Das Canyon Spectral:ONfly im ersten Test – Das elektrifizierte Do-it-all-Bike?

Mit dem neuen Canyon Spectral:ONfly präsentiert die deutsche Bike-Schmiede ihr zweites „leichtes“ E-Mountainbike. Laut Canyon ist es das „Do-it-all-Bike“ im Portfolio, ausgestattet mit dem TQ-HPR50-Antriebssystem und 160/150 mm Federweg. Doch ist das Spectral:ONfly wirklich ein Gefährte für alle Fälle?

Nachdem mit dem Neuron:ONfly im Frühjahr 2024 das erste Light-E-MTB von Canyon vorgestellt wurde, folgt nun ein weiteres: Das Canyon Spectral:ONfly. Es schließt die Lücke zwischen dem analogen Spectral und dem Full-Power-E-MTB Spectral:ON. Das Spectral, egal ob analog oder mit elektrischer Unterstützung, ist seit jeher das „Do-it-all-Bike“ im Portfolio der Koblenzer. Nun betritt das neue Canyon Spectral:ONfly die Bühne. Es kommt mit einem Vollcarbonrahmen, 160/150 mm Federweg (v/h) und setzt auf gemischte Laufradgrößen mit 29” vorne und 27,5” hinten. Außerdem ist es das erste E-Bike mit dem K.I.S.-Lenkungsstabilisator – dazu gleich mehr.
Die Preisschilder beginnen beim neuen Canyon Spectral:ONfly mit vergleichsweise günstigen 5.599 €. Wir haben das LTD-Topmodell getestet, das für 8.999 € den Besitzer wechselt und nur 18,6 kg in Größe M auf die Waage bringt. Wie es sich auf den Trails schlägt und was es sonst noch so zu bieten hat, lest ihr hier!

Das Canyon Spectral:ONfly 2025 im Detail

Ist es ein E-MTB oder nicht? Für die Entwickler und Designer von Canyon war es eine große Herausforderung, alle Anbauteile des Motorsystems im Rahmen zu integrieren, ohne dass es auffällt. Aber hier hat das Team einen tollen Job gemacht, denn auf den ersten Blick sieht das neue Canyon Spectral:ONfly dem analogen Bruder zum Verwechseln ähnlich. Der TQ-HPR50-Motor mit 50 Nm Drehmoment und 300 Watt maximaler Leistung ist nahezu unsichtbar in den Carbonrahmen integriert und nur das Display im Oberrohr gibt Aufschluss darüber, dass es sich um ein E-MTB handelt.

Das Display zeigt alle nötigen Informationen wie Geschwindigkeit, Akkustand und die gewählte Unterstützungsstufe an. Letztere wurden nicht von TQ übernommen, sondern von Canyon selbst angepasst. Bei den einzelnen Modi Eco, Mid und High wurde dafür die maximale Leistung im Vergleich zu den Standard-TQ-Settings deutlich erhöht und die Unterstützungsleistung etwas reduziert, um ein noch natürlicheres Fahrverhalten zu erzielen. Gewechselt wird zwischen den Modi entweder direkt am Display oder über die minimalistische Lenker-Remote.

Gespeist wird der Motor durch den 360-Wh-Akku, der fest im Unterrohr verbaut ist, sich zum Laden jedoch nicht entnehmen lässt. Dafür habt ihr die Möglichkeit, einen 160-Wh-Range Extender am Unterrohr über einen speziellen FIDLOCK-Halter zu montieren, der dann am gut zugänglichen Ladeport auf der Oberseite des Unterrohrs direkt hinter dem Steuerrohr eingesteckt wird. Wer im Detail wissen will, welche Features das TQ-HPR50-Motorsystem zu bieten hat und wie es sich in der Praxis gegen die Konkurrenz schlägt, sollte unseren großen Motoren-Vergleichstest genauer anschauen.

Optisch setzt das Canyon Spectral:ONfly auf die gleichen Designmerkmale wie das analoge Spectral und ist als solches direkt zu erkennen. Der Dämpfer ist horizontal verbaut und bildet mit den Sitzstreben eine Linie. In der LTD-Variante kommt das Spectral:ONfly mit einem schicken schwarzen Lack mit weißen Punkten. Für Schutz und Ruhe am Heck sorgt ein gut dimensionierter Kettenstrebenschutz, und eine Kettenführung hält die Kette im Zaum. Dass die Liebe im Detail steckt, zeigen auch Features, die man auf den ersten Blick nicht direkt sieht: Die austauschbaren Gewindeeinsätze am Hinterbau und einer Lackschutzfolie ab Werk sollen für ein langes Bike-Leben sorgen.

Der von Canyon und Syntace entwickelte K.I.S.-Lenkstabilisator ist jetzt in allen Spectral:ONfly-Modellen serienmäßig verbaut und befindet sich unter dem Display im Oberrohr. Damit soll laut Hersteller eine Spiralfeder, die beim Einlenken gespannt wird, für eine verbesserte Fahrstabilität des Bikes sorgen. Im Vergleich zur ersten Version ist der Lenkstabilisator mit einer schwächeren Feder ausgestattet. Aufgrund des beschränkten Platzangebots durch das K.I.S.-System im Steuerrohrbereich laufen die Züge nicht direkt durch den Steuersatz, sondern durch Kabelports hinter dem Steuerrohr in den Rahmen.

