Ein Tiefeinsteiger für den Trail? Richtig gehört, Haibike will mit dem Alltrail Low die Vorteile eines Tiefeinsteigers mit der Trail-Performance eines E-MTBs vereinen und setzt dazu auf 140/130 mm Federweg und den neuen Bosch Performance Line CX-Motor. Wir haben herausgefunden, ob das Konzept aufgeht.

Haibike AllTrail Low 10.5 ABS | Bosch Performance Line CX/800 Wh | 140/130 mm (v/h)
26,2 kg in Größe L | 6.299,00 € | Hersteller-Website

Haibike ist schon lange in der E-Bike-Welt etabliert. Der Schweinfurter Bike-Hersteller gehört zu den E-Bike-Pionieren und hat mit dem eQ XDURO von 2010 nicht nur das Segment begründet, sondern sich inzwischen komplett dem E-Bike verschrieben. Doch statt im Strom der anderen Bike-Hersteller einfach mitzuschwimmen, streben die Schweinfurter nach innovativen Ideen. So wie bei ihrem ersten Light-E-MTB, dem Haibike LYKE von 2022, das mit der Motorintegration durch den gedrehten FAZUA Ride 60-Motor aufgefallen ist. Nun setzt Haibike zur nächsten Innovation an und kombiniert ein Tiefeinsteiger-E-Bike mit einem waschechten E-MTB. Herausgekommen ist das neue Haibike AllTrail Low: ein E-MTB mit – relativ – tiefem Durchstieg. Es soll die Vorteile eines Easy-Access-Rahmens mit dem sportiven Feeling eines vollwertigen E-MTBs vereinen. Das Haibike AllTrail Low rollt mit 140/130 mm Federweg (v/h) und kleinen 27,5”-Laufrädern daher. Angetrieben wird es von dem neuen Bosch Performance Line CX-Motor mit einem 800-Wh-Akku. In der von uns getesteten AllTrail 10.5-Top-Variante bringt es in Größe L 26,2 kg auf die Waage und kostet 6.299 €.

Das Haibike AllTrail Low 2025 im Detail

Auf den ersten Blick sieht das Haibike AllTrail Low wie ein herkömmlicher Tiefeinsteiger aus. Erst bei genauerem Hinsehen fällt die offroad-orientierte Ausrichtung auf, verantwortlich dafür sind die grobstolligen Reifen und der Dämpfer. Letzterer sitzt tief im Rahmendreieck und ist am Oberrohr befestigt. Die Sitzstrebe des Hinterbaus bildet mit dem tiefen Oberrohr eine Linie, was zu einem außergewöhnlichen Look führt. Durch den benötigten Platz des Dämpfers fällt der Einstieg nicht ganz so tief aus wie bei einem herkömmlichen Tiefeinsteiger. Der Alurahmen erhält ein Finish aus einer grauen Lackierung am Hauptrahmen und einem goldfarbenen Hinterbau. Schutzbleche oder gar einen Gepäckträger, was man an einem Bike dieser Art erwarten würde, gibt es hier nicht. – was aber nicht heißen soll, dass man ganz ohne diese alltagsfreundlichen Features auskommen muss. Denn Anschraubpunkte für Schutzbleche sind vorhanden, ebenso wie eine Modellvariante mit noch mehr Möglichkeiten, dazu gleich mehr.

Der Dämpfer sitzt tief im Rahmen, was einen tiefen Durchstieg und ein bequemes Auf- und Absteigen ermöglicht.

Weiter oben am Unterrohr sind Anschraubpunkte für einen Flaschenhalter vorgesehen, sodass man auch auf längeren Touren immer ausreichend hydriert ist. Die Kabel laufen entgegen dem Trend nicht direkt am Steuersatz in den Rahmen, sondern durch Kabelports hinter dem Steuerrohr.

Das Bosch Performance Line CX Motorsystem des Haibike AllTrail Low 2025

Haibike setzt in seinem AllTrail Low auf den neuen Bosch Performance Line CX-Motor in der fünften Generation. Wie der Vorgänger kommt er mit 85 Nm Drehmoment und 600 Watt Spitzenleistung. Seine Energie bezieht er aus dem großen 800-Wh-Akku im Unterrohr. Dieser kann zum Laden entnommen werden und ist durch einen Schlüssel gegen Langfinger gesichert. Zuerst wird das Akkucover aus Kunststoff durch einen Drehverschluss entriegelt und dann der Akku mit dem Schlüssel. Bleibt der Akku im Bike, kann er über den gut zugänglichen Ladeport über dem Motor geladen werden.

Der 800-Wh-Akku kann zum Laden entweder aus dem Rahmen entnommen werden oder über den gut zugänglichen Ladeport über dem Motor geladen.
Der neue Bosch Performance Line CX-Motor bietet mit seinen 85 Nm Drehmoment und 600 Watt maximaler Leistung genau so viel wie sein Vorgänger.

