Wie ist das möglich? Nie im Leben. Als wir das erste Prototypen-Bike mit dem neuen maxon AIR S Motor sehen, kommen bei uns sofort Fragezeichen auf. Das? Das ist doch kein Full-Power-Bike! Das ist doch ein Bike mit eurem bisherigen Light-Support-Motor.


Mit einem verschmitzten Lächeln und etwas Stolz in der Brust widerspricht uns Volker Stützinger, Head of eBike bei maxon, und setzt sogar noch einen drauf: „Nein, in diesem Bike steckt unser neuer Full-Power-Motor. Und im Vergleich zu unserem bisherigen Light-Motor haben wir sogar noch mehr Raum geschaffen, damit die Bike-Hersteller noch mehr Freiheiten und Spielraum bei der Rahmenentwicklung haben!“

Spannend? Auf jeden Fall – denn mit dem neuen maxon AIR S Motor wollen die Schweizer nicht nur den Light-/Mid-Power-Motorsystemen, etwa von FAZUA, TQ und Bosch, das Revier streitig machen, sondern auch neue Impulse im Full-Power-Segment setzen. Aber alles der Reihe nach.
Von Kuhglocken zu Mars-Rovern – Hightech trifft Schweizer Alpenidylle
Muuuuuuh. Bimmel. Bimmel. Die Kühe weiden am Straßenrand. In einer Seelenruhe erstreckt sich der Sarnersee vor dem wolkenverhangenen Alpenmassiv. Von unserem Hotel im 6.000-Seelen-Dorf Sachseln sind wir keine fünf Minuten zum Hauptsitz des E-Antriebssystem-Spezialisten gefahren, der mit seinen rund 1.200 Mitarbeitern am Standort Sachseln (weltweit über 3000) der größte Arbeitgeber der Region ist. Fährt man auf das Firmengelände, das direkt am See liegt, wird schnell klar: Hier macht man keine halben Sachen. In roten Lettern prangt das maxon Logo über dem Rezeptionsgebäude. Innerhalb von wenigen Minuten tauchen wir in eine andere Welt ein. Draußen die malerische Schweizer Idylle. Drinnen High-Tech-Motoren, die im Mars-Rover der NASA, in Formel-1-Fahrzeugen, in humanoiden Robotern und Menschen – in Form von Insulinpumpen – zum Einsatz kommen. Und in der nächsten Generation von E-MTBs!



Die Spannung steigt – und mit ihr die Erwartungen. Im Vorfeld gab es nur spärliche Infos zum neuen maxon Motorsystem, an dem über 200 Fachleute aus unterschiedlichsten Disziplinen gearbeitet haben. Umso spannender, was jetzt auf uns wartet: Als erstes Magazin erhalten wir exklusiven Zugang hinter die Kulissen – nicht zum Showroom mit Hochglanz-Präsentationen, sondern mitten hinein in den Maschinenraum der Entwicklung. Auf dem Programm stehen Einblicke in die verschiedenen Business Units mit CTO Stefan Müller, ein technischer Deep Dive in die neue Drive Unit mit Dominik Stockmann und Stefan Imfeld sowie ein Besuch der internen Testlabore – von Lebensdauer-Checks über Klimakammer und Vibrationstisch bis zu Effizienz- und De-Rating-Tests an der Hochschule Luzern. Und dann? Raus auf den Trail: erste Ausfahrt auf Prototypen-Bikes, gemeinsam mit Head of eBike Volker Stützinger und Marketing-Manager Michel Riedmann. Klar, direkt, ungeschönt – genau so, wie wir’s mögen.



Wie macht man das Unsichtbare sichtbar?
Dem harten Kern der E-MTB-Szene ist maxon natürlich ein Begriff – schließlich haben die Schweizer bereits 2021 ihren ersten E-Bike-Antrieb auf den Markt gebracht, der äußerst schlank und minimalistisch – quasi unsichtbar – in rund 17 kg leichten E-Enduros verbaut wurde. Mit kleinem Akku, anfangs mit 30, später mit 40 Nm Drehmoment und einer Maximalleistung von zunächst 220 W und dann 250 W bewegte sich das Motorsystem maxon BIKEDRIVE AIR jedoch immer in der Light-Nische. Und wurde primär von Schweizer Herstellern verbaut. Und während bei anderen Motoren-Herstellern ein Logo auf dem sichtbar integrierten Motor prangte, sah man bei maxon eigentlich nichts: kein Logo. Und auch nicht, dass es sich um ein E-Bike handelte.


