Das MERIDA eONE-SIXTY will Alltag- und Trail-Abenteuer vereinen und verspricht mit praktischen Features, Mullet-Setup und 170/174 mm Federweg (v/h) Fahrspaß auf und abseits befestigter Wege. Angetrieben wird es von einem Shimano EP801-Motor und 750-Wh-Akku. Doch kann es den Spagat meistern?
Das MERIDA eONE-SIXTY ist seit jeher eine Konstante im Portfolio der Taiwanesen und konnte sich schon in den verschiedensten Evolutionsstufen behaupten. Während das MERIDA eONE-SIXTY 10K in unserem großen E-MTB Vergleichstest ohne Preisgrenze mit prestigeträchtigen Anbauteilen und Carbonrahmen den Fokus auf maximale Performance legt, will das eONE-SIXTY 875 eine breitere Zielgruppe ansprechen. Es rollt mit einem Alurahmen daher, in dem ein Shimano EP801-Motor mit einem großen entnehmbaren 750-Wh-Akku integriert ist. Wie der Bruder aus Carbon stellt es 170/174 mm Federweg (v/h) zur Verfügung und kommt mit gemischten Laufradgrößen mit 29” vorne und 27,5” hinten. Durch einen Flip-Chip lässt es sich auch mit einem reinen 29”-Setup fahren. Durch das spannende Größen- und Geometriekonzept sind die Rahmen nicht nach Höhe, sondern nach Länge geordnet. So soll eine freie Größenwahl anhand der Länge des E-MTBs gewährleistet werden. Das MERIDA eONE-SIXTY 875 bringt in Größe M 26,1 kg auf die Waage und ist zusammen mit dem BULLS SONIC EVO AM3 das schwerste Bike im E-MTB-Test. Doch stört das auf dem Trail? Dazu gleich mehr. Wenn ihr nun stolzer Besitzer des MERIDA werden wollt, müsst ihr 6.599 € locker machen. Somit liegt es in diesem Vergleichstest ziemlich genau im Durchschnitt und kostet damit nur etwas mehr als die Hälfte wie das 10K-Modell. Fährt es dadurch auch nur halb so gut und kann es mit dem restlichen Testfeld mithalten? Wir haben die Antworten für euch.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2024 bis 7.000 € – 5 günstige E-MTBs im Test
MacGyver unter den E-MTBs – Was macht das MERIDA eONE-SIXTY aus?
Optisch ähnelt das MERIDA eONE-SIXTY dem größeren Bruder aus Carbon. Der Dämpfer bildet eine Linie mit der Sitzstrebe und übernimmt das gleiche Hinterbausystem. Die Flex Stays lassen, wie der Name schon sagt, durch die Nachgiebigkeit der Sitzstreben minimalen Flex zu. So kann auf ein zusätzliches Lager zwischen Sitz- und Kettenstrebe verzichtet werden. Allerdings ist der Alurahmen nicht so clean wie der des eONE-SIXTY aus Carbon oder des Canyon Strive:ON CFR. Ähnlich wie beim Specialized Turbo Levo Alloy sind die Schweißnähte vor allem am Hinterbau und am Motorbereich deutlich zu sehen. Dafür setzen die Entwickler wie MacGyver auf clevere Ideen und verpassen dem Rahmen praktische Features: Der Fender schützt das Sattelrohr vor Dreckbeschuss, der Hinterbau bietet weitere Anschraubpunkte für ein längeres Schutzblech und an der Kettenstrebe versteckt sich eine Ständeraufnahme (die man am teureren Carbon-Modell vergeblich sucht). Das Lezyne E-BIKE POWER E115-Frontlicht am Vorbau, das direkt über den Hauptakku gespeist wird, leuchtet einem im Dunkeln den Weg. Zusätzlich liegt dem Lieferumfang noch ein ansteckbares USB-Rücklicht bei. Damit soll das MERIDA eONE-SIXTY auch als spaßiges und beinahe voll ausgestattetes E-SUV eingesetzt werden können. Für den Fall, dass man unterwegs den Schraubenschlüssel schwingen muss, hat MERIDA unter dem Sattel ein Multitool und an der Steckachse einen 4er-Inbus integriert – da wird selbst MacGyver neidisch.