Die Ausstattung des Canyon Spectral:ONfly CF LTD 2025

In der von uns getesteten Top-Ausstattung LTD kommt das Canyon Spectral:ONfly
nur mit den feinsten Komponenten dahergerollt. Angefangen beim FOX Factory-Fahrwerk, bestehend aus einer FOX 36er-Gabel mit der hochwertigen GRIP2-Dämpfungskartusche und einem FLOAT X Factory-Luftdämpfer. Das Fahrwerk lässt in Sachen Einstellbarkeit und Trail-Performance keine Wünsche offen. Dank der neuen Canyon Connected-App könnt ihr anhand eures Fahrergewichts eine Empfehlung für den passenden Luftdruck und die Einstellung der Federelemente erhalten. Dieses App-Feature wird zunächst nur für das Canyon Spectral:ONfly verfügbar sein. Im Laufe der nächsten Saison wird erwartet, dass auch der Rest des MTB- und E-MTB-Portfolios das nützliche Feature erhält.

Für präzise Schaltperformance sorgt das elektrische SRAM XX Eagle Transmission-Schaltwerk, das ohne Schaltauge auskommt und direkt am Rahmen verschraubt ist. SRAM liefert auch die CODE Ultimate Stealth-Vierkolbenbremsen mit 200-mm-Bremsscheiben vorne und hinten, wodurch man auch auf langen und steilen Abfahrten genügend Bremspower zur Verfügung hat.
Die hauseigene Canyon G5-Sattelstütze liefert mit 200 mm in Größe M genügend Hub und somit auch Bewegungsfreiheit auf dem Trail – top! Ebenfalls von Canyon kommt der Canyon G5-Vorbau, der den 780 mm breiten G5 Alu-Lenker hält.

Neben Fahrwerk und Schaltung setzt Canyon auch bei den Laufrädern auf High-End-Komponenten und verbaut edle Reynolds Blacklabel Expert Carbon-Laufräder. Leider sind sie durch die MAXXIS-Reifen nicht gut geschützt, denn der DHR II vorne kommt in der pannenanfälligen EXO- und hinten in der etwas robusteren EXO+ Karkasse. Zudem haben beide die harte MaxxTerra-Gummimischung. Für mehr Trail-Performance und zum Schutz der Carbon-Laufräder raten wir, zumindest vorne auf die etwas robustere EXO+ Karkasse und für mehr Grip die weichere MaxxGrip-Mischung upzugraden.

Tuning-Tipp: robustere EXO+ Karkasse mit weicherer MaxxGrip-Gummimischung für mehr Trail-Performance

Weitere Ausstattungsvarianten des Canyon Spectral:ONfly 2025

Neben dem Topmodell Canyon Spectral:ONfly CF LTD gibt es drei weitere Ausstattungsvarianten. Alle kommen mit dem gleichen Carbonrahmen und dem TQ-HPR50-Motorsystem.

Den Einstieg macht das Canyon Spectral:ONfly CF8, es gehört mit 5.599 € zu den aktuell günstigsten E-MTBs mit TQ-HPR50-Motor. Ausgestattet ist es mit einem RockShox-Fahrwerk, bestehend aus einer Lyrik Base-Federgabel und einem Deluxe Select+ Dämpfer. Geschaltet wird mit einer Shimano DEORE 12-fach-Schaltgruppe und gebremst mit SRAM CODE R-Vierkolbenbremsen.
Über dem Canyon Spectral:ONfly CF8 ordnet sich das CF9 für 6.299 € ein und kommt mit einer FOX 36 Performance-Federgabel und einem FOX DPS-Luftdämpfer. Die kraftvollen Shimano XT-Vierkolbenbremsen und die zuverlässige Shimano XT 12-fach-Schaltgruppe sorgen für eine gute Performance auf dem Trail.
Das Canyon Spectral:ONfly gibt es auch in einer CLLCTV-Sonderedition, die nicht nur in einer eigenen Lackierung namens „Stadtwald“ kommt, sondern auch einen hohen Fokus auf Trail-Performance legt. Dazu wurde dem Spectral:ONfly CLLCTV eine massive 38er Performance-Federgabel mit der hochwertigen GRIP2-Dämpfungskartusche und ein FOX FLOAT X Performance-Luftdämpfer spendiert. Es ist auch das einzige Modell mit einem MAXXIS ASSEGAI-Reifen an der Front. Beide Reifen setzen allerdings auf die pannenanfällige Kombination aus dünner EXO- und EXO+ Karkasse und die harte MaxxTerra-Gummimischung. Geschaltet wird elektrisch mit der robusten SRAM GX Eagle Transmission-Schaltgruppe. Wollt ihr das CLLCTV-Sondermodell euer Eigen nennen, müsst ihr dafür 7.299 € auf den Tisch legen.