Internationale Sichtbarkeit bekam maxon nicht zuletzt durch das Titelsponsoring des Schweizer Cross-Country-Weltcup-Teams von Ralph Näf. Ziel: den unsichtbaren Motoren Sichtbarkeit verschaffen – ähnlich wie mit den spektakulären Mars-Rover-Kampagnen. Gleichzeitig steht das Engagement sinnbildlich für die Bike-Leidenschaft, die bei maxon tief verankert ist – von der Geschäftsführung bis zur Produktion. Und mal ehrlich: Wer in den Schweizer Alpen arbeitet, kommt am Thema Bike ohnehin kaum vorbei.
Vom Rasierer in den Orbit und auf die Trails – Die Wurzeln von maxon
Seit über 60 Jahren ist maxon ein Hidden Champion mit Wurzeln und Visionen. Der Schweizer Konzern beschäftigt weltweit über 3.000 Mitarbeitende, betreibt acht Produktionsstandorte und ist in 40 Ländern mit Vertriebsgesellschaften vertreten. Das Besondere: maxon hat sich konsequent auf elektrische Antriebssysteme spezialisiert – und das mit durchschlagendem Erfolg.

Der Grundstein des Erfolgs wurde mit einem Braun-Rasierer gelegt, für den maxon einen eigenen eisenlosen Gleichstrommotor entwickelte. Dieser bot damals eine doppelt so hohe Effizienz wie herkömmliche E-Maschinen – eine Eigenschaft, die bis heute das Markenzeichen der maxon Motoren ist. Heute bietet das Unternehmen einen mehrere hundert Seiten starken Katalog an Antriebssystemen für verschiedenste Anwendungen.
Vier Welten, eine Antriebs-Expertise – Die maxon Business Units
CTO und Bike-Fan Stefan Müller führt uns durch die vier zentralen Geschäftsfelder von maxon: In der Medizintechnik sichern die Motoren präzise Bewegungen – von Insulinpumpen bis zu chirurgischen Robotern. In der Industrie sorgen sie für Automatisierung und treiben robotische Anwendungen an – laut maxon haben es die Schweizer geschafft, nur durch Optimierung von Getriebe, Motor und Elektronik die Ausdauer eines vierbeinigen Laufroboters zu verdoppeln. In der Luft- und Raumfahrt vertrauen sogar NASA-Missionen auf ihre Zuverlässigkeit. Und mit der Business Unit Mobility Solutions sind maxon Antriebe in Autos, Rennfahrzeugen, autonomen U-Booten – und natürlich in E-Mountainbikes zu finden. Dank interdisziplinärer Teams soll auch die E-Bike-Sparte von maxon direkt von den Erfahrungen und dem Know-how aus allen Business Units profitiert haben.


Maßgeschneiderte Power – ein zentrales Element des Erfolgs ist das modulare Baukastensystem von maxon: Bereits ab Stückzahl 1 lässt sich ein passender Antrieb aus dem umfangreichen Programm zusammenstellen und auf Wunsch bis ins letzte Detail individualisieren. Das spart Zeit, ist effizient – und damit auch wirtschaftlich attraktiv. Zudem sponsert und kooperiert maxon auch mit der ETH Zürich und der Hochschule Luzern, um Studentenforschung voranzutreiben und die nächste Generation an Innovatoren anzuziehen. So betreibt maxon in der Hochschule Luzern beispielsweise einen E-Bike-Motorenprüfstand.




Was wäre dein Traum-Motor fürs E-MTB?
Im aktuellen Wettrüsten um maximale Watt- und Drehmomentwerte setzt maxon bewusst einen anderen Impuls: Das selbst gesteckte Ziel war, einen Full-Power-Motor zu entwickeln, der die Dimensionen ihres bisherigen Light-Motors hat – und entsprechend die Sexiness und Eleganz der aktuellen maxon-unterstützten Bikes erhält. Statt nur nach Höchstwerten zu streben, verfolgt der Schweizer Antriebsspezialist mit dem maxon AIR S eine neue Balance – zwischen Power, Effizienz und Integration. Denn was nützt maximale Leistung, wenn sie selten abgerufen wird und das Bike dabei seine Eleganz verliert? maxon denkt weiter: extrem leise, extrem leicht, leistungsfähig – und so clever integriert, dass der Antrieb fast komplett verschwindet. Damit bringen die Schweizer frischen Wind in einen Markt, der bisher meist in Schwarz-Weiß-Kategorien gedacht hat.
Wichtig war maxon auch, dass der Motor durch seine schlanke Bauform und seine Eckdaten in Form von Gewicht und Leistung in allen Bike-Kategorien eingesetzt werden kann. Denn für viele Hersteller wird ein Motor auch ökonomisch interessanter, wenn er kategorieübergreifend in Road-, Gravel- und Mountainbikes eingesetzt werden kann – größere Stückzahlen, weniger Serviceaufwand und Komplexität!



