DJI hat sich mit dem Avinox direkt auf Platz 1 der Motoren-Charts katapultiert. Krasse Eckdaten – wie die brachialen 120 Nm – lassen auf eine erstklassige Bühnenperformance schließen. Wir haben ihn für euch in der Praxis und im Labor gegen die neuesten Motoren getestet und sagen euch, ob sich die Show lohnt.

Dieser Test ist Teil unseres großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest. Einen Überblick über alle 15 von uns getesteten Motorensysteme, spannende Hintergrundinfos und eine Kaufberatung, worauf ihr beim E-MTB-Kauf achten solltet, erhaltet ihr hier!

DJI Avinox | 120 Nm | 2,52 kg | Hersteller-Website

Der Drohnenhersteller DJI hat mit seinem Avinox-Motorsystem bei der Eurobike 2024 für enormes Aufsehen gesorgt und ist seitdem Gesprächsthema Nr. 1 in der Bike-Branche. DJI bringt umfassendes Know-how in der Entwicklung kleiner, leistungsstarker Elektromotoren sowie in der Batterie-, Konnektivitäts- und App-Entwicklung mit, was dem Unternehmen eine ideale Grundlage für den Einstieg in den E-Mountainbike-Markt bietet. Gesagt, getan: Der neue DJI Avinox-Motor kommt mit bis zu 120 Nm Drehmoment und 1.000 Watt maximaler Leistung und stellt mit diesen beeindruckenden Eckdaten zumindest auf dem Papier das gesamte Testfeld locker in den Schatten. Neben dem Motorsystem, bestehend aus Mittelmotor, Akkus, Remotes, Touch-Display und App, hat DJI direkt noch eine eigene Bike-Marke namens AMFLOW aus dem Boden gestampft. Die Marke hat ein potentes E-Mountainbike in zwei unterschiedlichen Ausstattungsvarianten vorgestellt, die beide – bislang exklusiv – auf das DJI Avinox-Motorsystem setzen und mit 160/150 mm Federweg (v/h) daherkommen. Wir haben das AMFLOW PL Carbon Pro bereits für euch getestet.

Der DJI Avinox im Detail – Das Connectivity-Wunder?

Das Herzstück des DJI Avinox-Motorsystems ist der kompakte Mittelmotor, der im speziellen Boost-Modus mit bis zu 120 Nm Drehmoment und 1.000 Watt Spitzenleistung bringt, im normalen Modus sind es 105 Nm und 850 Watt. Und das bei einer kompakten Bauweise und einem geringen Gewicht von nur 2,52 kg. Damit ist er um einige hundert Gramm leichter und etwas kleiner als die relevante Konkurrenz. So liegt z. B. der neue Bosch Performance Line CX-Motor bei 2,8 kg. Gespeist wird der DJI-Motor entweder von einem 600- oder einem 800-Wh-Akku, die beide selbst entwickelt wurden. Die 600-Wh-Version kommt auf 2,9 kg und der 800-Wh-Akku auf leichte 3,7 kg und hat im Vergleich zur Konkurrenz eine relativ hohe Energiedichte von umgerechnet 216 Wh/kg und somit ein besseres Verhältnis von Gewicht zu Akku-Kapazität. Im Gegensatz zur Konkurrenz bietet DJI bisher noch keinen Range Extender an. Neben dem Standardladegerät gibt es auch einen sogenannten High-Performance-Charger, der die Ladedauer im Vergleich zum herkömmlichen Charger in etwa halbiert. Wir hatten die Möglichkeit, vor unseren Testrides die Ladegeschwindigkeit des High-Performance-Chargers zu erleben: Er lädt den Akku von 0 auf 75 % in ca. 1,5 Stunden. Dazu ist das Ladegerät klein und leicht, sodass es auch in die Hipbag oder einen kleineren Rucksack passt, wenn man auf Tour geht und unterwegs einen Ladestop einbauen will.

Kombiniert wird der DJI Avinox-Motor entweder mit einem 600- oder einem 800-Wh-Akku, die im Vergleich zur Konkurrenz mit einer relativ hohen Energiedichte daherkommen.

