Das richtige Setup ist essenziell, wenn ihr das Beste aus eurem Bike rausholen und jahrelang Spaß mit und auf ihm haben wollt. Wir haben uns deshalb mit den Profis von gebioMized unterhalten. Das Thema: Wie findet man die richtige Sitzposition?

Der E-Mountainbike Motor unterstützt uns zwar deutlich, dennoch sollte man den Faktor Mensch nicht vernachlässigen. Den Sattel perfekt auf euch einzustellen ist eine kostenlose Möglichkeit, mehr aus eurem Bike herauszuholen und bringt einfach unfassbar viel. Wahnsinn, wenn man sich vorstellt, dass man das all die Jahre falsch gemacht haben könnte!

Mit der Einführung der absenkbaren Sattelstützen haben viele vergessen, dass man die Sattelhöhe nach wie vor richtig einstellen muss. Wenn die Höhe per Knopfdruck verstellbar ist, muss man sich dann wirklich weiter darum kümmern? Ja, muss man! Bei Anstiegen und im Flachen, wenn ihr Kraft auf die Pedale bringen müsst, muss euer Sattel einfach passen.

Was mache ich, wenn mein Sattel nicht die richtige Höhe hat?

Ein zu niedriger Sattel macht nicht nur das Treten anstrengender, sondern kann auch zu Knie- und Rückenschmerzen führen, die länger bleiben als der Fahrspaß.

1. Unbequemlichkeit – was ihr sofort merkt

Ist der Sattel zu hoch, tut es weh. Ihr werdet hin und her rutschen, um das auszugleichen. Untersuchungen im Labor von gebioMized haben gezeigt, dass eine Höhenverstellung von nur 5 mm den Druck auf den Sattel um 15–20 % verringert.

2. Knieprobleme – was lange hält

Sitzt ihr zu hoch oder zu niedrig, geht das auf eure Knie, besonders auf die Patella (die Kniescheibe). Die Anstrengung, Kraft auf die Pedale zu bringen, konzentriert sich auf euer Kniegelenk.

Ein zu hoher Sattel führt zu Herumrutschen und Durchstrecken des Fußes, um die fehlende Länge auszugleichen.

3. Schmerzen im unteren Rücken – was euch keuchen lässt wie einen Opa

Eine falsche Sattelhöhe führt eher zu einer Links-Rechts-Bewegung der Hüfte, was die Bandscheiben der Lende reizt.

4. Kniesehnen – was euch watscheln lässt wie eine Ente

Gerade wenn ihr kurze Sehnen habt, führt eine falsche Sattelhöhe zu Verspannungen und sogar Krämpfen.

Ein zu niedriger Sattel macht nicht nur das Treten anstrengender, sondern kann auch zu Knie- und Rückenschmerzen führen, die länger bleiben als der Fahrspaß.

Bei der optimalen Sattelhöhe übernimmt der wichtige Gluteus Maximus 20–30 % der Kraftübertragung beim Treten – wenn eure Sattelstütze nur geringfügig falsch eingestellt ist, wirft das die Muskelspannung und -bewegung durcheinander und ihr verliert an Kraft.

Die Nachricht sollte klar sein: Die richtige Sattel- und Sitzposition muss her. Aber wie klappt das am besten?

Die beste Möglichkeit für die Satteleinstellung ist der Besuch bei einem professionellen Bike-Fitter, der mit einer dynamischen Kniegelenksmessung feststellt, wie ihr sitzen solltet. Das wolltet ihr aber wahrscheinlich nicht hören. Also zeigen wir euch ein paar einfache Möglichkeiten, um euren Sattel richtig einzustellen.

Nach ein paar Stunden mit einem zu niedrigen Sattel habt ihr absolut überflüssige Schmerzen in Knöcheln, Knien, der Hüfte und im Rücken – Zeit für eine Veränderung!

Optische Hinweise

Es gibt ein paar optische Hinweise, die euch sagen, ob mit eurer Sattelhöhe etwas nicht stimmt. Ihr müsst dazu jemanden bitten, eure Fahrposition zu beobachten.

  • Seitwärtsrutschen auf dem Sattel: Entweder euer Sattel ist zu hoch oder viel zu niedrig
  • Ausgestreckter Fuß: Streckt ihr euren Fuß durch, um die Tretbewegung rund zu machen? Euer Sattel ist zu hoch
  • Viel vom hinteren Teil des Sattels ist sichtbar: Euer Sattel ist zu hoch und ihr kompensiert das, indem ihr nach vorne rutscht

Die berühmte „Fersen-Regel“

Die Fersen-Regel bringt euch schon mal auf den richtigen Weg und darauf ein ganzes Stück weiter, sie ist aber noch nicht alles.

Was ihr braucht:

  • euer Bike
  • Inbusschlüssel
  • eure Bikeschuhe und Pedale
  • eine Trainingsrolle oder eine Wand, an die ihr euch anlehnen könnt

Zieht eure Schuhe an, setzt euch auf euer Bike und stellt die Füße auf die Pedale. Setzt dabei eure Ferse auf die Pedale, dann dreht ihr die Kurbel ein paar Runden rückwärts. Euer Bein sollte, wenn ihr am Boden der Kurbelbewegung seid (auf 6 Uhr), fast durchgestreckt sein. Stellt euren Sattel nun so ein, dass eure Ferse gerade so das Pedal berührt, wenn es ganz unten ist.

