E-Mobilität gilt derzeit als die Zauberformel für eine nachhaltige und saubere Form der Fortbewegung. E-Bikes nehmen hier eine Vorreiterrolle ein. Doch wie ökologisch ist unser Sport wirklich? Wir klären über Herstellung, Lebensdauer, Nutzungszyklen, Stromkosten, Reparatur, Umweltverträglichkeit und Recycling von E-Bike-Akkus auf.
In Zeiten von Diesel-Skandal und Pkw-Fahrverboten ist Elektromobilität in aller Munde. Doch während die Elektromobilisierung im Pkw-Bereich nur allmählich voranschreitet, hat der Fahrradbereich in den letzten Jahren bereits eine radikale Elektrisierung erfahren. Somit sind wir als E-Mountainbiker auch früher mit dem Thema Akku-Recycling konfrontiert, als das in der Automobilindustrie der Fall sein wird. Deshalb haben wir uns mit der Umweltverträglichkeit von E-Bikes auseinandergesetzt und uns dem Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln genähert.
Herstellung der Zellen und E-Bike-Akkus
Während die Einhaltung der Umweltstandards bei der Zell- und Akkuproduktion kein Problem darstellen dürfte, sieht es bei der Gewinnung der Rohstoffe eher düster aus. Die gute Nachricht: Die meisten Rohstoffe, die für die Herstellung der im E-Bike verwendeten Lithium-Ionen-Akkus notwendig sind, werden auch bei einer stark ansteigenden Nachfrage in ausreichendem Maße vorhanden sein. Ernsthafte Probleme könnte es lediglich bei Kobalt geben, das zu ca. zwei Dritteln in der Demokratischen Republik Kongo im Kleinbergbau unter zum Teil menschenverachtenden Bedingungen abgebaut wird. Bei der neuesten Zell-Generation ist jedoch der Kobaltanteil von 8 % auf ca. 2 % reduziert worden.
Die Produktion der Lithium-Zellen findet derzeit noch in Asien statt. Panasonic/Sanyo und Sony aus Japan, LG Chem und Samsung aus Südkorea sowie einige chinesische Hersteller beherrschen mehr als 90 % des Weltmarkts. Tesla ist in Kooperation mit Panasonic dabei, in den USA eine Gigafactory für den Eigenbedarf zu bauen. Während Bosch seine Pläne für eine eigene Zellfertigung im März 2018 zu Grabe getragen hat, wollen andere europäische Unternehmen eine Zellproduktion in Europa aufbauen, um die Abhängigkeit von den asiatischen Zulieferern zu verringern. Wann und ob diese Unabhängigkeit erreicht wird, bleibt abzuwarten. Jüngst hat der größte chinesische Batterieproduzent CATL den Bau einer Fabrik in Erfurt zur Herstellung von Lithium-Zellen für die Automobilindustrie angekündigt und weitere Projekte sind in Planung.
Lebensdauer der E-Bike-Akkus
Die Lebensdauer der Akkus wird maßgeblich durch die kalendarische Alterung und die Anzahl der Ladezyklen beeinflusst. Die kalendarische Alterung setzt sofort nach der Produktion ein. Bis die Zellen von Japan, Südkorea oder China ihren Weg über Zwischenhändler zum Akku-Produzenten nach Europa gefunden haben, haben sie also bereits ein klein wenig an Leistung verloren. Dieser Prozess der kalendarischen Alterung setzt sich kontinuierlich fort und hängt natürlich von der Qualität der Zellen ab. Steht das E-Mountainbike ein Jahr lang unverkauft beim Händler, verliert der 500-Wh-Akku rund 2 % seiner Kapazität, das heißt der Kunde kauft ein Bike, dessen Akku nur noch den Energiegehalt von 490 Wh aufweist. Bei älteren bzw. minderwertigen Zellen kann die kalendarische Alterung bis zu 4 % pro Jahr betragen.
