Inspiration Szene

Bereit für eine bessere Zukunft? Was wir von Baywatch, dem neuen Porsche Taycan Cross Turismo und Surfern für die Bike-Branche und Bike-Community lernen können

Die Bike-Branche und -Community verändern sich rasant – das erfordert ein neues Selbstverständnis, neue Ansätze, aber auch die Bereitschaft für Wachstum und Weiterentwicklung. Als E-MOUNTAINBIKE Magazin haben wir eine Vision für die Chancen und Herausforderungen der Zukunft entwickelt. Bereit, mit uns durchzustarten?

Der neue Zeitgeist und die neue E-MTB-Generation

Es ist immer wieder verblüffend, was innerhalb eines Jahres passieren kann. Nicht nur technologisch, sondern vor allem auch gesellschaftlich. Als wir Anfang 2020 die E-MOUNTAINBIKE-Evolutionstheorie präsentierten, in der es um neue Potenziale, Marktbedürfnisse und Zielgruppen ging, erfuhren wir eine interessante Mischung aus begeisterter Zustimmung, kritischer Diskussionsbereitschaft und Ablehnung. Die Evolutionstheorie stellte den Status quo und viele Bike-Entwicklungen infrage, die durch traditionelles Denken und jahrzehntelange Erfahrung geprägt wurden, aber dabei die realen Bedürfnisse von E-Mountainbikern verfehlten. Ganz im Geiste von Charles Darwin prognostizierten wir, dass nicht der Stärkste, sondern der am besten Angepasste das Rennen in der E-MTB-Evolution machen würde. Welcher Hersteller versteht die Anforderungen und Bedürfnisse der neuen Generationen von Bikern und kann sich am besten an den neuen Zeitgeist und die Marktbedürfnisse der Zukunft anpassen? Wer sieht Trends voraus, statt ihnen nur hinterherzulaufen, und löst mit seinen Produkten die realen Probleme der Kunden? In der ganzen Evolution der Menschheit ging es nie darum, wo man war, sondern stets darum, wo man hinwollte. Und genau dieses Mindset braucht es für die Gewinner von morgen.

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.

Dieses Zitat wird oft Albert Einstein zugeordnet, aber wer auch immer es tatsächlich gesagt hat – in dieser Hinsicht hatte er oder sie recht! Nach wie vor schwirren viele Dogmen und über Jahrzehnte festgefahrene Überzeugungen in der Bike-Szene umher, die sich am Erkenntnisstand und an den Zielgruppen der Vergangenheit festklammern. Dabei gilt damals genauso wie heute: Wer sich gegen Veränderungen wehrt, bewahrt nicht die Gegenwart, sondern verliert lediglich die Zukunft. In diesem Sinne war unsere E-MOUNTAINBIKE-Evolutionstheorie ein Weckruf für die Bike-Industrie und die Bestätigung der Pionierarbeit vereinzelter Hersteller.

Nun erfordert der aktuelle Zeitgeist die Emanzipation des E-Mountainbikes von eben solchen festgefahrenen Überzeugungen. Es geht darum, das nach wie vor unterschätzte Potenzial der neuen E-MTB-Generation zu verstehen und ihre unglaublich diversen Anwendungsbereiche zu umarmen, statt die Bikes in starre Kategorien zu pressen. Kurz: Es geht um die Zukunft des E-Mountainbikes.

Es gibt keine klaren Kategorien mehr. Der Trend geht zum Allrounder, der Alltagsnutzen, Image, Lifestyle und Sport miteinander verbindet.

Corona hat die ohnehin schon angelegte Entwicklung beschleunigt und als Katalysator für zahlreiche Veränderungen gedient. Der Bike-Boom hat E-Mountainbiken über alle Gesellschaftsschichten hinweg nicht nur zur angesagtesten Freizeitbeschäftigung gemacht, sondern auch zahlreiche neue Zielgruppen, Bedürfnisse und einen neuen Zeitgeist offenbart.

Das Interessante an dieser Diversifizierung der Zielgruppen ist, dass sie keine Spezifizierung, sondern eine Generalisierung der Produkte erfordert – und das hat drei klare Gründe:

  1. 100 % der Produktperformance werden ausgesprochen selten ausgenutzt. Wenn man nicht gerade Walter Röhrl heißt, dann kann man das Potenzial eines Rennwagens schlichtweg nicht ausschöpfen.
  2. Ein E-Mountainbike wird heutzutage von ein und derselben Person oder ein und demselben Haushalt auf unterschiedlichste Weise genutzt: vom Pendeln auf die Arbeit über die Fahrt zur Eisdiele bis hin zu Touren oder der ultimativen Trailjagd in den Alpen. Egal wer, egal wo – das richtige Bike ist Ausdruck des eigenen Lifestyles.
  3. Generalisierte Produkte sind mittlerweile technisch möglich!

Summa summarum: Der Trend geht zum Allrounder, der Alltagsnutzen, Image, Lifestyle und Sport miteinander verbindet. Diese Tendenz sieht man auch immer mehr im Automobilbereich: E-Autos wie der neue Porsche Taycan Cross Turismo wollen (und können) vermeintliche Gegensätze in ein und demselben Produkt vereinen. Der Taycan Cross Turismo ist ein wahrer Alleskönner – schneller Sportwagen, 4×4-Abenteurer, komfortable Limousine, zweckmäßiges Alltags- und Familienauto. Die Mischung aus Marke, Image, Performance, Lifestyle und Vielseitigkeit ist wichtiger denn je.

