch durch engste Anlieger! Auch wenn wir uns auf ruppigen Geraden auf dem Bike sicher fühlten, zielt das Alpine Trail E definitiv auf aktive Fahrer ab, da eine starke Hand des Piloten erforderlich ist, um es bei hohen Geschwindigkeiten in der Spur zu halten.



In Kurven erwacht das Marin erst so richtig zum Leben! Die gemixten Laufradgrößen, das tiefe Oberrohr und die hohe Front machen Kurven zu einer irre spaßigen Angelegenheit!

Insgesamt boten die Komponenten des Alpine Trail E auf dem Trail eine gute Performance. Das FOX Performance Elite-Fahrwerk kam mit allen Schlägen, Bodenwellen und Landungen bestens zurecht. Die MAXXIS-Reifen krallten sich gut im Schlamm fest und die Bremsen sowie der Antrieb aus dem Hause Shimano ließen, außer dem bekannten Motorklappern des EP8, in keiner Form zu wünschen übrig. Allerdings würden wir die 150-mm-Variostütze gegen eine längere Option, wie etwa die OneUp V2-Teleskopsattelstütze, eintauschen, um die Vorteile des kurzen Sitzrohrs des Marin optimal zu nutzen. Außerdem würden wir einen I-Spec-Adapter verwenden, um den Remote-Hebel der Teleskopsattelstütze direkt unter dem linken Bremshebel zu montieren und so die Ergonomie der Bedienhebel zu verbessern.
Fazit
Während unserer Testfahrt wurde schnell klar, dass das Marin Alpine Trail E in der Tat für Spaß gemacht ist. Es beeindruckte uns mit seinen guten Klettereigenschaften, seiner größtenteils durchdachten Ausstattung und spaßigen Geometrie. Auch wenn es vielleicht nicht das schnellste oder ausgewogenste Bike ist, das wir bis dato testen durften – die pure Freude, die man mit dem Bike empfindet, wenn man es durch steile Kurven jagt, ist kaum zu überbieten. Es ist ein potentes E-MTB für all jene, die es mit herausfordernden Trails aufnehmen, wie auf Schienen durch Kurven fetzen und es mit einem fetten Grinsen im Gesicht krachen lassen wollen!

Tops
- unfassbar spaßig auf herausfordernden Abfahrten
- Insgesamt wohlüberlegte Ausstattung
- durchdachtes Gesamtpaket

Flops
- kurze Teleskopsattelstütze bei Größe L
- Fahrer mit kleinen Händen müssen sich entscheiden: angenehme Bedienbarkeit der Teleskopstütze ODER der Motorsteuerung
- gelangweilt auf flachen Trails
Tuning Tip
- Dropperpost mit 170–200 mm Hub
- Shimano I-Spec-Adapter für die Remote der Teleskopstütze
Words: Photos: Andy Lloyd