Viele Interessen, ein Ziel – Der erste E-MOUNTAINBIKE Think Tank im UK
Es ist soweit: Die Entwicklung von E-Mountainbikes macht nicht mehr nur vorsichtige Schritte vorwärts, sondern riesige Sprünge. In vielen Märkten nimmt der Trend ordentlich Tempo auf – der perfekte Zeitpunkt für den ersten E-MOUNTAINBIKE Think Tank im UK! Mit Erkenntnissen, die weit über die Insel hinaus gelten.
Das Ziel des E-MOUNTAINBIKE Think Tank im UK war es, den Status quo sowie ungenutztes Tourismuspotenzial zu analysieren, wichtige neue Kundengruppen zu identifizieren und eine Vision für andere internationale Märkte zu gestalten. Für viele neue Märkte stellt der E-Sektor nicht nur eine Chance zur Wiederbelebung angespannter Bereiche dar, sondern auch eine Gelegenheit, eine fast grenzenlose neue Zielgruppe zu erreichen. Das Vereinigte Königreich ist ein sehr sensibler Markt und anfangs wurde der Einführung von E-MTBs unverblümte Feindseligkeit entgegengebracht. Seit wir 2013 das E-MOUNTAINBIKE Magazin herausgebracht haben, haben wir hautnah miterlebt, wie sich diese kategorische Ablehnung während der letzten beiden Jahre in Neugier verwandelt hat und dass E-Mountainbiken mittlerweile auch im UK ein Thema von großem Interesse ist.
In diesem Klima des Wandels waren wir als internationales Magazin der Meinung, dass es Zeit war, für die einflussreichsten Marken im UK eine neutrale Plattform für Diskussionen zu schaffen. Erst recht, da es in Italien und Deutschland bereits vier erfolgreiche Think Tanks gegeben hatte. Da E-Mountainbiken im UK noch immer seine Identität definiert, ist es wichtig für die dortige Industrie, sich zusammenzuschließen, um über die nächsten Jahre hinweg gemeinsam souveräne Schritte zu unternehmen. Deshalb haben wir die wichtigsten Marken zum Gespräch eingeladen: zum ersten E-MOUNTAINBIKE Think Tank auf britischem Boden. Dieser fand zwei Tage lang im Mountain Bike Centre of Scotland statt – perfekt gelegen im legendären Glentress Trailcentre.
Es galt, Verantwortung zu übernehmen für die nachhaltige Entwicklung von E-Mountainbiken im UK. Daher reisten von nah und fern Vertreter von Marken und Vertriebshändlern an, um an den Gesprächen und Workshops teilzunehmen – und es natürlich auch auf dem E-MTB richtig krachen zu lassen. Vertreter von Bergamont, Bosch, Canyon, CUBE, Endura, Giant, GHOST, Hope, Moustache, Orange und SCOTT waren anwesend, dazu gesellten sich Vertreter von Developing Mountain Biking in Scotland, E-MTB-Fahrtechnik-Trainer, Vertreter der Napier University sowie von Visit Scotland und natürlich das internationale E-MOUNTAINBIKE Magazin-Team, alle mit einer gemeinsamen Vision: einer strahlenden Zukunft für E-Mountainbiken im UK.
Die Möglichkeit zusammen mit der Industrie das große Potenzial von E-Mountainbikes zu diskutieren, war sehr konstruktiv und aufschlussreich. Sehr hilfreich waren dabei die Erfahrungen der letzten Jahre, die das E-MOUNTAINBIKE Magazin aus dem deutschsprachigen Raum mit uns teilte und die Daten der E-MOUNTAINBIKE-Leserumfrage. Holly Weatherstone CANYON UK
Das Timing für den Think Tank war perfekt und die Debatten waren hochgradig interessant. Auch wenn alle in unserer Gruppe das gleiche Ziel hatten, waren die Ansichten oft polarisierend. Zudem wurde klar, dass es nicht den einen richtigen Weg für das Vereinigte Königreich gibt – dafür aber viele falsche. Die Veranstaltung bot eine neutrale Plattform für konkurrierende Marken, ihr „Stück vom Kuchen“ für einen Moment zu vergessen und stattdessen zu diskutieren, wie sich der Markt für alle größer machen lässt. In den folgenden Punkten teilen wir einige Highlights der Diskussionen mit euch:
Der Status quo im UK
Im UK herrscht noch immer beträchtliche Verwirrung und Unsicherheit darüber, wie man einen guten E-MTB-Kauf tätigt und diverse Missverständnisse über die Funktionen von E-Mountainbikes sind nach wie vor weit verbreitet. Bestes Beispiel: „Hat es einen Gashebel?“ Verstärkte mediale Kommunikation mit dem breiten Massenpublikum ist unerlässlich, um ein Bewusstsein für das Potenzial von E-Mountainbikes zu schaffen. Der SUV- und Commuting-Einsatz von E-Mountainbikes, wie man ihn im deutschsprachigen Raum häufig findet, ist im UK aufgrund der schwachen Verkehrsinfrastruktur für Bikes aktuell sehr gering. Das Spektrum der potenziellen Zielgruppen wurde kaum erfasst. Bei den Core-Mountainbikern wächst die Akzeptanz zwar schnell, wie auch die Daten unserer Leserumfrage zeigen, aber es gibt noch immer keine klare Vision oder Identität für E-Mountainbiken im Vereinigten Königreich. Wo das UK jedoch stark ist, sind die vielen grandiosen Events, die Testgelegenheiten bieten – jedoch sind die Testbike-Flotten noch immer zu klein, um das Potenzial voll ausnutzen zu können. Progressive Destinationen wie der Bikepark Wales haben E-MTBs bereits akzeptiert und entwickeln E-spezifische Tourismusmöglichkeiten.