Klar – DJI, Bosch, Mahle und Specialized sind stärker – aber lange auch nicht so schick integriert. Und während DJI mit dem Avinox Motor die Leistungswerte bei gutem Gewicht und Integration auslotet, will maxon die Balance auf ein sinnvolles Maß an Leistung bei herausragender Integration und sehr geringem Gewicht legen. Und zugleich den aktuell etablierten Light- und Mid-Drives wie FAZUA oder TQ die Show stehlen. Entweder leicht oder kraftvoll? In Sachseln setzt man mit der neuen AIR-S-Motorengeneration auf ein klares Sowohl-als-auch!
Die goldene Mitte? Motor, Remote, Display und Akku des neuen maxon AIR S E-MTB-Motor
S – ein Buchstabe, der einen riesigen Unterschied macht: Fast identische Dimensionen. Doppelte Power. Doppeltes Drehmoment. Gleiches Gewicht. Das innerhalb einer Produktgeneration zu realisieren, ist eine echte Ansage. Und das gilt auch für die absoluten Zahlen: 90 Nm Drehmoment, 620 W Maximalleistung und ein Unterstützungsfaktor von bis zu 400 % bei 2 kg Gewicht – das Fact Sheet des neuen maxon Bikedrive AIR S klingt erst einmal beeindruckend.

Die Leistungsdaten sind zwar keine Superlative, dafür soll die Balance jedoch stimmen und sich nah an den realen Bedürfnissen der meisten E-MTBiker orientieren. Dass hier gerade ein Umdenken stattfindet und der Fokus von Superlativen in Richtung gesundes Maß geht, zeigt auch die Diskussion um eine Selbstregulierung der Branche. Die wir übrigens als E-MOUNTAINBIKE Magazin sehr unterstützen. Denn das aktuelle Wettrüsten sorgt für mehr Verschleiß, höheren Akku-Verbrauch, geringere Reichweiten oder dickere und schwerere Bikes. Zudem geht es auch an den realen Nutzungsszenarien des Großteils der Rider vorbei – wie auch unsere Leserumfragedaten mit über 15.000 Teilnehmern zeigen.


Laut maxon soll der Motor auf Effizienz in einem breiten Trittfrequenz- und Leistungsbereich optimiert worden sein. Seine maximale Leistung soll der Motor erst bei hohen Trittfrequenzen von 120–130 U/min abrufen, wobei die Leistungskurve kontinuierlich ansteigt. Bereits bei 75 U/min soll er die 500-W-Schwelle durchbrechen können und sich damit deutlich durchzugskräftiger geben als andere Light-/Mid-Support-Motoren am Markt. Bei einem Unterstützungsfaktor von 400 % würde man bei einem Rider-Input von 100 W bereits 400 W Unterstützung erhalten – damit sollen auch gemütlichere Fahrer sich die Berge „hinauftragen“ lassen können. Ein weiterer Claim von maxon ist, dass der Motor thermisch sehr stabil und effizient sein soll, wodurch der Akku-Verbrauch geringer ausfallen soll – und damit auch der Bedarf nach größeren Batterien. Ob dem so ist, werden wir euch natürlich in unserem ersten Testbericht mitteilen sobald es serienreife Testbikes gibt!
Aktuell gibt es zwei verfügbare Batterie-Optionen: 400 Wh (1,8 kg) und einen 250-Wh-Range Extender (1,6 kg). Eine grössere Hauptbatterie mit 600 Wh (2,8 kg) ist zur Zeit in der Entwicklung.


Zum Marktstart im Herbst wird es die minimalistische HMI-Controller-Einheit im Oberrohr geben, die man bereits vom aktuellen maxon AIR-Motor kennt, wobei ein Oberrohr-Display gerade in der Entwicklung ist. Als Remote kommt eine hochwertige und minimalistische Ring-Remote zum Einsatz, die man ebenfalls vom bisherigen System übernommen hat. maxon wird außerdem zwei Ladegeräte anbieten – ein kleines mit 2 A und ein schnelleres mit 6 A.