Herzstück des MERIDA eONE-SIXTY ist der Shimano EP801-Motor mit 85 Nm Drehmoment und 600 Watt Maximalleistung. Gespeist wird er von einem großen 750-Wh-Akku, der auch zum Laden aus dem Unterrohr entnommen werden kann, ganz ohne Werkzeug. Um den Verriegelungsmechanismus zu lösen, braucht ihr allerdings kräftige Finger. Die müssen gleichzeitig auch viel Gefühl haben, um den fummeligen Ladeport wieder an Ort und Stelle zu bekommen. Für lange Touren kann man das MERIDA mit einem Range Extender kombinieren. Der 360 Wh große Energiespeicher lässt sich an extra Halterungen am Rahmen einklipsen und so kommt man dann auf stolze 1.110 Wh. Dafür muss dann die Trinkflasche im Rucksack Platz finden. Alle wichtigen Informationen, wie Akkustand, Geschwindigkeit und gewählte Unterstützungsstufe, werden über das Shimano SC-EM800-Display angezeigt, das gut geschützt hinter dem Lenker sitzt. Zusammen mit dem Specialized Turbo Levo ist das MERIDA das einzige E-MTB im Test mit einem Display. Welche weiteren Features der Shimano EP801-Motor noch liefert und wie sich genau der Motor auf dem Trail verhält, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Motortest.
MERIDA setzt beim eONE-SIXTY 875 nicht auf prestigeträchtige Anbauteile, sondern legt mehr Wert auf Haltbarkeit. Das Shimano XT LINKGLIDE 11-fach-Schaltwerk arbeitet zuverlässig im Hintergrund: So erhöhen die langsameren Schaltvorgänge die Lebensdauer und sorgen für smoothe Schaltvorgänge. Die geringere Bandbreite der Kassette im Vergleich zur 12-fach-Version stört am MERIDA eONE-SIXTY nicht. Bei den Reifen verbauen die Entwickler die bewährte MAXXIS ASSEGAI/Minion DHR II-Reifenkombination. Dabei kommt der ASSEGAI an der Front in der weichen MaxxGrip-Gummimischung, der Minion DHR II-Hinterreifen in der etwas härteren MaxxTerra-Mischung. Beide Reifen an unserem Test-Bike setzen auf die EXO+ Karkasse. In Serie soll hinten aber die robuste Doubledown-Karkasse zum Einsatz kommen – gefällt uns! Das RockShox-Fahrwerk, bestehend aus einer ZEB Select-Federgabel und einem Super Deluxe Select-Luftdämpfer kann in Sachen Einstellbarkeit nicht mit den Ultimate-Topmodellen wie im Propain Sresh CF mithalten, bietet aber trotzdem eine gute Trail-Performance. Für ordentlich Verzögerung sorgt die kraftvolle Shimano XT-Vierkolbenbremse mit einer großen 220-mm-Bremsscheibe vorne und einer 200er-Scheibe hinten. Die MERIDA Team TRII Sattelstütze bietet mit ihren 230 mm Hub nicht nur den größten Verstellbereich im Test, sondern lässt sich auch werkzeuglos auf bis zu 30 mm Hub reduzieren. Sie ist ein zentraler Teil des Geometrie-Konzepts mit niedrigem Sattelrohr, sodass sich Fahrer ihre Rahmengröße nach Fahreigenschaften, und nicht nach der eigenen Beinlänge aussuchen können – top! Apropos Geometrie-Konzept: Auch wenn das MERIDA eONE-SIXTY als Mullet kommt, bietet es einen Flip-Chip in der oberen Dämpferanlenkung, mit dem es zu einem reinen 29”-E-MTB umgebaut werden kann.
MERIDA eONE-SIXTY 875
6.599 €
Ausstattung
Motor Shimano EP801 85 Nm
Akku Trend Power Internal Battery 750 Wh
Display Shimano SC-EM800
Federgabel RockShox ZEB Select 170 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe Select 174 mm
Sattelstütze MERIDA TEAm TR II 230 mm
Bremsen Shimano XT 220/200 mm
Schaltung Shimano XT Linkglide 1x11
Vorbau MERIDA EXPERT eTR II 40 mm
Lenker MERIDAeTR 780 mm
Laufradsatz MERIDA EXPERT TR II 29"/27,5"
Reifen MAXXIS ASSEGAI, MaxxGrip, EXO+/MAXXIS Minion DHR II, MaxxTerra, Exo+ 2,5/2,4
Technische Daten
Größe S M L XL
Gewicht 26,1 kg
Zul. Gesamtgewicht 140 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 114 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme ja
Besonderheiten
integriertes Frontlicht
Tool
Tuning-Tipp: Vereinbart beim MERIDA-Händler einen Testride in gleich zwei Rahmengrößen. Wer mehr Agilität sucht, wählt eine kleinere Rahmengröße, wer mehr Laufruhe will, wählt eine Nummer größer.