Die Geometrie des Canyon Spectral:ONfly 2025

Das Canyon Spectral ist in vier Größen von S bis XL erhältlich und soll Fahrer von 163 cm bis 200 cm abdecken. Wie bei allen Canyon-Bikes wurde die Größenbenennung etwas angepasst, beispielsweise wird für Fahrer von rund 180 cm Größe M geeiignet sein. Die Reach-Werte haben sich über die Größen hinweg etwas verändert, während die Kettenstrebenlänge – mit 440 mm ist sie weder übermäßig lang noch kurz – über die Rahmengrößen nicht mitwächst. Das Sattelrohr fällt mit 415 mm in Größe M kurz aus, dennoch lässt sich eine 200 mm lange Sattelstütze komplett einstecken, was für viel Bewegungsfreiheit auf dem Trail sorgt – top!

Größe	S	M	L	XL
Oberrohr	594 mm	621 mm	648 mm	675 mm
Sattelrohr	400 mm	415 mm	445 mm	455 mm
Steuerrohr	105 mm	115 mm	125 mm	135 mm
Lenkwinkel	64°	64°	64°	64°
Sitzwinkel	76,5°	76,5°	76,5°	76,5°
Kettenstrebe	440 mm	440 mm	440 mm	440 mm
Tretlagerabsenkung	31 mm	31 mm	31 mm	31 mm
Radstand	1.221 mm	1.251 mm	1.280 mm	1.309 mm
Reach	445 mm	470 mm	495 mm	520 mm
Stack	620 mm	629 mm	638 mm	647 mm

Das Canyon Spectral:ONfly 2025 auf dem Trail

Schwingt man sich auf den Sattel, platziert einen das Canyon Spectral:ONfly
in einer bequemen, aber leicht sportlichen Sitzposition. Dadurch sind auch lange Tage im Sattel kein Problem, ohne abends direkt mit Schmerzen vom Bike zu steigen. Im Uphill kommt das Canyon Spectral:ONfly eher einem analogen MTB als einem kraftvollen E-MTB gleich. Der TQ-HPR50-Motor vermittelt ein sehr natürliches Fahrgefühl und schiebt einen wie mit leichtem Rückenwind Richtung Gipfel. Man muss zwar etwas Eigenleistung bringen, aber der Motor passt perfekt zur sportlichen Ausrichtung des E-MTBs. Dank der eigenen Fahrmodi hat man außerdem immer das Gefühl, genügend Unterstützung zu bekommen. Der Hinterbau arbeitet effizient, und ein Griff zum Climb Switch ist nicht nötig. Auf losem Untergrund generiert er gute Traktion.

Startet man auf den Trail, fühlt man sich bereits auf den ersten Metern sofort wohl. Man steht tief integriert im Bike, was für ein hohes Sicherheitsempfinden sorgt, und selbst Anfänger trauen sich, die Bremsen etwas mehr offen zu lassen. Besonders auf Flowtrails beschert einem das Canyon Spectral:ONfly viel Fahrspaß und man bekommt das Grinsen kaum mehr aus dem Gesicht. Sein verspieltes Handling und das Mullet-Setup machen es zum Kurvenräuber und durch das straffe Fahrwerk generiert man viel Speed, indem man über Roller pusht. Spontan an der Kante abziehen, um Flugmeilen zu sammeln? Kein Problem! Auch bei einer verpatzten Landung wartet das Fahrwerk mit hohen Reserven auf. Wird der Trail rougher, überzeugt das Canyon mit einem guten Mix aus Laufruhe und Agilität. Richtungswechsel von der Lowline auf die Highline gehen ohne große Mühe von der Hand, und in offenen Kurven muss man dank der guten Balance zwischen Front und Heck nicht aktiv auf die Front arbeiten. Das Canyon Spectral:ONfly schreckt weder vor flowigen Trails noch vor roughen und technischen Enduro-Trails zurück und ist ein Begleiter für viele Szenarien.

Für wen ist das Canyon Spectral:ONfly 2025?

Das Canyon Spectral:ONfly ist in erster Linie für alle, die ein sportliches und leichtes E-MTB in schlichter Optik suchen. Es ist ein starker Allrounder, der sich für viele Arten von Trails eignet, insofern man bereit ist, etwas mehr Eigenleistung im Uphill zu bringen. Alle, die ein Bike suchen, das einen entspannt den Berg hochshuttelt, sollten lieber nach einem Full-Power-E-MTB im Portfolio Ausschau halten.

Fazit zum Canyon Spectral:ONfly 2025

Schlichte Optik trifft auf hohe Trail-Performance. Das Canyon Spectral:ONfly führt erfolgreich die guten Allround-Eigenschaften der Spectral-Reihe fort und schließt die Lücke im E-MTB-Portfolio der Koblenzer. Abgesehen von kleinen Abstrichen bei der Ausstattung liefert Canyon mit dem Spectral:ONfly ein rundes Gesamtpaket zu einem fairen Preis und spricht damit auch Fahrer aller Skill-Level an.

Für mehr Informationen besucht canyon.com

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Words: Mike Hunger Photos: Markus Greber