Das Erreichen neuer Zielmärkte
Die Teilnehmer des Think Tank zogen bald mehrere Schlüsse: Obwohl der Kernmarkt für E-Mountainbikes nicht vernachlässigt werden darf, sollte man sich nicht nur auf „konvertierende“, bereits aktive Mountainbiker konzentrieren. Denn das bindet wertvolle Ressourcen im Kampf um Akzeptanz und Gleichbehandlung. Eine zu eng gefasste Zielgruppe lässt den Markt nicht wachsen – sie lässt die Größe der traditionellen Märkte sogar schrumpfen. Stattdessen sollten vielmehr Anstrengungen unternommen werden, neue Kunden zu erreichen. Daher identifizierten wir gemeinsam die neuen Nutzer, diskutierten und entwickelten Strategien, wie diese zu erreichen sind: Familien, Fitness-Biker, Reha-Biker, Offroad-Commuter und Millennials – hier kann wahres Potenzial entdeckt werden. Die Teilnehmer stimmten überein, dass der Erfolg weniger im Schaffen von Helden und Idolen liegt als in einer zugänglichen Inspiration, mit der sich jedermann besser identifizieren kann. Die Beteiligten stimmten außerdem überein, dass E-MTBs für den traditionellen Mountainbiker oft als Kompromiss gelten, während sie für den neuen Fahrer die Speerspitze der Technologie und Innovation darstellen. Daher ist es wichtig für eine Industrie, die größtenteils von alteingesessenen Mountainbikern geformt wurde, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Bedürfnisse der neuen Fahrer bzw. Zielgruppen zu verstehen.
Tourismus-Potenzial
Solange Akku- oder E-Mountainbike-Verleih noch nicht breit gefächert vorhanden ist, macht die Lage als Insel das UK zu einem schwierigen Reiseziel für internationalen E-MTB-Tourismus. Doch auch das einheimische Tourismuspotenzial ist noch immer weitestgehend ungenutzt. Mit einem umfassenden Netzwerk an Trailzentren und fantastischer Infrastruktur ist das UK bereits gut vorbereitet für eine mühelose Integration von E-Mountainbikes in das bestehende Bike-Angebot. Die überdurchschnittlich kaufkräftigen E-Mountainbiker bieten eine einzigartige Gelegenheit, vergessenen Trailnetzwerken und Bike Hotspots neues Leben einzuhauchen. Einige Maßnahmen könnten helfen, eben diese Gelegenheit besser zu nutzen: eine verbesserte Kommunikation mit anderen Trail-Nutzergruppen, ladefreundliche Cafés, größere Verleihflotten, familienfreundliche Schotterstraßen und Uphill-fokussiertes Traildesign.
Zusammenkommen ist ein Beginn. Zusammenbleiben ein Fortschritt. Zusammenarbeiten ein Erfolg. Henry Ford
Nach den intensiven Seminarveranstaltungen tat es gut, auch mal etwas Dampf aus den rauchenden Köpfen abzulassen – und wo ginge das besser als in den speziell dafür errichteten Trailzentren von Glentress und Innerleithen? Die interessanten Gespräche dauerten an, während wir durch die Wälder jagten und sowohl bergauf als auch bergab flott unterwegs waren. Es ist einfach fantastisch, wie viele Trails man mit einer begeisterten und motivierten E-MTB-Gruppe genießen kann! Wer uns vorbeifliegen sah, wird keinen Zweifel daran gehabt haben, wie viel Spaß wir hatten. Wir als E-MOUNTAINBIKE Magazin nutzten außerdem die Gelegenheit, detaillierte, anonymisierte Resultate von unserer diesjährigen Leserumfrage zu teilen. Mit über 11.000 Antworten von unseren Lesern gab es für einige Marken so manche erstaunliche Überraschung.
Der erste E-MOUNTAINBIKE Think Tank im UK war ein voller Erfolg für alle Beteiligten. In den nächsten Jahren kommen tiefgreifenden Veränderungen auf die Bikewelt zu – und denen begegnet man auch im Vereinigten Königreich am besten mit vereinten Kräften. Der UK Think Tank hat uns viele Dinge gelehrt, er hat aber vor allem gezeigt, wie aufgeschlossenes Networking die Entwicklung des Sports für alle fördert. Deshalb haben das E-MOUNTAINBIKE Magazin und alle teilnehmenden Marken nun ein klares gemeinsames Ziel: Zusammen wollen wir E-Mountainbiken im UK erfolgreicher machen.
Wenn auch ihr Teil des nächsten E-MTB Think Tank im UK sein wollt, wendet euch bitte an Trevor Worsey Trevor Worsey
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