Die junge deutsche Firma INFRONT bietet günstige E-Mountainbikes an, aber stimmt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis? Wir haben das INFRONT IF-2.1 Fully mit Bosch-Motor und 625-Wh-Akku in unserem Budget-Vergleichstest gegen die Konkurrenz antreten lassen. Kann das Bike für 4.900 € auf dem Trail überzeugen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2021 um 5.500 € – 7 günstige E-MTBs im Vergleichstest

INFRONT IF-2.1 Fully | Bosch Performance Line CX/625 Wh | 150/150 mm (v/h)
25,1 kg in Größe L | 4.900 € | Hersteller-Website

Das INFRONT IF-2.1 Fully ist das zweite vollgefederte E-Mountainbike der jungen Marke aus Freiburg und kommt mit Bosch Performance Line CX-Motor, 625-Wh-Akku,150-mm-Fahrwerk und MX-Laufradkonzept mit großem 29”-Vorder- und kleinem 27,5”-Hinterrad. Mit einem Preis von 4.900 € ist es mit Abstand das günstigste Bike in unserem Budget-Vergleichstest 2021. Eine weitere Besonderheit von INFRONT ist der Mini-Konfigurator, in dem die Kontaktpunkte Sattel, Griffe und Vorbau an eure Ergonomie angepasst werden können. Damit ihr auch richtig wählt, hilft euch INFRONT dabei. Cool! Der Bosch-Motor wird von einem Plastikcover geschützt und ist präsent zur Schau gestellt. Leider ist die Integration des Motorsystems nicht gelungen, denn INFRONT setzt am IF-2.1 Fully auf einen defektanfälligen und nicht mehr zeitgemäßen Speichenmagneten. Das stößt bei uns auf Unverständnis – besonders weil der Alu-Rahmen des 25,10 kg schweren Bikes in Größe L teilweise bereits für einen pannensicheren Geschwindigkeitssensor im Ausfallende vorbereitet ist. Auch das Kiox-Display ist exponiert auf dem Vorbau positioniert und kann im Gelände schnell verloren gehen. Unbedingt festschrauben! Das hauseigene Ladebuchsencover mit praktischen Magnetverschluss auf dem Oberrohr ist gut erreichbar und deutlich besser als die Standardlösung von Bosch. Die maximale Zuladung ist mit 94 kg sehr gering.

Die Ausstattung des INFRONT IF-2.1 Fully ist nicht für den Trail gemacht

Beim günstigsten Bike im Budget-Vergleichstest 2021 drängt sich die Frage auf, wo gespart wurde. Auf den ersten Blick liest sich die Ausstattungsliste des IF-2.1 Fully vielversprechend: Shimano XT 12-fach-Schaltung, Shimano XT-Vierkolbenbremsen mit 200-mm-Bremsscheiben und ein 150-mm-Fahrwerk mit einer FOX 36 Performance-Federgabel und FOX DPS-Dämpfer. Auch die Cockpit-Ergonomie mit Shimano I-SPEC-System ist vorbildlich. In der Praxis leistet sich die Ausstattung allerdings einige Schwächen. Die Laufräder mit Ryde Edge M 35-Felgen auf Shimano XT-Naben konnten nicht überzeugen und waren bereits nach wenigen Trailkilometern reif für einen Service. Und eine Sattelstütze mit nur 125 mm Hub in Größe L? Das ist einfach zu wenig! Auch der Schwalbe Hans Dampf in 29 x 2,3” am Vorderrad ist auf dem Trail nicht die richtige Wahl. Trotz des super breiten 2,8“-Hinterreifens kann das INFRONT die Vorteile des Mullet-Konzepts bei der Reifenkombination an unserem Testmodell nicht nutzen: Das kleine 27,5”-Hinterrad setzt auf einen Schwalbe Hans Dampf in der pannenanfälligen Apex-Karkasse mit der harten ADDIX Speedgrip-Gummimischung. In Folge mangelt es am Hinterrad immer an Grip, denn der Reifen muss mit sehr viel Luftdruck gefahren werden, um Platten zu vermeiden. In Serie kommt der Hinterreifen des 2.1 Fully mit der stabileren Super Gravity-Karkasse.

Die Ausstattung des INFRONT IF-2.1 Fully kann auf dem Trail nicht überzeugen.

Nur Shimano XT
Das INFRONT kommt mit Shimano XT-Komponenten, sowohl bei der Schaltung als auch bei der Bremse mit 200-mm-Bremsscheiben. Gefällt uns gut!
Straff
Das Fahrwerk am INFRONT ist straff. Auf Flowtrails bietet es genug Gegenhalt, in technischem Gelände allerdings nicht genügend Traktion.