Zumindest für die breite Masse! Luftgekühlte 911er-Enthusiasten mögen den Taycan Cross Turismo als Verrat und Frevel ansehen – das tun sie auch bei anderen Bestsellern der Zuffenhausener, z. B. beim Cayenne, beim Macan oder bei Komfort-Features wie einem Navi im 911er. Was man aber dabei nicht vergessen darf: Ohne diese Bestseller und Features, die breiter gefächert neue Zielgruppen ansprechen, könnten die puristischen Motorsport-Freaks sich vermutlich ebenso wenig über Wasser halten. Schließlich erschaffen Mainstream-Produkte oftmals erst die finanzielle bzw. wirtschaftliche Basis für die Core-Szene. Und es wären unglaublich viele Menschen traurig, wenn ihre favorisierte Marke kein für ihre Bedürfnisse passendes Produkt im Portfolio hätte. Wie das im Bike-Bereich aussehen kann, haben Hersteller wie Riese & Müller über die letzten Jahre gezeigt, die mit einem vollkommen neuen Mindset und Produktdesign wegweisende Produkte für neue Zielgruppen und deren Bedürfnisse geschaffen haben. Denn in der Regel will niemand ein bestimmtes Produkt, sondern eine Lösung für die eigenen individuellen Ansprüche oder Probleme!

Greenwashing? Mag sein – aber allen Diskussionen um das Buzzword Nachhaltigkeit zum trotz: Elektromobilität macht Spaß und ist faszinierend!

Dass der neue Taycan mit einem integrierten Fahrrad-Heckträger gelauncht wurde, zeigt mittlerweile den Stellenwert von Bikes in der Gesellschaft. In diesem Kontext ist es wichtig, dass die Bike-Branche beginnt, größer zu denken und über Jahrzehnte eingefahrene Denkmuster zu verlassen. Die klassischen Bike-Kategorien verlieren rasant an Bedeutung – und dieses Schicksal ereilt auch die Spezialisten, die immer mehr in ihre Nische zurückgedrängt werden. Resilienz, Anpassungsfähigkeit und Variabilität gehören zum Zeitgeist der Gesellschaft. Und zu der neuen E-MTB-Generation. Statt Spezialisierung und Extremen suchen wir die Mitte, die Vereinbarkeit von Gegensätzen, kurzum: den besten Allrounder! Wir sind schon lange über den Punkt heraus, in dem wir mit E-Mountainbikes nur den Sport verändern, wir verändern die allgemeine Alltagsmobilität sowie Freizeitgestaltung – und damit die Gesellschaft! Die entscheidende Frage ist nur: wie? Oder besser gesagt: Was ist unser Ziel?

In welcher Zukunft wollen wir leben?

Man sagt, geteilte Freude sei doppelte Freude. Aus eigener Erfahrung können wir festhalten: Fürs E-Mountainbiken stimmt das auf jeden Fall! Deshalb ist uns als E-MOUNTAINBIKE Magazin auch so wichtig, dass möglichst viele Leute an dieser Freude teilhaben können, dass ihre Bedürfnisse gesehen und beachtet werden und dass sie selbstbestimmt den Sport so ausüben können, wie es zu ihnen passt.

Die immer vielseitigeren Ansprüche und Bedürfnisse der E-Mountainbiker spiegeln sich auch in den zahlreichen Leserbriefen, den Leserzahlen unserer Artikel zu diesen „neuen“ Themen sowie in unserer jährlichen E-MOUNTAINBIKE-Leserumfrage wider. Mit über 13.500 Teilnehmern ist sie nicht nur die größte und repräsentativste Umfrage der E-Mountainbike-Welt und gibt ungefiltert Auskunft über die aktuellen Bedürfnisse am Markt. Sie hat logischerweise auch großen Einfluss auf unsere redaktionelle Arbeit und Ausrichtung. Mit eurer Teilnahme stärkt ihr uns den Rücken und sorgt dafür, dass wir wissen, was euch beschäftigt. Dadurch können wir besser relevante und zeitgemäße Vergleichstests und Storys produzieren. Unser Auftrag speist sich aus diesem Feedback.

Zahnspange und E-Motor? Viele Kids sind mittlerweile nicht nicht nur Digital-Natives, sondern auch E-MTB-Natives! Und gehen auch richtig ab!

Doch in einem Markt, der sich rasant weiterentwickelt, braucht es weitaus mehr. Es braucht eine Vision, die mit Pioniergeist neue Wege beschreitet und dabei die gesellschaftlichen Entwicklungen im Blick hat: E-Mountainbikes sieht man mittlerweile nicht mehr nur – stereotypisch – zwischen den Beinen von betagteren weißen Herren auf Touren und Trails. Sie begeistern alle Gesellschaftsschichten, Ethnien, Geschlechter und Altersgruppen in den unterschiedlichsten Alltags- und Freizeitsituationen. Dazu passt, dass nun auch Offroad-Tiefeinsteiger und Kids-E-Mountainbikes an Bedeutung gewinnen. Eine weitere Entwicklung ist in Stuttgart, der Geburtsstätte des Automobils, zu beobachten: Bei einigen Jugendlichen dort lösen E-MTBs das Auto bereits als wichtigstes Statussymbol ab und sind auf dem besten Weg, zum Ausdruck neuer urbaner Subkulturen und der Pop-Kultur zu werden. Sie konkurrieren jetzt mit Markenklamotten, Sneakern und dem iPhone. Damit entwickelt sich das E-MTB zu einem Sportgerät von gesellschaftlicher und verkehrspolitischer Bedeutung oder besser gesagt zu einem alternativen Verkehrsmittel und Statussymbol (sub-)urbaner Kultur.

DAS Beste gibt es nicht mehr

Wie vielen Menschen sind wir in unserem Leben schon begegnet, die meinten, es besser zu wissen, es aber selbst nicht besser gemacht haben? Die uns, unser Handeln oder unsere Besitztümer schlechtgeredet haben, ohne „es“ selbst je ausprobiert oder besessen zu haben? Fakt ist: Wir leben in einer Zeit, in der Leute oft Fakten und Meinungen miteinander verwechseln. Beides ist wichtig in einer Gesellschaft, aber was für den einen gut und richtig ist, mag für den anderen schlichtweg nicht passen. Jeder Mensch ist individuell, hat sein eigenes Wertesystem, seine eigenen Ansprüche und Bedürfnisse. Ein absolutes Urteil darüber kann nur die Person selbst fällen, schließlich ist sie auch die einzige Person, die ihr Leben leben kann.