Gesteuert wird das Motorsystem über die Bosch LED Remote am Lenker, die eher klobig wirkt und nicht mit der schlanken, kabellosen Bosch Mini Remote mithalten kann. Das Bosch Kiox 300-Display sitzt geschützt hinter dem Lenker und zeigt alle wichtigen Informationen an, wie z. B. Geschwindigkeit, Akkustand oder gewählten Fahrmodus. Auch eine rudimentäre Navigationsfunktion lässt sich mit Richtungspfeilen auf dem Display anzeigen.
Wer im Detail wissen will, was das neue Bosch Performance Line CX-Motorsystem noch zu bieten hat und wie es sich im Praxistest schlägt, sollte sich unseren ausführlichen Test genauer anschauen.

Das Bosch Kiox 300-Display gibt Auskunft über alle wichtigen Informationen und besitzt auch eine rudimentäre Navigationsfunktion über die Bosch eBike Flow App.

Die Ausstattung des Haibike AllTrail Low 2025

Wir haben das Haibike in der AllTrail 10.5 Low Top-Ausstattung getestet. Beim Fahrwerk setzen die Schweinfurter auf einen Mix aus FOX- und RockShox-Komponenten. Vorne kommt eine FOX 34 AWL-Federgabel zum Einsatz, an der direkt Anschraubpunkte für Schutzbleche vorhanden sind. Der RockShox Deluxe Select Air-Luftdämpfer verwaltet die 130 mm Federweg am Heck. Die Federelemente können zwar mit der Trail-Performance der Topmodelle nicht mithalten, reichen für moderates Gelände jedoch vollkommen aus und bieten eine einfache Einstellbarkeit.

Die FOX 34 AWL-Gabel kommt direkt mit Anschraubpunkten für Schutzbleche.

Geschaltet wird mit der 12-fach NX-Gruppe von SRAM. Sie ist zwar die Einstiegsgruppe der Marke, bietet aber eine solide Schaltperformance. Gebremst wird mit MAGURA CT eSTOP-Bremsen und zusammen mit dem Bosch ABS-System für zusätzliche Sicherheit auf unbefestigten Untergründen sorgen.

Die MAGURA CT eSTOP sorgen in Kombination mit dem ABS-System für gute Bremspower und sichere Bremsmanöver auf losen Untergründen.

Mit 150 mm Hub ermöglicht die Sattelstütze neben dem bequemen Auf- und Absteigen eine gute Bewegungsfreiheit, wenn man auf dem Trail unterwegs ist. Um ein möglichst Mountainbike-ähnliches Fahrgefühl zu erhalten, setzt Haibike auf ein herkömmliches zweiteiliges MTB-Cockpit aus eigener Herstellung, statt auf eine winkelverstellbare Version. Geht es um ein gutes MTB-Feeling, sind auch Reifen wichtige Elemente. Beim AllTrail Low kommen Xenotal-Reifen von Continental zum Einsatz, die auf WTB Alu-Laufräder aufgezogen sind. Die Reifen bieten einen gelungenen Kompromiss aus gutem Grip und geringem Rollwiderstand, allerdings wäre eine etwas robustere Karkasse für höheren Pannenschutz wünschenswert.

Die versenkbare Sattelstütze ermöglicht ein bequemes Auf- und Absteigen und gute Bewegungsfreiheit. So kann man Trails locker unter die Stollen nehmen.
Die Continental Xynotal-Reifen bieten ausreichend Grip und guten Rollwiderstand – passend zum angedachten Einsatzgebiet.

Haibike AllTrail Low 10.5 ABS

6.299 €

Ausstattung

Motor Bosch Performance Line CX 85 Nm
Akku Bosch PowerTube 800 Wh
Display Bosch Kiox 300
Federgabel FOX 34 AWL 140 mm
Dämpfer RockShox Deluxe Select 130 mm
Sattelstütze Haibike 150 mm
Bremsen MAGURA CT eSTOP ABS
Schaltung SRAM NX Eagle 1x12
Vorbau Haibike The Stem 50 mm
Lenker Haibike The Bar 780 mm
Laufradsatz WTB ST i30 TCS 27,5"
Reifen Continental Xynotal, Trail Endurance 2,4"

Technische Daten

Größe S M L
Zul. Gesamtgewicht 150 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 124 kg
Ständeraufnahme Ja