Auch die Displays und Remotes kommen aus eigener Herstellung. Das 2″-OLED-Display, ähnlich wie beim TQ-Motorsystem, kann formschön ins Oberrohr integriert werden. Es ist das einzige Display im Test, das mit einem Touchscreen ausgestattet ist. Die Touchfunktion klappt besser als bei einem modernen Smartphone und kann sogar mit Handschuhen bedient werden. Selbst Dreck oder Spritzwasser beeinträchtigen die Funktion nicht. Das Display ist außerdem mit einem GPS-Sensor, Barometer, Gyrosensoren und vielen weiteren Connectivity-Features wie ANT+ und Bluetooth 5.1 ausgestattet, mit denen ihr eure Ausfahrten präzise tracken und auf dem 8 GB großen internen Speicher und der zugehörigen App sichern könnt. Es zeigt auch verschiedene Werte wie Herzfrequenz oder Kalorienverbrauch an, sofern man die passenden Geräte – wie etwa einen Brustgurt – verbindet und trägt.

Links am Lenker werden über die ergonomische Remote, die Fahrmodi sowie der Walk- und Boost-Modus aktiviert, …
… und auf der rechten Seite kann man die verschiedenen Anzeigen am Display durchwechseln, ohne die Hände vom Lenker nehmen zu müssen.
Das Touchdisplay des DJI ist formschön in den Rahmen integriert und bietet zahlreiche Funktionen.

Gesteuert wird das Motorsystem entweder über das Touch-Display oder die Lenkerremotes. Hier setzt DJI auf zwei kleine Fernbedienungen, die links und rechts am Lenker sitzen und sich durch die minimalistische Bauweise unauffällig in das Gesamtbild einfügen. Links werden die Fahrmodi sowie der Walk- und Boost-Modus aktiviert, rechts kann auch während der Fahrt durch die vielen Funktionen und Seiten des Displays geblättert werden, ohne dass man dazu die Hand vom Lenker nehmen muss. Auch in Sachen Haptik überzeugen die Remotes durch hochwertige Verarbeitung und gute Ergonomie – top!

Aber ein gutes Motorsystem ist nichts ohne eine umfangreiche und benutzerfreundliche App. Dass DJI intuitive Apps für Drohnensteuerungen kann, wissen wir, aber gilt das auch für E-Bikes? Und wie! Trotz der unzähligen Funktionen ist die App benutzerfreundlich, und man findet sich auch als Einsteiger schnell zurecht. So lässt sich die Oberfläche ganz nach den eigenen Vorlieben anpassen oder die Fahrmodi in unterschiedlichen Aspekten wie Drehmoment, Dauer des Nachlaufs, Pedalsensibilität und Power beim Anfahren individualisieren. Durch den integrierten GPS-Sensor könnt ihr euer Bike orten, dabei wird das Smartphone zum Schlüssel, und wie bei Bosch werden die Motorfunktionen lahmgelegt. Vorteil: Im Vergleich zu Bosch ist alles schon dabei, und man muss kein Abo abschließen, um den vollen Funktionsumfang nutzen zu können. In Sachen Navigation hat Bosch aber weiterhin die Nase vorn: Solch eine Funktion bietet die DJI Avinox-App nicht an. Ihr könnt lediglich Aktivitäten aufzeichnen und auf Drittanbieter-Apps wie z. B. Strava hochladen. Die genannten Software-Features sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs, alle Funktionen der App aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.

Die DJI Avinox App besitzt unzählige Funktionen, lässt sich aber trotzdem einfach bedienen und man findet sich schnell zurecht.
Die 6 Fahrmodi lassen sich in vielen unterschiedlichen Aspekten an die eigenen Vorlieben einstellen. Technik-Nerds kommen voll auf ihre Kosten, und Einsteiger werden nicht überfordert.

Der DJI Avinox im Test – Der Alleskönner?