Mancher Hersteller verspricht für seinen Akku 1.000 Ladezyklen ohne nennenswerten Leistungsverlust – ohne allerdings den Begriff „nennenswert“ zu definieren. Wir haben exemplarisch einen gebrauchten Bosch PowerPack 500 unter die Lupe genommen und festgestellt, dass er nach 61 Ladezyklen noch eine Restkapazität von 461 Wh aufweist, was 92,2 % entspricht. Berücksichtigt werden muss aber auch die kalendarische Alterung. Bei unserem Beispiel-Akku, dessen Herstellungsdatum 2 Jahre und 7 Monate zurücklag, schlägt die kalendarische Alterung rechnerisch mit ca. 5,2 % zu Buche. Das heißt, dass durch die 61 Ladezyklen lediglich 2,6 % des Energiegehalts des Akkus verloren gingen. Die 61 Ladezyklen entsprachen übrigens einer Fahrtstrecke von rund 3.000 km. Knackpunkt für die Richtigkeit dieser Berechnung ist jedoch die Serienstreuung und die Annahme, dass der Akku zum Herstellungszeitpunkt auch tatsächlich 500 Wh aufwies.
Von einem Ladezyklus spricht man dann, wenn ein Akku leergefahren und dann wieder vollständig aufgeladen wurde. Zweimal halb leer gefahren und jeweils wieder aufgeladen? Auch das wäre nur ein Ladezyklus. Unterbrechungen des Ladevorgangs schaden übrigens den Akkus nicht. Einen Memory-Effekt kennen Lithium-Ionen-Akkus nicht und die Original-Ladegeräte schützen den Akku in Verbindung mit dem Batterie-Management-System vor Überlastung beim Laden.
Lebensverlängerung durch eine zweite Karriere?
In Zukunft sollen die „müden“ Akkus von E-Autos Verwendung im stationären Bereich finden. Als „müde“ gelten Akkus, deren Kapazität auf ca. 60 % zurückgegangen ist und deren Reichweite dementsprechend stark eingeschränkt ist. So gibt es bereits Pläne, sie z. B. als Energiespeicher für Photovoltaikanlagen auf Hausdächern zu verwenden. Für die Zweitverwertung alter E-Bike-Akkus mit stark gesunkener Kapazität gibt es aktuell noch keine Pläne.
Nutzungszyklus verlängern!
Je länger ein Gegenstand benutzt wird, desto besser ist seine Ökobilanz – zumindest wenn sein Gebrauch emissionsarm bzw. -frei ist. Nach der Herstellung gilt das E-Mountainbike, sofern sein Akku mit Ökostrom geladen wird, als emissionsfrei. Allerdings lassen die schnellen Entwicklungsschritte, speziell bei E-Mountainbikes, bei den Besitzern den Wunsch nach einem neuen Bike aufkommen. Und dieser Wunsch steht diametral zum langen Nutzungszyklus. Er lässt aber in Zukunft den Markt für gebrauchte E-Bikes wachsen.
Auto vs. E-Mountainbike – wie sieht die E-Bike-Ökobilanz aus?
Ein E-Mountainbike belastet zwar in der Herstellung und im Gebrauch die Umwelt stärker als ein nicht motorisiertes Fahrrad. Jedoch werden die relativ geringen Umweltbelastungen von E-Bikes mehr als aufgehoben, wenn man sie als Pkw-Ersatz einsetzt. Mit Blick auf den Klimawandel steht der Kohlendioxid-Ausstoß besonders im Fokus.
Laut Umweltbundesamt belastet ein Lithium-Ionen-Akku für ein E-Bike (400 Wh) das Klima in der Herstellung mit 22–30 kg CO2-Ausstoß. Wer das Auto zugunsten des Bikes stehen lässt, spart allerdings 21,5 kg CO2 pro 100 km ein – also sind nach etwas mehr als 100 E-Bike-Kilometern die Treibhausgasemissionen des Akkus beglichen. Ein weiterer Vergleich: Ein Mallorca-Urlauber auf einem Economy-Flug von Düsseldorf nach Mallorca und zurück (insgesamt ca. 2.630 Flugkilometer) ist für den Ausstoß von ca. 750 kg CO2 verantwortlich.