Das „Beste“ stirbt in diesem Kontext langsam aus. Denn in einer vieldeutigen und komplexeren Welt kann es das Beste nur noch für einen bestimmten Anwendungsbereich und für spezifische Anforderungen und Bedürfnisse geben. Das „Beste“ funktioniert nur in Verbindung mit den Fragen „Für wen?“ und „Für was?“. Deshalb integrieren wir in unseren Bike-Vergleichstests auch stets weitere Empfehlungen für spezielle Einsatzbereiche, um der Bandbreite der Bedürfnisse gerecht zu werden. Wenn wir das „Beste“ suchen, dann bezieht sich das auf den Allrounder, der das meiste am besten kann. Beim Motoren-Vergleichstest verzichten wir gar auf einen Testsieger, weil ein Motorsystem immer nur so gut sein kann wie das Bike, in dem es steckt! Auch wenn sich jeder einfache Wahrheiten wünscht, ist die Realität schlichtweg komplexer. Ein differenzierter Blick schafft deutlich mehr Verständnis und Orientierung.

Unser Mantra: The right tool for the job

Schon mal mit einem Messer zur Schießerei gegangen? Oder mit dem dicken SUV auf eine Klima-Demo gefahren? Manche Dinge passen nicht so richtig – und so ist es auch in der sich rasant entwickelnden E-Mountainbike-Welt: Die Community, die Technik, unser Umfeld und der Zeitgeist verändern sich stark und stellen uns damit vor neue Herausforderungen, bieten aber vor allem große Chancen.

Die Themen Kaufberatung und Marktentwicklung sind die Steckenpferde unserer redaktionellen Arbeit. Dabei geht es nicht nur um Kompetenzen und Know-how, sondern vor allem eines: Verständnis. Denn eine Bewertung eines Produkts ist nur so hilfreich wie die zuvor festgelegten und als relevant eingestuften Kriterien. Und wenn sich der Markt ändert, dann muss man Kriterien immer wieder infrage stellen und überdenken. Veränderung ist ein kontinuierlicher, wechselseitiger Prozess: Verändert sich der Markt, muss sich das Produkt verändern. Und verändert sich das Produkt, verändert sich der Markt. In diesem stetigen Wandel liegen Herausforderungen, aber auch große Chancen für alle, die sie erkennen.

Ein gutes Beispiel sind Trekking-E-Bikes, die eine Mischung aus MTB- und City-Bike darstellen. Im Vergleichstest dieser Ausgabe prognostizieren wir den Tod des Trekking-E-Bikes. Nicht weil es den Bedarf Trekking, Fahrradtouren und Radreisen nicht mehr gibt, sondern vielmehr, weil das Produkt Trekking-E-Bike den Anforderungen und Bedürfnissen der Trekking-Fahrer nicht mehr so gut gerecht wird, wie es andere Bikes tun. Denn weil man unbedingt an vermeintlich Altbewährtem festhalten wollte, ist die Elektrifizierung des Trekking-E-Bikes schlichtweg misslungen. Das Tragische daran: Über 35 % der E-Bikes, die in Deutschland jährlich verkauft werden, sind nach wie vor klassische Trekking-E-Bikes. Dabei verschwenden viele Kunden ihr teuer verdientes Geld, indem sie ein Bike kaufen, das viel weniger kann, als das Marktangebot an Bikes mittlerweile bietet.

Allzu häufig verwechselt man technische Eckdaten mit dem Mehrwert. Ja, für den Bike-Nerd bieten die technischen Eckdaten einen Mehrwert – aber jeder Rennfahrer weiß, dass es bei einem Sportwagen nicht auf die PS ankommt, sondern darauf, wie die PS auf die Straße gebracht werden. Betrachtet man E-Mountainbiken aus der Vogelperspektive, merkt man, dass es beim Bike oftmals gar nicht ums Bike an sich geht, sondern um viel mehr.

Stellt euch ein Produkt vor, das …

  • …euch an neue Orte bringt, an die ihr sonst nie gekommen wärt.
  • …euch erlaubt, eure Umgebung aus einer neuen Perspektive zu entdecken.
  • …euch schneller aus dem Alltag heraus in die Natur führt.
  • …euch hilft, neue Menschen kennenzulernen und neue Freundschaften zu schmieden.
  • …eure Fitness und Ausdauer aufs nächste Level bringt.
  • …angesagt, cool und stylish ist!
  • …für Spannung, Abenteuergefühle und Abwechslung nach Feierabend oder am Wochenende sorgt!
  • …die Art und Weise, wie ihr auf die Arbeit pendelt, verändert und euer ökologisches Gewissen beruhigt.
  • …wie Meditation ist – mit jeder Pedalumdrehung beruhigen sich die Gedanken.
  • …euch und euren Mut herausfordert, neue Trails zu fahren, Neues zu lernen und eure Grenzen zu verschieben.
  • …euer technisches Verständnis verbessert, technisch fasziniert und aus einigen von euch wahre Tech-Nerds macht.
  • …dafür sorgt, dass ihr euch lebendiger fühlt und das Leben intensiver genießt.
  • …euch erlaubt, mit Familie und Freunden neue Erlebnisse zu machen – ganz egal wie unterschiedlich die Fitness-Level ausfallen.
  • …einfach geil ist.

Ein (E-)Mountainbike kann all das in einem Produkt sein – es ist ein Tool bzw. Werkzeug, das diese Wünsche erfüllen oder die Lösung für diese Anforderungen sein kann.

Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken. – Galileo Galilei

Mit unserem Mantra „the right tool for the job“ gehen wir neue Wege und denken bei unserer redaktionellen Arbeit nicht mehr in Produktkategorien, sondern ergebnisoffen in grundlegenden Bedürfnissen, Erlebnissen und ganz pragmatischen Anforderungen. Nicht die technischen Eckdaten dürfen eine Kategorie bestimmen, sondern die tatsächliche Tauglichkeit des Produktes für den Verwendungszweck, differenziert nach den unterschiedlichsten Bedürfnissen – denn jeder Mensch fährt, belastet und nutzt sein Bike auf andere Weise. Unser redaktioneller Anspruch ist es deshalb, euch – egal ob Experte oder Einsteiger – mit allen relevanten Informationen zu versorgen, die ihr braucht, um eine fundierte, selbstbestimmte Kaufentscheidung zu treffen.

Die übergeordneten Fragen lauten immer: Welche Bedürfnisse und Probleme existieren da draußen? Und wie können sie gestillt und gelöst werden? Welche neuen Herausforderungen könnten sich ergeben? Was ist der eigentliche Mehrwert, den ein bestimmtes Bike bietet? Mit diesem Ansatz ist man auf einem guten Weg, nicht in den Mustern der Vergangenheit stecken zu bleiben und sich in sekundären technischen Eckdaten zu verlieren. Denn die sind vielleicht im Rennsport wichtig, aber selten im Alltag.

Hat man diese Fragen beantwortet, kann man sich an die technische Lösung des Problems machen. Entsprechend verwundert es nicht, dass immer mehr neue „Lösungen“ kreiert werden, die schwer in Kategorien zu stecken sind – schlichtweg, weil sie Bedürfnisse auf bestmögliche Art und Weise lösen statt sich als Trittbrettfahrer-Produkt an bestehenden Produktkategorien zu orientieren. Kurz: Sie sind die Antworten auf die Frage nach dem „right tool for the job“! Und das richtige Tool für den Job ist das Bike, das die spezifischen individuellen Bedürfnisse am besten abdeckt – und dabei trotzdem oft mehr als nur eine einzige Sache sehr gut können muss.

Ihr sucht ein Bike, das leicht im Handling und beim Manövrieren ist, ob bei Vollgas auf den schönsten Trails oder auf langen Touren mit geringer Motorunterstützung? Dann sind Light-E-MTBs einen genaueren Blick wert!
Pendeln im Alltag bei Dunkelheit, Wind und Wetter? Genussreiche Wochenendtouren mit Gepäck, komfortable Touren und Tagesausflüge? Ein voll ausgestattetes E-MTB mit Schutzblechen, Gepäckträger und Lichtanlage kann den Job am besten machen!
Gemäßigte Touren im Gelände, wobei ein bequemer Auf- und Abstieg super wichtig ist? Dann könnte ein Offroad-Tiefeinsteiger die passende Lösung sein.
Überlandfahrten mit viel Gepäck? Oder Auto-Ersatz in der City mit genügend Platz für den Einkauf oder die Kids? Ein Offroad-Cargo-Bike ist genau dafür gemacht!
Sportliche Radtouren und -reisen auf befestigten Rad- und Forstwegen? Vielleicht ist ein (E-)Gravel-Bike eine Überlegung wert.
Ihr seid vor allem in der City unterwegs und wünscht euch zusätzliche Fahrsicherheit bei Querrillen, Straßenbahnschienen und Bordsteinkanten? Oder seid ihr auf der Suche nach Prestige, Image und Lifestyle? SUV-E-Mountainbikes bringen den MTB-Spirit in die City und glänzen gegenüber jeglichen urbanen Bikes mit einem großen Plus an Komfort, Sicherheit und oftmals auch Style!
Ihr sucht nach einem digitalen Wettkampf in der realen Welt? Dann könnt ihr ein vernetztes Bike wie von Greyp ins Auge fassen oder auf das richtige Equipment setzen: Smartphone oder Smartwatch helfen beim Tracking und automatischen Upload.

Chancen, Herausforderungen und Entwicklungen der Bike-Branche und Bike-Community

Ihr habt bei der Überschrift primär an die offensichtlichen Herausforderungen der Jahre 2021 und 2022 in Bezug auf steigende Preise, Lieferengpässe und limitierte Verfügbarkeiten gedacht? Das sind zwar alles wichtige Punkte, wir wollen sie in diesem Kapitel aber nur kurz abhandeln. Ausführlich haben wir das bereits online getan. Uns geht es hier vor allem um die langfristigen Bike-bezogenen Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen sowie ihre tiefer liegende Bedeutung für die Branche und Community, sprich für alle Biker!

Neue Marken, neue Player und neue Zielgruppen sorgen nicht nur für ein enormes Wachstum der (E-)Bike-Branche, sondern auch für zahlreiche Veränderungen. Manche davon waren längst überfällig, andere gehen hingegen mit dem Wachstum einher. Was es dafür braucht? Verständnis, Geduld und ein neues Mindset. Wir geben euch den Überblick über die wichtigsten Themen.

Es findet aktuell einer der größten Umbrüche in der Bike-Welt statt. Ehemals lineare Strukturen sind inzwischen stark vernetzt. Konsolidierungen, neue Allianzen, Entwicklungsstrategien und Arbeitsprinzipien sind hierbei genauso große Themen wie der Bedarf an neu gedachten Service-Angeboten. Denn Biken ist nicht mehr Nische, sondern mit voller Wucht im Mainstream angekommen und die angesagteste Freizeitbeschäftigung 2021!

Bike-Boom in der Krise?

