Eine der größten Herausforderungen für junge Eltern: zu akzeptieren, dass das Leben, das sie vor dem Baby geführt haben, nun vorbei ist. Das ist besonders schwer für Mountainbiker, denn da geht es ja nicht nur um Sport, sondern um einen Lebensstil.

Die elterlichen Pflichten und Schuldgefühle, zusammen mit den unvermeidlichen Kompromissen mit dem Partner oder der Partnerin, reduzieren die Zeit, die man auf dem Bike verbringen kann, dramatisch. In den letzten Jahren hatte ich die meisten meiner Freunde den Post-Baby-Blues durchleben sehen, und nun war ich dran. Es ist nicht nur das Ende der unbeschwerten Zeit auf dem Bike, man verpasst auch die ganze soziale Seite, die Ausfahrten mit Freunden, die Wochenendtrips, die staubigen Trails, das Tageslicht, das Entdecken von neuen Orten, und – das ist das Schlimmste – plötzlich verbringt man mehr Zeit in sozialen Netzwerken und sieht die ganzen Bike-Fotos, die die Kumpels hochladen, und wie viel Spaß sie mit etwas haben, das euch entgeht. Man kann sich nicht um 18 Uhr mit Freunden zum Fahren treffen, denn um die Zeit heißt es „Baden“ und „Bett“; man kann nicht frühmorgens raus, denn da gibt’s gerade Frühstück oder der andere Elternteil hat Schlaf nachzuholen.


Aber ihr könnt eurem Kind nur dann die allerbesten Eltern sein, wenn ihr fit, entspannt und glücklich seid. Ihr seid es eurem Kind also schuldig, euch wieder in den Sattel zu schwingen und so oft wie möglich Rad zu fahren.

1.

Entspannte Trails könnt ihr mit eurem Kind fahren. Besorgt euch einen hochwertigen modernen Kindersitz, der ans Steuerrohr montiert wird, oder einen Kinderanhänger. Eine super Möglichkeit, Zeit auf dem Bike zu verbringen. Aber obwohl das als Mutter oder Vater sehr erfüllend ist, als Biker oder Bikerin wird es euch nicht reichen.

2.

Ab aufs E-MTB! Vereinfacht ausgedrückt ist ein E-MTB eine Zeitmaschine für Mountainbiker mit chronischen Einschränkungen – es kann nämlich Zeit und Entfernungen komprimieren. Man kann problemlos 25 km in 90 Minuten fahren, oder 20 km, wenn man nur eine Stunde in der Mittagspause hat; fast das Doppelte, was wahrscheinlich auf eurem alten Bike geht. Ein E-MTB wird euch zurück ins Bike-Nirvana bringen, das wiederzuerlangen ihr kaum noch zu hoffen gewagt hattet.

Ein genialer Plan ist die halbe Miete

Wenn ihr E-MTB fahren wollt, müsst ihr erst mal eins kaufen, was nicht immer einfach ist, wenn man bedenkt, dass die Erschaffung neuen menschlichen Lebens ja auch höhere Kosten und ein geringeres Einkommen mit sich bringt. Erst mal müsst ihr also bei eurer besseren Hälfte Überzeugungsarbeit leisten (sofern diese nicht selber Mountainbike fährt). Die beste Begründung für den Kauf eines E-MTBs ist, dass es euch fit hält und ihr damit in einer besseren körperlichen Verfassung seid, das kleine Monster großzuziehen. Der nächste Vorwand – ups, sorry, Grund – ein E-MTB zu kaufen, ist, euch in Form zu bringen und den „Papa-Körper“ wieder loszuwerden, den ihr durch monatelangen Schlaf- und Sportmangel und hastig reingestopftes Fast Food entwickelt habt. Sobald ihr von eurer Partnerin auch nur die leiseste positive Reaktion erzielt, müsst ihr sehr regelmäßig mit Andeutungen und Hinweisen nachlegen: „Weißt du, was ich gestern gesehen habe …“ oder „Weißt du, was vielleicht auch eine gute Idee wäre?“ und dann sucht ihr euch für den Familienausflug einen Ort, wo es einen E-MTB-Laden gibt, und meldet euch zu einer Probefahrt oder zwei an, und boom!

Herzlichen Glückwunsch, ihr seid nun mitten in dem Prozess, an dessen Ende hoffentlich ein funkelndes neues E-MTB auf euch wartet. Oder die Scheidung.

Heute ist der erste Tag vom Rest eures neuen Lebens

Wenn euer Partner/eure Partnerin auch Mountainbike fährt (ihr Glücklichen!), dann sollte es theoretisch wesentlich einfacher sein, ein E-MTB zu rechtfertigen. Sollte die Reaktion trotzdem mäßig begeistert ausfallen, dann schlagt doch einfach vor, es euch zu teilen: Wenn ihr auch nur halbwegs ähnlich groß seid, bekommt ihr mit dieser einfachen Lösung euer Bike, und ihr könnt auch beide so schnell wie möglich wieder fahren und euch gut fühlen. Und wenn ihr dann richtig angefixt seid, könnt ihr später immer noch ein zweites kaufen.