Weitere Ausstattungsvarianten des Haibike AllTrail Low 2025

Das Haibike AllTrail Low ist in zwei Ausstattungsvarianten verfügbar. Neben dem von uns getesteten AllTrail 10.5-Topmodell gibt es noch das AllTrail 8 für 4.999 €. Es kommt mit einem RockShox-Fahrwerk, bestehend aus der 35 Silver-Federgabel und dem gleichen Deluxe Select Air-Luftdämpfer wie im Topmodell. Geschaltet wird mit der Shimano CUES 11-fach-Schaltgruppe. Zum Stehen bekommt man das AllTrail 8 mit den eher seltenen TRP Slate T4-Bremsen ohne ABS-System. Genaugenommen hat Haibike noch eine weitere Varianten auf die Bühne rollen lassen: Denn zusätzlich gibt es im Portfolio noch eine voll ausgestattete Version für den weniger sportlichen Offroad-Einsatz, die auf den Namen ADVENTR hört. Sie setzt auf den gleichen vollgefederten Alurahmen wie das AllTrail und wird ebenfalls vom Bosch Performance Line CX-Motor angetrieben. Zur Vollausstattung dieses Modells gehören neben den Schutzblechen eine Beleuchtung von TRELOCK, ein Seitenständer und ein Easylife-Gepäckträger mit MIK-System und einer maximalen Belastbarkeit von 15 kg.

Das Haibike AllTrail Low 2025 im Praxistest

Startet man auf die Tour, fällt das Auf- und Absteigen dank des tiefen Oberrohrs besonders leicht. Man sitzt bequem und aufrecht im Sattel, sodass auch lange Tagestouren ein reines Vergnügen sind, ohne am Abend mit Rückenschmerzen vom Bike zu steigen. Dazu trägt auch das weiche Fahrwerk bei, das Bodenwellen gekonnt wegschluckt und im Uphill auf Schotterwegen für gute Traktion sorgt. Der Bosch Performance Line CX-Motor sorgt für die nötige Unterstützung und shuttelt einen ohne großen Kraftaufwand Richtung Gipfel.

Geht es bergab, steht man tief integriert im Bike und fühlt sich eher wie auf einem E-MTB als auf einem Tiefeinsteiger. Die hohe Front vermittelt viel Sicherheit, und sollten die Wege etwas unebener werden, lässt man durch das gestärkte Selbstbewusstsein die Bremsen einfach offen. Muss man doch plötzlich die Bremse ziehen, verhindert das ABS-System ein unkontrolliertes Rutschen des Vorderrads auf losem oder nassem Untergrund. Das Haibike AllTrail Low punktet mit einem intuitiven Handling und spricht Fahrer jeglicher Könnerstufen an. Lenkbefehle werden präzise umgesetzt, und das weiche Fahrwerk bügelt über Bodenwellen oder auch kleinere Wurzelteppiche. So meistern auch Einsteiger moderate Singletrails und Fortgeschrittene haben auch auf etwas technischeren Trails ihren Spaß. Hier merkt man allerdings, dass das Haibike dann an seine Grenzen kommt und eine erfahrene Hand benötigt.

Für wen ist das Haibike AllTrail Low 2025?

Das Haibike AllTrail Low ist für alle, die die Vorteile eines herkömmlichen Tiefeinsteigers – also tiefer Durchstieg und mehr Komfort – nicht missen wollen, aber dennoch ein gewisses Maß an Trail-Performance suchen. Durch das intuitive Handling werden sowohl Einsteiger als auch fortgeschrittene Fahrer glücklich und durch den großen Akku sind auch lange Touren kein Problem. Wer jedoch ausschließlich auf Trails unterwegs ist, sollte sich lieber ein performanteres E-MTB anschauen.

Fazit zum Haibike AllTrail Low 2025

Haibike stellt mit dem AllTrail Low ein innovatives Konzept vor. Dabei schaffen es die Schweinfurter, die Vorteile eines Tiefeinsteigers mit den Offroad-Fähigkeiten eines E-Mountainbikes zu kombinieren. Es holt Einsteiger und Fortgeschrittene ab, punktet jedoch vor allem in moderatem Gelände. Auf technischen Trails kommt es dann an seine Grenzen und will von einer erfahrenen Hand gelenkt werden – aber für technisches Gelände per se ist es ja auch nicht gemacht. Abgerundet wird das Haibike AllTrail Low durch eine dem Einsatz entsprechend passende Ausstattung und gelungene Optik.

Tops

  • außergewöhnliche Optik und innovatives Konzept
  • holt Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen ab
  • vereint E-Tiefeinsteiger und Mountainbike
  • gute Ausstattung fürs entsprechende Einsatzgebiet

Flops

  • kommt in grobem Terrain ans Limit

Für mehr Informationen besucht haibike.com


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als E-MOUNTAINBIKE-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, dass der E-Mountainbike-Sport auch weiter ein kostenloses und frei zugängliches Leitmedium hat! Jetzt Supporter werden!

Words: Mike Hunger Photos: Julian Lemme