INFRONT IF-2.1 Fully

4.900 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 625 Wh
Display Bosch Kiox
Federgabel FOX 36 Performance GRIP 150 mm
Dämpfer FOX DPS 150 mm
Sattelstütze KS Rage-i 100–150 mm
Bremsen Shimano XT M8120 200/200 mm
Schaltung Shimano XT 1x12
Vorbau Promax DA-22831 50 mm
Lenker Promax HB-3188 DB31 780 mm
Laufradsatz Ryde Edge M 35/Shimano XT 29"/27,5"
Reifen Schwalbe Hans Dampf Super Gravity/Apex 2,4/2,8"

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 25,1 kg
Zul. Gesamtgewicht 120 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 94 kg
Anhänger-Freigabe ja
Ständeraufnahme nein

Besonderheiten

Mini-Konfigurator für Griffe, Sattel und Vorbaulänge


Wirft Fragen auf
Warum integriert INFRONT den Geschwindigkeitssensor nichts ins Ausfallende? Der Rahmen ist bereits dafür vorbereitet. Hier hätten wir uns eine weniger defektanfällige und schönere Lösung gewünscht als den Speichenmagneten.
Prägnant
Der Bosch Performance Line CX-Motor am INFRONT wird in Szene gesetzt und von einem Plastikcover geschützt.
Passt nicht ins Konzept
Die Vorteile des MX-Konzepts konnte unser Test-Bike nicht ausspielen, weil der Schwalbe Hans Dampf in der pannenanfälligen Apex-Karkasse und der harten ADDIX Speedgrip-Gummimischung nicht genug Grip generiert hat. In Serie kommt der Hinterreifen des INFRONT 2.1 Fully zumindest mal mit der stabileren Super Gravity-Karkasse.

Die Sitzposition, Tourentauglichkeit und Geometrie des INFRONT IF-2.1 Fully

Das INFRONT IF-2.1 Fully ist in vier Größen verfügbar und paart einen moderaten Lenkwinkel (66,5°) mit langen Kettenstreben (450 mm) und einem kompakten Reach von 459 mm in Größe L. Ähnlich wie das Canyon Spectral:ON setzt auch das IF-2.1 auf einen super breiten Sattel mit erhöhtem Heck, damit der Fahrer an steilen Anstiegen nicht nach hinten rutscht. In der Ebene schiebt der breite SQlab 610-Sattel mit doppelstufigem und hohem Heck seinen Fahrer nach vorne, weshalb in Kombination mit der niedrigen Front zu viel Druck auf den Händen lastet. Die Sitzposition des INFRONT ist für den Uphill gemacht und nicht dafür, entspannt um den See zu fahren. Auch der Hinterbau liefert für lange, entspannte Touren zu wenig Komfort.

Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 430 mm 460 mm 500 mm
Oberrohr 617 mm 627 mm 637 mm 647 mm
Steuerrohr 110 mm 110 mm 115 mm 120 mm
Lenkwinkel 66,5° 66,5° 66,5° 66,5°
Sitzwinkel 74,0° 74,0° 74,0° 74,0°
Kettenstrebe 450 mm 450 mm 450 mm 450 mm
Tretlagerabsenkung 10 mm 10 mm 10 mm 10 mm
Radstand 1.204 mm 1.214 mm 1.225 mm 1.236 mm
Reach 440 mm 450 mm 459 mm 467 mm
Stack 618 mm 618 mm 623 mm 627 mm
Helm MET Roam | Brille 100% Glendale | Jacke GORE C5 Trail Hooded
Hose GORE C5 Paclite Trail | Schuhe Five Ten Freerider DLX | Handschuhe GORE C5 Trail

Das INFRONT IF-2.1 Fully im Trailtest

Geht es bergauf, positionieren der flache Sitzwinkel und der Knick im Sattelrohr besonders langbeinige Fahrer weit über dem Hinterrad. Wer jetzt denkt, die Front müsse deshalb aktiv belastet werden, der irrt. Denn dank der langen Kettenstreben, der niedrigen Front und dem Dämpfer, der hoch im Federweg steht, klebt das Vorderrad des INFRONT auch an steilen Rampen am Boden. Auch der spezielle Sattel hilft dabei, das Vorderrad am Steigen zu hindern. Geht es flowig bergauf, ist das INFRONT einfach zu fahren und führt euch zielstrebig nach oben. Bereits bei kleinen Hindernissen liefern Hinterbau und Hinterreifen – der mit viel Druck gefahren werden muss – zu wenig Traktion. Statt Kanten aktiv zu schlucken, verspringt das Hinterrad an Hindernissen und verliert schnell den Kontakt zum Boden. Als Folge kann es die Kraft des Motors nicht mehr auf den Boden übertragen und das Bike bleibt an Stufen, Kanten und Hindernissen hängen. Der Reifen mit stabilerer Karkasse in Serie ist zwar besser, das Profil aber immer noch nicht die richtige Wahl. Deshalb wären wir für den Eddy Current wie am Propain Ekan AL 29.