Steigende Preise, limitierte Verfügbarkeit und schwankende Qualität sind Themen, die uns 2021 und 2022 zweifelsohne begleiten werden. Die aufgrund von Corona und Hygiene-Konzepten eingeschränkte Produktion, die Ressourcenknappheit von Aluminium, teils 600 Tage lange Lieferzeiten sowie die deutlich gestiegenen Frachtkosten und zusätzliche Steuern durch den Brexit sind einige der Gesichtspunkte, mit denen vor allem die Bike-Hersteller zu kämpfen haben. Dabei kommen einige in echte Cashflow-Probleme, weil sie die Lager zwar voll haben, aber die Bikes aufgrund einzelner fehlender Teile nicht fertig produzieren und ausliefern können. Entsprechend müssen Hersteller aktuell sehr flexibel sein und mit ihren Produktionszeiträumen jonglieren. Die limitierten Produktionskapazitäten der großen Produzenten in Asien sorgen nicht nur dafür, dass die Nachfrage nicht mal ansatzweise befriedigt werden kann, sondern bringen zugleich vor allem die kleinen Marken in Bedrängnis, die keine Produktionsslots mehr erhalten und die schlichtweg nicht die Power haben, um solche angespannten Zeiten unbeschadet zu überstehen. Hinzukommen längere Abstimmungsprozesse und endlose Online-Meetings, in denen immer weniger Raum und Zeit bleibt, um sich mit den langfristigen Herausforderungen und Chancen auseinanderzusetzen.

Gerade in Wachstumszeiten mit vielen Neueinsteigern in den Sport ist es wichtiger denn je, Markenbildung und Kommunikation zu betreiben und an der Markensichtbarkeit zu arbeiten, um diese Bike-Neulinge abzuholen, aufzuklären und ihnen die eigenen Werte näherzubringen. Studien in der Corona-Krise haben dabei ergeben, dass Marken, die trotz Marktunsicherheit in Kommunikation investierten, deutlich an Markenbekanntheit gewannen. Und das gilt auch in der Bike-Branche – selbst wenn man ausverkauft ist: Kümmert euch um die Community sowie eure neuen Fans, erzählt eure Storys und sorgt für Inspiration!

Die Bike-Community im Wandel: Respekt und Toleranz statt Arschloch-Surfer

Lasst uns bitte nicht die gleichen Fehler wie die Surf-Szene machen! Surfing ist eine der coolsten Sportarten auf diesem Planeten, aber jeder, der sich an einem angesagten Spot schon mal ins Wasser getraut hat, weiß, dass sich darin viele Arschlöcher tummeln. Man versucht sich gegenseitig die Wellen streitig zu machen, gönnt anderen keine Welle und duldet keine „Fremden“. Egoistisch, intolerant und protektionistisch wird um Territorien gekämpft – häufig sogar mit nackten Fäusten. Das sieht man zwar weder in den heroischen Surf-Filmen noch in den Clips von Deus Customs und Co., aber dafür in der Realität.

Bislang waren die Bike-spezifischen Zielgruppen stets sehr homogen, aber das hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Nicht nur klassische Mountainbiker finden sich mittlerweile auf E-MTBs wieder, sondern alle Geschlechter und Könnensstufen. Die E-Bike-Zielgruppe kennt keine Grenzen mehr und überspannt auch alle Generationen – von Kids bis hin zur Oma.
Und damit es in Zukunft kein Thema mehr ist, wollen wir es jetzt thematisieren: Es geht beim Biken nicht darum, woher man kommt, wie man fährt und wie man aussieht, sondern darum, dass jeder auf seine eigene Weise Spaß daran hat. Wichtig ist jedoch, dass alle verstehen, dass sie Teil eines größeren Ganzen sind – nämlich der Bike-Community.

Jede Vielfalt braucht Respekt, Toleranz, Verständnis und Regeln, d. h. eine gewisse Anleitung und Hilfestellung für die Bike-Anfänger ist unerlässlich. Und das ist die Aufgabe der bestehenden Bike-Community sowie der Industrie und von uns Medien. Statt über die „Assis“, „Anfänger“ oder Rowdies zu fluchen, sollten wir den Dialog suchen, Meinungen und Perspektiven austauschen und für Verständnis sorgen. Statt Fronten verhärten zu lassen, müssen wir sie aufweichen. Und das geht nicht, indem wir Leute apostolisch zu bekehren versuchen. Denn das macht sie meist nur sturer. Auch auf den Trails gilt: Ein Idiot bleibt ein Idiot, egal ob er mit dem Rad, Auto oder zu Fuß unterwegs ist.

Das Hollywood-Imagee von Baywatch Kelly Slater oder die Instagram-illusion des surfenden Öko-Hippies haben mit der Realtität nicht viel zu tun: Kaum ein Sport erscheint protektionistischer als das Surfen. Lasst uns bitte nicht die gleichen Fehler machen!

Der Wald ist ein Ort des Miteinanders – das gilt für Wildtiere, Reiter, Fußgänger und Radfahrer genauso wie für Jäger und Förster. Rücksichtslosigkeit kann in diesem Fall nur schaden. Deshalb: Lasst uns alle gemeinsam unsere Egos zurückschrauben und den unterschiedlichen Menschen im Wald – und auch im Alltag – mit einem freundlichen Lächeln und Respekt begegnen. Das wird zwar nicht immer erwidert werden, aber in den meisten Fällen wirkt es Wunder. Könnt ihr uns glauben!

Unter Bikern ist es egal, was für ein Bike man fährt und wie schnell oder langsam man ist. Niemand hat mehr, aber auch nicht weniger Recht als ihr, dort zu sein, zumindest wenn ihr auf legalen Wegen unterwegs seid. Also freut euch vielmehr auf tolle Begegnungen und Gespräche beim Trailsurfen im Wald, vielleicht entstehen daraus ja neue Bekannt- und Freundschaften! Denn genau diese Chance verpassen so viele Surfer – und deren Fehler wollen wir ja wohl vermeiden, oder?

Unsere Bike-Trails brauchen dich – und eine Lobby!