Stromkosten für eine E-Bike-Akkuladung von 500 Wh bzw. 100 km
Wir alle kennen die Reichweiten-Diskussionen und die Versprechungen der Industrie, wie weit man mit einem 500 Wh-Akku kommt, zur Genüge. Angenommen, eine 500-Wh-Akkuladung reicht im hügeligen Gelände für 30–50 km Fahrtstrecke, dann müssten für eine 100 km lange Strecke drei Akkuladungen, also 1.500 Wh, mehr als ausreichend sein. Bei einem durchschnittlichen Strompreis in Deutschland von 30 Cent pro kWh würden die 100 km mit dem E-Mountainbike Stromkosten von ca. 45 Cent verursachen (Info für die Nerds: Ein Bosch-Ladegerät hat einen Wirkungsgrad von circa 95 %). Folglich sind die Stromkosten bei einem E-Mountainbike vernachlässigbar gering. Zum Vergleich: Ein Smart Fortwo Coupé mit einem 60 kW starken Electric Drive-Antrieb hat einen theoretischen Stromverbrauch von 12,9 kWh pro 100 km, der in der Praxis aber etwas höher liegen dürfte. Bei diesem angenommen Verbrauch würden sich die Stromkosten für 100 km auf 3,87 € belaufen.
Umgang mit einem defekten E-Bike-Akku
Erster Ansprechpartner für einen defekten Akku sollte immer der örtliche Fachhändler sein. Er ist entsprechend geschult, kann eine erste Diagnose stellen und gegebenenfalls beim Hersteller einen Reklamationsantrag stellen. Dank Batterie-Management-System und Diagnosetool kann der Fachhändler feststellen, ob der Akku tatsächlich defekt ist und ob z. B. ein Elektronikfehler vorliegt. Ist das Akkugehäuse beschädigt bzw. hat der Akku einen Feuchtigkeitsschaden, dann darf er keinesfalls weiter benutzt werden und sollte zwecks fachgerechter Lagerung und Entsorgung beim Händler verbleiben. Der Fachhändler ist dann unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften für die fachgerechte Lagerung in sogenannten Quarantäne- bzw. Gefahrgutboxen und für die spätere Entsorgung verantwortlich. Etwas laxer wird vermutlich die Entsorgung über die örtlichen Wertstoffhöfe sein, bei denen Privatpersonen ebenfalls ihre defekten Akkus abgeben können. Außerdem hört man unter vorgehaltener Hand, dass Mitarbeiter von manchen Bikehändlern die Akkus dort als Privatpersonen entsorgen.
Reparatur defekter E-Bike-Akkus und Austausch defekter Zellen
Zum Thema „Akkusicherheit bei E-Bikes“ hat im September der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) eine Pressemitteilung verbreitet, in der zur Vorsicht bei Reparaturangeboten für Akkus aufgerufen wurde. Hintergrund ist der teilweise etwas leichtfertige Eingriff von „Bastlern“ in die sicherheitsrelevanten Bauteile eines Akkus, weshalb der ZIV auf die notwendigen erneuten Prüfungen eines Akkus nach einem Zellentausch gemäß EN 50604-1 oder UN-T 38.3 verwiesen hat. Durch eine Öffnung oder Veränderung der Batterien erlischt jede Garantie. Das gilt auch für alle anderen Manipulationen am Akku. Bei einem etwas älteren Akku, der nicht mehr unter die zweijährige gesetzliche Gewährleistung fällt, könnte ein Reparaturdienstleister für E-Bike-Akkus ins Spiel kommen. Eine Nachfrage beim ZIV ergab zwar, dass die erneuten Prüfverfahren nach einem Zellentausch kaum von einem dieser Reparaturbetriebe durchgeführt werden können. Trotzdem rät der ZIV nicht grundsätzlich von einer Akku-Reparatur bzw. einem Zellentausch ab, sofern der Betrieb die notwendigen hohen Sicherheitsstandards bei Reparatur, Lagerung und Versand mittels Gefahrgutverpackung gewährleisten kann. Fällt die Akkukapazität unter 60 % der Nennkapazität, kann ein Bikeakku als verschlissen angesehen werden. Anhand eines Diagnosetools kann der Fachhändler die Anzahl der vollständigen Ladezyklen, den noch vorhandenen Energiegehalt und das Herstellungsdatum des E-Bike-Akkus feststellen und somit einen Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten.