Der Alleskönner? – Das MERIDA eONE-SIXTY im Praxistest
Das MERIDA eONE-SIXTY kann seine Stärken in vielen Bereichen ausspielen. Dank der bequemen und aufrechten Sitzposition sitzt man auch nach einer harten und langen Tour ohne Schmerzen im Sattel. Das weiche Fahrwerk bietet viel Komfort beim entspannten Cruisen und auf technischen Uphills enorme Traktion. Wird es steil, bleibt das Vorderrad zu jeder Zeit am Boden und man muss das Gewicht nicht aktiv nach vorne verlagern. So kann man sich voll und ganz auf die angepeilte Linie konzentrieren. Der Shimano EP801-Motor schiebt ordentlich an, kann aber mit dem Punch des Bosch Performance Line CX aus dem Canyon Strive:ON oder BULLS SONIC EVO AM 3 nicht ganz mithalten.
Das MERIDA eONE-SIXTY kommt mit vielen cleveren Features, die einem das Leben erleichtern.
Startet man dann in den Trail, kann man es mit dem MERIDA eONE-SIXTY sofort stehen lassen und voll aufs Gas drücken. Es erfordert keine Eingewöhnung und ist super einfach zu fahren. Dadurch eignet sich das Bike für Anfänger und Fahrer aller Könnerstufen gleichermaßen. Die Balance zwischen Front und Heck ist sehr ausgeglichen und es herrscht immer genug Druck auf dem Vorderrad. Lenkimpulse werden vorhersehbar umgesetzt, nur das Canyon Strive:ON ist noch etwas direkter. Dass Gewicht nicht alles ist, zeigt das MERIDA eindrucksvoll. Denn obwohl es zu den schwersten E-MTBs im Test gehört, lässt es sich ohne großen Kraftaufwand durch enge Kurven zirkeln. Vor allem auf Flowtrails sorgt das Bike für enormen Fahrspaß und lässt sich schnell in die Luft befördern oder spontan die Linie wechseln. Wird der Trail ruppiger, bringt das MERIDA eONE-SIXTY dennoch eine hohe Laufruhe mit und vermittelt viel Sicherheit. Bestärkt rollt man durch Steinfelder und das Fahrwerk schluckt die Einschläge gekonnt. Es ist weicher als beim Canyon, aber rauscht nicht einfach durch den Federweg, sondern liefert bei verpatzten Landungen immer ausreichend Reserven und Gegenhalt. Nur aktive Fahrer, die auf Sekundenjagd gehen wollen, werden beim MERIDA eONE-SIXTY etwas Feedback vom Untergrund vermissen. Wird der Trail steil, kann man sich dank der langen Sattelstütze in Kombination mit dem niedrigen Sattelrohr frei auf dem E-Mountainbike bewegen und es vermittelt ein hohes Sicherheitsempfinden.
Fahrspaß garantiert – Das MERIDA eONE-SIXTY bietet dank dem gutmütigen Handling für Anfänger und Fortgeschrittene ein Maximum an Fahrspaß.
Für wen ist das MERIDA eONE-SIXTY das richtige Bike, für wen nicht?
Das MERIDA eONE-SIXTY ist für alle, die einen guten Allrounder suchen, der alles mitmacht: ob entspannte Tagestouren, knallharte Trails oder doch nur mal zur Arbeit pendeln – es ist für eine Vielzahl von Fahrertypen attraktiv. Anfänger können sich durch das intuitive Handling mit dem MERIDA bis zum fortgeschrittenen Biker entwickeln. Nur sportliche Fahrer, die viel Wert auf ein direktes Handling legen und auf Sekundenjagd gehen wollen, sollten sich lieber das Canyon Strive:ON anschauen.
Fahreigenschaften
DESIGN
- unausgewogen
- stimmig
HANDHABUNG
- umständlich
- clever
PREIS/LEISTUNG
- schlecht
- top
TOUREN- & ALLTAGSTAUGLICHKEIT
- niedring
- hoch
HANDLING
- fordernd
- intuitiv
FAHRSPAß
- langweilig
- lebendig
Einsatzbereich
Schotterweg
Technischer Uphill
Flowtrail Downhill
Technischer Downhill
Fazit zum MERIDA eONE-SIXTY
<Das MERIDA eONE-SIXTY ist zwar nicht so schick wie die Carbon-Boliden. Aber ihm gelingt es, eine riesige Bandbreite an verschiedenen Einsatzbereichen gekonnt miteinander zu vereinen. Es punktet mit erstklassiger Trail-Performance und holt Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen ab. Dabei lässt es den Alltag nicht aus den Augen und integriert clevere Features im Bike. Das MERIDA ist ein sehr guter Allrounder zu einem fairen Preis. Deshalb sichert sich das MERIDA eONE-SIXTY verdient den Kauftipp!
Tops
- für Einsteiger und Experten gleichermaßen geeignet
- clevere Detaillösungen
- alltags- und abfahrtstaugliche Ausstattung
Flops
- fummeliges Ladeportcover
Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2024 bis 7.000 € – 5 günstige E-MTBs im Test
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!
Words: Mike Hunger Photos: Mike Hunger