Die Rechnung ist einfach: Mehr verkaufte Bikes ergibt mehr Biker in den Wäldern. Auch wenn viele Neueinsteiger vorwiegend auf Schotterstraßen und Feldwegen unterwegs sind, steigt auch der Nutzungsdruck auf den Singletrails. Nicht unbedingt auf den krassen oder gut versteckten Wegen, aber auf denen, die ohnehin hoch frequentiert sind. Da man den Bikern nur schwer das Biken verbieten kann – auch wenn es zunehmend zu Konflikten kommt – so kann jeder Biker doch einiges tun, um die Bike-Community voranzubringen: Vernetzt euch! Engagiert euch! Organisiert euch! Rund um den Globus sprießen neue Trail-Projekte aus dem Boden und zahlreiche bestehende oder neu gegründete Vereine sorgen dafür, dass es mehr Verständnis in der Politik gibt und die Bike-Lobby größer wird. Deshalb unser Aufruf: Informiert euch über Vereine, unterstützt sie oder startet gar eure eigenen Initiativen! Denn jeder, der Trails nutzt, sollte sich dafür einsetzen, dass es sie (in Zukunft) auch noch gibt. Von Lobbyismus bis hin zur Trailpflege gibt es viele Aufgaben.

Wer Trails fährt, sollte sich zudem an Regeln halten, um andere Waldnutzer und -bewohner nicht zu stören. Der respektvolle Dialog mit Förstern und Jägern kann viele klärende Einsichten bringen und dazu führen, dass jeder den Wald auf positive Weise nutzen kann.

Die sichere Abenteuerlust: Baywatch demnächst auch im Wald und auf den Trails?

Die Entdecker- und Abenteuerlust steckt in fast jedem Biker und ist für viele wichtiger Bestandteil jeder Tour oder jedes Urlaubs. Haben sich früher nur waghalsige Adrenalinjunkies oder Expeditionslustige auf das Bike gewagt, ist das Thema Sicherheit mittlerweile ein wichtiger Aspekt geworden. Das gilt vor allem in Anbetracht der vielen Neueinsteiger und immer krasseren Bikes, die die Grenzen des Möglichen verschieben und Menschen an Orte bringen, an die sie sonst nie gekommen wären. Motiviert und inspiriert durch manch professionelles YouTube-Video oder mangelnde Selbsteinschätzung können (über-)motivierte Akteure nicht nur sich selbst in Gefahr bringen, sondern auch den Ruf des Sports!

Sich von Pamela Anderson oder David Hasselhoff retten zu lassen? Davon haben die meisten Kinder des letzten Jahrhunderts bestimmt schon mal geträumt. Auch wenn es besser ist, nicht eine rettungsbedürftige Lage zu kommen, so wird das tagtäglich auf den Trails rund um den Globus passieren – so wie es beim Autofahren eben auch passiert und Teil des in Kauf genommenen Risikos ist. Wer richtig leben will, geht zwangsläufig Risiken und Unsicherheiten ein. Ganz ohne Hysterie kann man dennoch daran arbeiten, Biken sicherer zu machen. Die Digitalisierung und Elektrifizierung von Bikes, Komponenten und Equipment bietet große Chancen für mehr aktive und passive Sicherheit.
Die ersten fortschrittlichen Tourismusregionen, wie beispielsweise die Maremma in der Toskana rund um den visionären Hotelier Ernesto Hutmacher, bauen bereits ein Notfall- und Sicherheitsnetzwerk auf, das aus einer Kombination aus GPS-Tracking und von Menschen besetzten Einsatzzentralen besteht – mit Technologie aus dem Ski-Bereich.

Auch beim Design & Innovation Award war das Thema (Fahr-)Sicherheit zentral und wichtiger Teil des Trend-Reports 2021:

„Sicherheit steht auch im Fokus der Elektrifizierung. Radarsensoren wie das Garmin Varia können frühzeitig darauf aufmerksam machen, dass von hinten ein Fahrzeug heranfährt. Der Quarq TyreWiz erkennt durch Sensoren am Ventil, wenn der Reifendruck auf ein kritisches Niveau fällt, und benachrichtigt den Biker. Auch der Diebstahlschutz ist elektronisch geworden: Wo man sich früher aufs mechanische Fahrradschloss verlassen musste, kann man heute gestohlene Bikes per GPS-Empfänger orten. Die persönliche Schutzausrüstung ist nun ebenfalls smarter. Gerade Wearables zeigen durch die Durchdringung von Elektronik, zu welchen funktionalen Transferleistungen sie in der Lage sind – so kann z. B. eine Jacke gleichzeitig ein Rücklicht sein. Sensoren am Helm oder Lenker können Stürze automatisch erkennen und einen Notfallkontakt benachrichtigen. Dabei werden Rettungskräfte durch GPS und passiv arbeitende Reflektoren bei der Suche nach Verunglückten unterstützt, außerdem können medizinische Informationen von NFC-Speichern in der Kleidung abgerufen werden. Durch all diese Entwicklungen werden der Sport und der Straßenverkehr in Zukunft noch sicherer.“

Sicherheit ist auch ein Gefühl, das man durch Technologie stärken kann. Wie beispielsweise mit Strava Beacon, wo man dank Standortübermittlung in Echtzeit für Seelenfrieden bei Familie, Freunden oder Bekannten sorgen kann, die sich im Zweifel Sorgen machen, wenn man gerade die Wildnis erkundet.

„Jeder kann Radfahren“, könnte man jetzt denken, aber egal welche Kenntnisstufe man hat – jeder und jedem kann etwas Ernsthaftes passieren. Das kann man auch immer wieder schmerzhaft bei zahlreichen MTB-Profis sehen. Wer im Gelände unterwegs ist, sollte nicht nur die entsprechende Erfahrung und Fahrtechnik besitzen, sondern auch die allgemeingültige Trail-Etikette und die wichtigsten Erste-Hilfe-Maßnahmen beherrschen. Das Mitführen eines kleinen Medi-Packs sowie eine gesunde Selbsteinschätzung sind ebenfalls wichtig! Bleibt in eurer Komfortzone und geht, wenn ihr allein seid, keine unkalkulierbaren Risiken ein. Leider passiert meist genau dann etwas, wenn man nicht daran denkt. Und ja – bis dato bleibt es größtenteils ein Traum, dass Pamela Anderson oder David Hasselhoff zur Rettung auf die Trails in den Wald eilen!