Es gibt natürlich auch eine maxon App (BIKEDRIVE Connect). Diese dient jedoch primär der Anzeige von Fahrdaten und dem Tuning der Unterstützungsstufen. Die maxon Dealer-App (BIKEDRIVE Service) ermöglicht es dem Fachhandel, weitere Motoreinstellungen vorzunehmen. Das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch weiter ausführen, sobald wir das System richtig testen können. Wir konnten den Motor zwar schon fahren und haben die traumhafte Umgebung – Flussdurchquerung inklusive – erkundet, aber Akku und Software waren noch nicht final, sodass es keinen Sinn ergibt, eine Aussage zu treffen. Das einzige, was wir sagen können: Der Motor ist sehr leise, in den meisten Frequenzbereichen sind die Abrollgeräusche der Reifen deutlich lauter!
Schweizer Präzision meets Passion – Was maxon anders macht
Die Schweiz ist bekannt für ihre Perfektion. Das gilt nicht nur für Uhren, sondern für fast alle Lebensbereiche. Doch das heißt nicht, dass die Schweizer nicht flott sein können. Ein Problem vieler Motorenhersteller sind die langwierigen Entwicklungszyklen, weit verstreuten Produktionsstätten und Endlosschleifen, in denen viel gearbeitet wird, aber nix passiert. Nicht so bei maxon: Dank am Hauptsitz gebündelter Kompetenzen, Prototypenbau, Fertigungsstraßen und Testlaboren hat die E-Bike-Unit von maxon richtig Dampf. Schnelle Iterationen, parallele Entwicklungen und zahlreiche engagierte Tester sorgen dafür, dass innerhalb von Stunden oder Tagen neue Ideen oder Varianten ausprobiert und getestet werden können. Selbst CTO Stefan Müller lässt es sich nicht nehmen und spult nach Feierabend oder am Wochenende unzählige Stunden auf Prototypen ab.



Und dieses Engagement und diese Leidenschaft werden im Gespräch deutlich – maxon ist nicht im E-Bike-Segment, weil sie es aus wirtschaftlicher Sicht müssen, sondern weil sie es wollen. Und das gibt dem Unternehmen auch eine längerfristige Perspektive als manchem Automobilzulieferer, der wegen vielversprechender Marktprognosen in das E-Bike-Segment eingestiegen ist.


Gerade in der aktuellen Zeit gilt es, sich als Motoren-Marke klar zu positionieren, USPs zu bieten und sich schnell weiterzuentwickeln und zu behaupten. Auch für maxon. Wie jeder Hersteller haben auch die Schweizer noch Hausaufgaben zu machen – aber mit ihrer Erfahrung, etablierten Prozessen und der Kombination aus NASA-Qualität, Bike-Leidenschaft und pragmatischer Lösungsorientierung haben sie die richtigen Zutaten.

Das Thema Service ist einer der wichtigsten Punkte für Bikemarken und Fachhandel. Deshalb legen die Schweizer darauf großes Augenmerk und haben ein zentrales Service-Center, das eng an das Produktmanagement und R&D angebunden ist, um schnell etwaige Probleme zu erkennen und Verbesserungen vorzunehmen.
Premiere & Preorder: So startet der neue maxon AIR S in den Markt
Auf der EUROBIKE 2025 hebt maxon den Vorhang: Gleich sechs E-Enduros mit dem brandneuen Bikedrive AIR S werden dort erstmals öffentlich gezeigt. Die ersten Modelle sollen schon im Herbst 2025 im Handel stehen – und wer schnell ist, kann sich mit einem Preorder-Special-Deal sogar ein Bike zu attraktiven Konditionen sichern. Auch wir erwarten unsere ersten Testbikes im Sommer und halten euch mit frischen Eindrücken auf dem Laufenden. Ein Highlight für alle Early Adopter: Beim Testride-Event in Lenzerheide könnt ihr den AIR S im Spätsommer erstmals selbst fahren – auf feinsten Schweizer Alpentrails!


Fazit neuer maxon AIR S Motor – Balance als Superlativ
Hightech trifft Haltung: Mit dem AIR S liefert maxon mehr als nur einen neuen Motor – sie liefern ein Statement. Statt im Rennen um die höchsten Leistungswerte mitzuhecheln, setzt der E-Antriebsspezialist auf Schweizer Ingenieurskunst, herausragende Integration und eine gute Balance an Leistungswerten. Der AIR S will nicht extremer oder stärker sein – sondern die optimale Lösung für die realen Bedürfnisse und Anforderungen vieler Kunden. Ob das gelingt, wird unser Fahrtest zeigen – einen ersten Blick auf die neuen, leichten Full-Power-E-Bikes konnten wir bereits auf der EUROBIKE werfen. Den Link dazu findet ihr hier!

Mehr Infos: www.maxonbikedrive.com
Words: Robin Schmitt Photos: Lars Engmann