Setzt euch auf euer Bike, stellt eure Ferse auf euer Pedal und dreht die Kurbel auf die unterste Stellung. Wenn euer Bein gebeugt ist (wie auf dem Bild), erhöht euren Sattel, bis euer Bein gestreckt ist.
Erhöht euren Sattel bis euer Bein fast durchgestreckt ist, während eure Ferse auf dem an der untersten Kurbelposition befindlichen Pedal steht.

Jetzt stellt ihr euren Fuß „normal“ aufs Pedal. Euer Knie sollte jetzt leicht gebeugt sein, wenn ihr die Kurbel dreht. Ihr solltet darauf achten, dass ihr nie eure Hüfte absenken müsst. Lasst bei der ersten Fahrt jemanden hinter euch fahren, der sichergeht, dass ihr nicht mit der Hüfte „schaukelt“. Falls ihr das tut, senkt euren Sattel wieder etwas.

Stellt euren Fuß normal aufs Pedal – euer Knie sollte jetzt leicht gebeugt sein. Stellt sicher, dass ihr bequem sitzt und nicht schaukelt.

Die Fersen-Regel besticht durch ihre Einfachheit, die perfekte Sattelposition zu finden ist aber etwas komplizierter und Variablen wie Tibia, Femur und Fußlänge sollten Beachtung finden.

Die Holmes-Methode – jetzt kommen wir der Sache näher

Es gibt mehr als eine Formel, mit der ihr eure Sattelhöhe bestimmen könnt, aber wir finden diese am besten.

Was ihr braucht:

  • einen Rollentrainer oder ein flaches Areal, auf dem ihr herumfahren könnt und eine Wand zum Dagegenlehnen
  • ein Goniometer (gibt es bei Amazon für etwa 5 €)
  • farbige Klebepunkte oder irgendein undurchsichtiges Tape
  • einen guten Kumpel

Stellt euer Bike in den Rollentrainer und tretet ein paar Minuten, bis ihr das Gefühl habt, in der richtigen Position auf Pedale und Sattel zu sein (oder fahrt herum und lehnt euch schließlich gegen eine Wand). Bringt nun ein Bein in die untere Stellung, auf 6 Uhr. Klebt nun die farbigen Punkte auf 1. den Knochenbuckel an der Außenseite eures Knöchels, 2. den Punkt an der Außenseite eures Knies, wo es am weitesten hervorsteht und 3. den Knubbel an eurer Hüfte, an dem der Oberschenkelknochen ansetzt. Gegebenenfalls muss man die verschiedenen Punkte erfühlen, deshalb der Kumpel.

Nutzt farbige Klebepunkte oder Tape, um eure Ausrichtungspunkte zu markieren.
Klebt eine Markierung auf den Knochenbuckel an der Außenseite eures Knöchels.
Klebt eine Markierung auf das Kniegelenk, wo es am deutlichsten hervorsteht.
Klebt eine Markierung auf eure Hüfte, dort, wo der Oberschenkelknochen ansetzt.

Legt das Goniometer nun so auf euer Knie, dass seine Mitte auf der Markierung liegt. Die Schenkel sollten in Richtung der Markierungen an eurem Knöchel und eurer Hüfte zeigen. Lest nun bei ausgestrecktem Bein den Winkel vom Goniometer ab.
Für ein Optimum an Komfort und Kraft sollte der Wert zwischen 25 und 30° liegen. Stellt den Sattel höher oder tiefer ein, bis ihr einen entsprechenden Wert habt. Falls der Unterschied zu eurer normalen Position größer ist, wird sich das eine Zeit lang ziemlich seltsam anfühlen. Aber sobald ihr euch daran gewöhnt habt, werdet ihr den Zuwachs an Kraft und Performance feststellen.

Setzt das Goniometer auf der Kniemarkierung an und richtet es auf die Markierungen an Knöchel und Hüfte aus.
Lest den Winkel am Goniometer ab und verstellt die Sattelhöhe, bis der Wert zwischen 25 und 30° liegt.

 

Für diesen Artikel haben wir mit Lotte Kraus zusammengearbeitet, einer Physiotherapeutin und Biomechanik-Fachfrau bei gebioMized, einem Anbieter von Bike-Fitting und -Analyse. Lotte ist bei gebioMized zuständig für die International School on Cycling Optimization (ISCO), die Bike-Fitter aus den USA, Europa und Asien ausbildet. Als Bike-Analystin arbeitet Lotte derzeit mit dem World-Tour-Team Cervelo Bigla und Top-Athleten wie André Greipel. Sie weiß also, wovon sie spricht.

Weitere Infos zu gebioMized findet ihr bei diesen Blogposts zu geschätzter Sattelhöhe und dem Zusammenhang von Sattelhöhe und Kraftübertragung.


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Words: Catherine Smith, Lotte Kraus Photos: Trevor Worsey