Die Chancen der vorübergehenden Krise – Pflegt und bereichert die Szene!

Ausverkaufte Läden, lange Wartezeiten auf Service-Termine, eine schwankende Produktqualität und wenig verfügbare Ersatzteile für das bereits vorhandene Bike sind nicht gerade die besten Zutaten für eine problemlose Saison. So ist es nun mal und 2021/2022 wird sich das nur allmählich bessern. Doch deshalb den Kopf hängen lassen? Mitnichten!

Im Gegenteil: Not macht bekanntlich erfinderisch und warum nicht die Szene bzw. lokale (Bike-)Community bereichern, indem ihr euch gegenseitig helft, kreativ werdet und selbst die Initiative ergreift? Manch eine oder einer sieht in den herrschenden Problemen vielleicht nicht nur Lösungen, sondern gar einen Business Case und eröffnet ein neues Bike-bezogenes Geschäft? Andere schließen sich unter Umständen als Bike-Gruppe zusammen, mieten eine gemeinsame Garage oder Halle und schaffen private oder halb öffentliche Community-Spaces für Werkstattarbeiten, Workshops, Events und als Ausgangsbasis für regelmäßige Rides. Was kann es Besseres geben, als sich gegenseitig beim Schrauben zu helfen und dabei gemeinsam ein Bier oder Kaffee zu trinken? Und ja, sofern nicht schon vorhanden: Lokale Bike-Vereine, die sich engagieren, kann es nicht genug geben!

Konzerne ohne Konzerndenken? Welchen Weg geht die Bike-Branche?

Die Bike-Branche steht an einem Scheideweg: Mit immer mehr Milliardenunternehmen stellt sich die Frage, ob die Bike-Branche in die nach wie vor sehr großen Fußstapfen der Automobilindustrie tritt oder von ihr lernt, ohne ihre eigenen Qualitäten und Stärken darüber zu vergessen. Der Bike-Branche wird ein großes Wachstum prognostiziert, dieses Wachstum bedeutet jedoch auch riesige Herausforderungen in Sachen Organisationsstruktur bei den Herstellern und im Handel für alle Bereiche von Produktentwicklung über die Firmenkultur bis hin zum Service.

Neu, fortschrittlich und innovativ zu denken ist hierbei auf jeden Fall wichtiger, als etablierte Konzernstrukturen eins zu eins zu kopieren – denn gerade die befinden sich in großen Umbrüchen. Wenn es jedoch um die qualitative und quantitative Produktion und deren Skalierung geht, dann sind die japanischen und deutschen Automobilhersteller absolute Weltspitze. Und eine weitere Professionalisierung und Skalierung in Anbetracht der starken Nachfrage sind auch für die Bike-Branche zweifelsohne wichtig!

Bikes in Plattformen markenübergreifend anzubieten, wie es beispielsweise die Accell Group im Bike-Bereich vormacht, kann ein wichtiger Schritt für eine qualitative Massenproduktion sein. Schließlich resultiert das in einer schnelleren Amortisierung, größeren Margen oder günstigeren Preisen sowie – sehr wichtig – in besserem Service und einer besseren Ersatzteilversorgung, da die Produkte schlichtweg technisch einheitlicher sind. Längere Produktzyklen und mehr verbindliche, technische Standards würden der schnelllebigen und stark trendgesteuerten Branche ohnehin guttun. Denn kaum ein Hersteller kann den Investitionsaufwand und die Serviceleistungen stemmen, wenn alle Teile am Bike spezifisch nur für dieses Modell oder eine Modellreihe entstanden sind und keinen Standards folgen.

Ähnlich sieht es im Bereich der fortschreitenden Digitalisierung und Elektrifizierung aus, auch hier würden die Hersteller gut daran tun, verbindliche, universale Lösungen zu schaffen. Denn ganzheitliche Software- und Hardware-Konzepte sind mit riesigem Aufwand verbunden, den sich nur wenige Motorenhersteller und fast keine Bike-Hersteller leisten. Eine große Ausnahme ist Specialized mit dem eigenen digitalen Ökosystem. Hersteller wie Riese & Müller oder im urbanen Bereich Stromer bieten digitale Zusatz-Dienstleistungen, die einen deutlichen Mehrwert darstellen und die User-Experience über das Fahrerlebnis hinaus steigern. Connectivity-Know-how, wie es beispielsweise das kroatische Bike-Unternehmen Greyp für OEM-Kunden anbietet, wird in Zukunft immer stärker gefragt sein.

Doch die Elektrifizierung und Digitalisierung des Bikes bietet neben zahlreichen Vorteilen auch einige Gefahren, wie der Technologie-Trend-Report des Design & Innovation Award 2021 aufzeigt:

„Produkte werden oftmals zwar immer smarter und vielseitiger, aber auch komplexer. Und genau das muss man im Wirbel der vermeintlichen Innovationen kritisch hinterfragen: In dem Versuch, dem Kunden mehr Service, mehr smarte Tools und mehr elektrifizierte Komponenten anzubieten und das Leben zu vereinfachen, bewirken Entwickler und Produktmanager manchmal das Gegenteil. Technologisierung allein um der Technik willen ergibt keinen Sinn. Denn wenn man nicht aufpasst, sieht man ziemlich schnell den Wald vor lauter Bäumen – oder technischen Gadgets – nicht mehr. Es liegt in der Hand der Bike-Branche, die technologischen Neuerungen auf eine Weise in die Produkte zu integrieren, dass sie für den Biker einen Mehrwert leisten, ohne das direkte und natürliche Erlebnis des Bikens zu stören. Ist man während der Fahrt ständig damit beschäftigt, auf Displays zu schauen, Schalter zu betätigen und Rundenzeiten zu speichern, stellt sich die Frage: Was hat das mit dem puristischen Potenzial unseres liebsten Hobbys zu tun? Escapes bleiben Escapes – es muss auch weiterhin die Möglichkeit bestehen, auf dem Bike dem Alltag zu entfliehen. Dabei ist es ganz gut, wenn das Smartphone und andere technologische Meisterwerke manchmal auch zu Hause bleiben können.“

Don’t Panic, It’s Gonna Be Alright!