Nun geht’s raus auf den Trail mit dem E-MTB und der Familie. Das wird euch nicht nur wertvolle Bikezeit schenken, sondern ist auch eine Win-Win-Aktivität: Zeit auf dem Bike und Zeit mit dem Bambino. E-MTB-Technologie ist äußerst hilfreich, wenn man das Kind auch längere Anstiege hinauf befördern will, denn es ist nicht einfach, im Sattel aufzustehen mit einem Kleinkind auf dem Lenker. Das E-Mountainbike homogenisiert Gruppen und so könnt ihr effektiver und mit mehr Spaß gemeinsam als Familie fahren. Macht euch keinen Kopf, wenn ihr die ganze Zeit im Turbo-Modus unterwegs seid, denn nach etwa einer Stunde wird der Knirps sowieso genug vom Bike haben und lieber anhalten und laufen/krabbeln/essen/trinken/kacken wollen. Probleme mit dem Akku werdet ihr also vermutlich erst mal keine kriegen.

Die besten Tipps, wie man mit Kids fährt


Fahrt nicht länger als 30 min ohne Pause; dann lasst sie rumrennen oder spielt mit ihnen, bevor ihr weiterfahrt, damit sie nicht hibbelig werden.

Sorgt dafür, dass sie nicht hungrig oder durstig sind. Nehmt ausreichend Snacks und Wasser mit, und gebt ihnen häufig kleine Portionen.

Packt sie gut ein! Ihr solltet nicht unterschätzen, wie schnell die Knirpse frieren. Wenn sie einfach nur vorne auf dem Bike sitzen und nichts tun, wird ihnen auch im Sommer kalt.

Für Mütter, die sich noch von der Geburt erholen: Mit einem E-MTB könnt ihr fahren wie früher und die maximale Distanz aus den kurzen und wenigen Zeitfenstern rausholen, die ihr (hoffentlich) habt. Wir würden nicht so weit gehen, ein E-MTB als „Push Present“ (Anm. d. Red.: teures Geschenk des Kindsvaters an die Kindsmutter zur Geburt) vorzuschlagen, aber es dürfte wohl mehr für eure Lebensqualität tun, als noch ein Ring oder ein Pandora-Anhänger.

Immer wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere

Früher war es eure größte Freude, den ganzen Tag lang neue Trails zu erkunden, heute treibt euch beiden schon der Gedanke, länger als eine Stunde mit dem brüllenden Baby/Kleinkind auf dem Bike unterwegs zu sein, den Angstschweiß auf die Stirn. Und schon ist jegliche Motivation, sich irgendwohin aufzumachen, dahin. Doch es gibt Hoffnung! Mit einem E-MTB fängt Biken schon vor eurer Haustür an, ein E-MTB macht aus einem flachen Singletrail eine Enduro-Stage und aus langen, breiten Feldwegen wahre Bike-Autobahnen. So könnt ihr 100 % eures Spaß-Zeitfensters auf dem Bike verbringen statt im Auto – und ohne Zeit zu verschwenden, seid ihr gleich wieder zurück zum Spielen, Füttern, Windeln wechseln oder um eurer Partnerin/eurem Partner mal eine Pause zu gönnen.

Und schließlich solltet ihr eure Mountainbiker-Eltern-Freunde auch davon überzeugen. Ihr werdet feststellen, dass ihr alle die gleiche freie Zeit oder den gleichen Mangel daran habt (nach 8 Uhr abends oder wenn der kleine Racker in der Kita ist), und dass bei den anderen Zeit und Energie genauso knapp ist wie bei euch. Ihr braucht Freunde, die im selben Boot sitzen, damit ihr euch mal ausquatschen könnt, und E-Mountainbiker brauchen E-Mountainbiker, damit alle dasselbe Tempo fahren können. Außerdem habt ihr dann mehr Leute, die potenziell versuchen, euch aus dem Haus zu zerren, und weitere gute Gründe, rauszugehen: „Ich hab (Name einsetzen) versprochen, dass wir ‘ne Runde drehen, er war schon ewig nicht mehr aus dem Haus …“

Auch wenn es eine Freude ist – eine Familie zu gründen, wird euer Leben verändern, und unweigerlich werden sich einige dieser Veränderungen negativ anfühlen. Bei geistiger Gesundheit bleibt man nur, wenn man das akzeptiert und sich anpasst. Dazu gehört, dass man neue Wege findet, die Zeit zu genießen. Also tappt nicht in die Elternfalle, werdet nicht zu so trübseligen Menschen, die früher auch mal gefahren sind und jetzt „einfach keine Zeit mehr“ haben. Überwindet es, passt euch an und überlebt, indem ihr die Trails mit eurer Zeitmaschine rockt.


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Words: Tom Corfield Photos: Trev Worsey