Ob es sich wirtschaftlich lohnt, einen alten Akku reparieren zu lassen bzw. mit neuen Zellen „aufzufrischen“ und eventuell sogar die Akkuleistung zu erhöhen, hängt logischerweise sowohl von den Reparaturkosten als auch von den Neukaufkosten des entsprechenden Akkus ab. Ein Zellentausch mit hochwertigen Zellen, z. B. von Panasonic, kostet ca. 350 € inkl. Upgrade von 400 auf 500 Wh. Zum Vergleich: Ein neuer Rahmenakku von Bosch mit 500 Wh kostet UVP 670 €, man findet im Internet aber bereits Angebote ab ca. 540 €.
Entscheidende Aspekte bei der Auswahl eines Reparaturbetriebes sollten also neben der Gewährleistung der hohen Sicherheitsstandards auch die Verwendung von Premiumzellen sowie der sichere Versand als Gefahrgutpaket sein.
Recycling von E-Bike-Akkus
In Deutschland werden vorgegebene Sammelquoten oder Kennzeichnungen für das Recycling durch das Batteriegesetz (BattG) geregelt. Die Entsorgung alter oder defekter E-Bike-Akkus geschieht in der Regel über den Fahrradfachhandel, kann aber für Privatpersonen auch über die Wertstoffhöfe der Kommunen erfolgen. E-Bike-Akkus gehören keinesfalls in den Hausmüll. Die umweltgerechte Entsorgung durch den Fachhandel wird über das „Gemeinsame Rücknahmesystem Batterien“ abgewickelt, das die unentgeltliche Batterierücknahme und -entsorgung seit Inkrafttreten der Batterieverordnung 1988 in Deutschland übernimmt.
Lithium-Ionen-Akkus, die üblicherweise bei E-Mountainbikes Verwendung finden, werden metallurgisch wiederverwertet. Dabei werden die kompletten Akkus in einem großen Ofen eingeschmolzen, wobei eine Legierung aus Kobalt, Nickel und Kupfer übrig bleibt.
Diese Legierung kann dann aufgeschmolzen werden, wodurch die einzelnen Bestandteile entnommen und wiederverwertet werden können. An der Rückgewinnung des Lithiums wird derzeit noch gearbeitet.
Die Rücklaufquote von alten E-Bike-Akkus dürfte derzeit noch sehr gering sein, da der E-Bike-Boom noch sehr jung ist und vermutliche viele ihren Akku mit geringer Restkapazität (60%) als Ersatzakku zu Hause lagern, statt ihn dem Recycling zuzuführen.
Fazit
Die Umweltbelastungen bei Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines E-Mountainbikes können nicht wegdiskutiert werden. E-Bikes stellen jedoch einen positiven Beitrag zur Änderung des Mobilitätsverhaltens und zur Erhöhung der Akzeptanz des Radverkehrs dar. E-Bikes sind daher Türöffner für die Elektromobilität. Allein durch die Verkaufszahlen wird klar, dass das E-Bike schon heute andere Verkehrsmittel wie Busse und Autos ersetzt und damit als Alternative eine deutlich bessere Ökobilanz aufweist. Das Gleiche gilt für den Sport in den Bergen – auch hier zeigen E-Bikes eine deutlich bessere Ökobilanz als liftbetriebene Bergressorts.
Dieser Artikel ist aus E-MOUNTAINBIKE Ausgabe #017
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Text Manfred Schmitt, Fotos Valentin Rühl, Illustration Julian Lemme
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Words & Photos: Manne Schmitt