In Anbetracht all der Veränderungen und Entwicklungen braucht es vieles, aber keine Panik! In Umbruchzeiten gibt es immer Gewinner und Verlierer. Und dieses Mal scheint es, als ob ein großer Teil der Bike-Branche zu den großen Gewinnern gehören wird. Was es in diesem Kontext neben dezenter Vorfreude braucht, ist einen kühlen Kopf zu bewahren und mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu bleiben. Denn wer abhebt, verliert nicht nur schnell das Gleichgewicht, sondern auch die Basis für die Umsetzung seiner Visionen und Pläne.

Zudem ist es wichtig, die Erwartungshaltungen trotz aller aktueller Herausforderungen in den richtigen Kontext zu setzen und zu klären. In der Bike-Industrie haben einige die Tendenz, sich an Amazon oder der Elektronikbranche zu orientieren, wo sofortige Verfügbarkeit ein großes Thema ist. Doch ein Blick in die Uhren- oder Automobilbranche wirft ein anderes Licht auf die Wartezeiten: Dort dauert es häufig Monate, wenn nicht sogar Jahre, bis man sein gewünschtes Modell bekommt. In diesem Sinne: Macht mal halblang und erfreut euch an der Vorfreude, die ist ja bekanntlich eh die schönste! Wachstum ist selten ohne Kompromisse möglich – und wenn die hohe Nachfrage den Preis nachreguliert, dann ist das zwar sehr ärgerlich für den Kunden, aber dennoch ein normales Phänomen der freien Marktwirtschaft. Schlau ist der Hersteller, der die besagten zusätzlichen Einnahmen nutzt, um in die Zukunft zu investieren. Schließlich spielen ganzheitliche Produktentwicklung, erhöhte Servicekosten und ein besserer Kundenservice eine immer größere Rolle!

Veränderungen sind manchmal schmerzhaft, aber vor allem sind sie natürlich und fundamentaler Bestandteil des Lebens. Man kann versuchen, sich gegen den Lauf der Dinge zu wehren oder Entwicklungen zu ignorieren, so lange es geht, was meist nur in schmerzhaftem Lernen mündet. Oder man hat Freude daran, sich immer wieder selbst aus der Komfortzone herauszulocken, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. In Anbetracht all dieser Entwicklungen und Herausforderungen ist es wichtiger denn je, sich mit den brisanten Themen der aktuellen Zeit auseinanderzusetzen und die zentralen Fragen dieses Artikels für sich selbst zu beantworten, um selbstbestimmt und aktiv an einer besseren Zukunft zu arbeiten.

Die Bereitschaft für Wachstum und Weiterentwicklung ist eine der wichtigsten Qualitäten, um sich ideal für eine bessere Zukunft aufzustellen. Und damit sind nicht nur quantitative Aspekte wie Umsätze, Verkaufs- oder Vereinsmitgliederzahlen gemeint, sondern vor allem qualitative, die das eigene Mindset und Selbstverständnis betreffen. Als Bike-Community und Bike-Branche müssen wir uns bewusst werden, dass wir nicht mehr in einer Nische voller Tüftler, Bastelbuden und Adrenalinjunkies stecken, sondern – ob wir es wollen oder nicht – ein neues Level an Verantwortung erreicht haben, das eben auch ein neues Level an Engagement, Kooperation und Lobbyarbeit in der Politik erfordert. Immerhin wird die Bike-Branche die Themen Sport, Freizeitgestaltung und urbane Mobilität als Schlüsselindustrie mitgestalten und in den nächsten Jahren mehr prägen denn je. Klingt groß? Keine Sorge: Egal ob Papst, Präsidentin, Milliardär oder Queen, wir alle waren mal kleine Kinder mit wenig Ahnung und haben uns in die Hosen gemacht. Aber wer mit gesundem Selbstvertrauen an Neues herangeht, wird wachsen, während andere, von Angst oder Mangel gehemmt, leider an einer Stelle verharren – obwohl sie so viel mehr Potenzial hätten. Deshalb vertraut euch, dass ihr in neue Aufgaben reinwachsen und sie stemmen werdet!

Fazit

Auf unsere Community und die Bike-Branche kommen große Veränderungen zu. Aber wir können aus den Fehlern anderer Branchen lernen und uns von ihren Tugenden inspirieren lassen. Wichtig ist, dass die Kommunikation nicht abbricht, dass Verbraucher in Lobbygruppen eine Stimme finden und die Industrie mit ihren Produkten Lösungen für reale Bedürfnisse schafft. Generell gilt: Wer in Herausforderungen Chancen statt Probleme sieht, findet immer einen Weg. Also macht euch keinen Kopf – das wird richtig gut!


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Words: Robin Schmitt Photos: E-MOUNTAINBIKE-Team

Über den Autor

Robin Schmitt

Robin ist einer der zwei Verlagsgründer und Visionär mit Macher-Genen. Während er jetzt – im strammen Arbeitsalltag – jede freie Sekunde auf dem Bike genießt, war er früher bei Enduro-Rennen und ein paar Downhill-Weltcups erfolgreich auf Sekundenjagd. Nebenbei praktiziert er Kung-Fu und Zen-Meditation, spielt Cello oder mit seinem Hund (der eigentlich seiner Freundin gehört!), bereist fremde Länder und testet noch immer zahlreiche Bikes selbst. Progressive Ideen, neue Projekte und große Herausforderungen – Robin liebt es, Potenziale zu entdecken und Trends auf den Grund zu gehen.