Auf flachen Trails und bei niedrigen Geschwindigkeiten ist das INFRONT einfach zu handeln. Wird es steiler, technischer oder schneller, kommt es an seine Grenzen.

Tuning-Tipps: Sattelstütze mit mehr Hub | Kiox-Display festschrauben

Sattel runter und ab geht’s in den Downhill? Nein, leider nicht. Denn egal auf welchem Trail, das INFRONT kämpft mit einem zentralen Problem: Die kurze Variosattelstütze mit lediglich 125 mm Hub in Größe L schränkt in Kombination mit dem breiten Sattel mit hohem Heck die Bewegungsfreiheit enorm ein und trüben den Fahrspaß im Downhill extrem. In flachen, offenen Kurven sorgt die gleichmäßige Lastverteilung auf beiden Laufrädern für einfaches Kurvenfahren. In Wellen und Kurven fällt es leicht, Geschwindigkeit zu generieren. Die langen Kettenstreben fordern in Kombination mit dem hohen Gewicht jedoch reichlich Körpereinsatz, um das Vorderrad anzuheben oder in die Luft zu gehen. Wird es steiler, zwingt das IF-2.1 Fully seinen Fahrer dazu, den Anker zu werfen – schließlich unterbindet die geringe Bewegungsfreiheit nach unten und hinten aktive Fahrmanöver und ausgleichende Gewichtsverlagerungen. Das Sicherheitsgefühl wird weiter geschmälert, weil dem Schwalbe Hans Dampf-Reifen am Vorderrad der Grip fehlt. Als Folge will man mit dem Bike nicht auf technisch anspruchsvollen Trails oder Bikeparkstrecken unterwegs sein. Bei der Montagequalität leistet sich INFRONT einen groben Schnitzer. Das Problem: Bei kleinen Drops und Sprüngen hat sich der Akku des INFRONT IF-2.1 Fully wiederholt aus dem Unterrohr gelöst. Zusammen mit dem Team von INFRONT konnten wir das sicherheitsrelevante Problem auf einen Montagefehler zurückführen. Nachdem die Freiburger die Fixierung optimiert haben, ist das Problem nicht mehr aufgetreten. Dann blieb auch bei größeren Drops alles dort, wo es hingehört.

Das E-MOUNTAINBIKE Test-Team bringt die Bikes in Ihrem Test stets ans absolute Limit. Wir bei INFRONT pflegen engsten Kontakt mit unseren Kunden. Auch mit dem Test-Team konnten wir, dank der engen Kooperation, das aufgetretene technische Problem zufriedenstellend lösen. Wir sind froh, dass wir so unsere Produkte stets verbessern können.” – Markus Bauer, Geschäftsführer INFRONT

Fahreigenschaften

7

Agilität

  1. träge
  2. verspielt

Laufruhe

  1. nervös
  2. laufruhig

Handling

  1. fordernd
  2. ausgewogen

Fahrspaß

  1. langweilig
  2. lebendig

Motor-Feeling

  1. digital
  2. natürlich

Motor-Power

  1. schwach
  2. stark

Preis-Leistung

  1. schlecht
  2. top

Einsatzbereich

Forstweg

1

Flowtrail bergauf

2

Flowtrail bergab

3

Technischer Singletrail bergauf

4

Technischer Singletrail bergab

5

Downhill-Strecken

6

Fazit

Das INFRONT IF-2.1 Fully ist mit 4.900 € auf dem Papier günstig, gemessen am Fahrspaß und der Trailperformance ist es allerdings überteuert. Mit den defektanfälligen Laufrädern, den schlechten Reifen, der viel zu kurzen Dropperpost und der schlechten Performance auf dem Trail kann es nicht überzeugen. Am liebsten ist das IF-2.1 Fully auf flowigen Uphills unterwegs oder auf Touren, bei denen es stetig rauf und runter geht – in der Ebene ist die Sitzposition zu unkomfortabel.

Tops

  • gutmütiges Handling bei niedrigen Geschwindigkeiten
  • Klettereigenschaften in einfachem Gelände ohne Hindernisse
  • Mini-Konfigurator und Beratungsservice für Ergonomie

Flops

  • Trailperformance bergauf und bergab
  • Montagequalität
  • wenig Komfort
  • geringe Zuladung

Mehr Informationen findet ihr unter infront-bikes.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2021 um 5.500 € – 7 günstige E-MTBs im Vergleichstest

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Words: Photos: Jonas Müssig & Valentin Rühl