Während der Fahrt kann man aus 6 Unterstützungsstufen wählen. Schaltet man in die höchste Stufe, den Turbo-Modus, unterstützt der Motor sehr kraftvoll und shuttelt einen selbst die steilsten Rampen hinauf, ohne dass man ins Schwitzen kommt. Wer beherzt reintritt, kann so auch in steileren Passagen an der 25-km/h-Grenze fahren. Hier können dem DJI Avinox selbst die stärksten Motoren im Test, wie der Bosch Performance CX (Gen4 und 5) oder der Yamaha PW-X3, nicht das Wasser reichen. Auch wenn man es noch so ausreizt, den Motor an sein Limit zu bekommen, liefert er immer noch mehr Unterstützungsleistung und man hat nie das Gefühl, auf ein Plateau zu kommen. Das untermauert auch der Labortest: Denn während die mechanische Leistung der meisten anderen Full-Power-Motoren zwischen 550 und 600 Watt abflacht, steigt die Kurve des DJI Avinox weiter bis auf 750 Watt an.

DJI schafft es, Gegensätze zu vereinen, und trotz der brachialen Power bleibt der DJI jederzeit gut dosierbar und ist nicht zu stürmisch wie beispielsweise der Brose Drive S Mag oder der Yamaha PW-X3. So wird einem nie das Bike unter den Füßen weggezogen, wenn man aus Versehen ans Pedal kommt, was gerade auf technischen Climbs sehr hilfreich ist, weil man anfahren kann, ohne dass das Hinterrad durchdreht. Selbst auf losem Untergrund und nassen Wurzeln schafft es der DJI Avinox-Motor, die Kraft ohne großen Schlupf an den Boden zu übertragen und euch konstant in Richtung Gipfel zu schieben. Der DJI überzeugt mit einer natürlichen Fahrcharakteristik und überfordert auch Anfänger nicht.

Über die umfangreiche App lassen sich die Unterstützungsstufen auch unterwegs schnell an die eigenen Vorlieben anpassen. So lässt sich z. B. der Nachlauf des Motors von kaum spürbar bis zu sehr lang einstellen, und das bei jedem Fahrmodus. Gerade auf technischen Anstiegen schiebt einen dann der lange Nachlauf über Steine und Kanten, an denen man nicht treten kann. Rollt man auf dem Fahrradweg entspannt zurück, endet jenseits der 25-km/h-Grenze die Motorunterstützung nie abrupt, sondern wird kaum spürbar ausgefaded.

In Sachen Geräuschpegel kann man unter Volllast ein leises elektrisches Pfeifen hören, das der Lautstärke des Bosch Performance Line CX oder des Shimano EP801 ähnelt und während der Fahrt absolut nicht stört. Schaltet man ein paar Unterstützungsstufen zurück, ist der Motor kaum hörbar und wird von den Abrollgeräuschen der Reifen übertönt.

Fazit zum DJI Avinox Motorsystem

Nicht nur die Eckdaten des DJI Avinox Motorsystems haben uns beeindruckt. Auch in der Praxis überzeugt der Antrieb als super Allrounder für die unterschiedlichsten Einsatzbereiche und holt sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene ab. In Sachen Power und Dosierbarkeit läuft der DJI Avinox-Motor den großen Platzhirschen den Rang ab, und in Bezug auf Software und Connectivity-Features spielt DJI mit der überaus intuitiven App und den unzähligen Funktionen in einer anderen Liga. Deshalb verdienter Testsieg!

Tops

  • enorme Power bei super Dosierbarkeit
  • rundes Gesamtkonzept
  • feinfühliges Ansprechverhalten
  • intuitive App mit unzähligen Features

Flops

  • bislang nur exklusiv in AMFLOW-Bikes

Für mehr Informationen besucht dji.com


Das Testfeld

Einen Überblick über unseren großen E-Bike-Motoren-Vergleichstest erhaltet ihr hier

Alle Motoren im Test: Bosch Performance Line CX Gen 5 (zum Test) | Bosch Performance Line CX (zum Test)| Bosch Performance Line CX Race (zum Test) | Bosch Performance Line SX (zum Test) | Brose Drive S Mag (zum Test) | DJI Avinox | FAZUA Ride 60 (zum Test) | GIANT SyncDrive Pro2 (zum Test) | Panasonic GX Ultimate (zum Test) | Pinion MGU E1.12 (zum Test) | Shimano EP801 (zum Test) | Specialized SL 1.2 (zum Test) | Specialized 2.2 (zum Test) | TQ HPR 50 (zum Test) | Yamaha PW-X3 (zum Test)


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Words: Mike Hunger Photos: Peter Walker

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.