Eine Schwangerschaft dauert im Schnitt 9 Monate, genauso lange ließ das zweite Canyon E-Mountainbike auf sich warten. Das Canyon Neuron:ON ist in vielerlei Hinsicht ein Geschwisterchen des Spectral:ON, doch hat es auch einen eigenen Charakter?
Die Abstammung ist unverkennbar, der Rahmen des Neuron:ON ist im Stand praktisch nicht vom Spectral:ON zu unterscheiden. Wie das große Vorbild setzt auch das Neuron:ON auf den Shimano STEPS E8000 Motor mit dem bekannten semi-integrierten 500 Wh-Akku, erst beim genaueren Hinsehen fallen die Unterschiede auf. Statt auf gemischten Laufradgrößen rollt das Neuron:ON auf 29” vorne und hinten, bei den kleinen Rahmengrößen S und XS setzt Canyon auf 27,5er Räder. Das Fahrwerk verfügt über 130 mm Federweg an Front und Heck.
Canyon positioniert das Neuron:ON als E-MTB für Touren und gemäßigte Trails, so soll es eine Alternative für diejenigen sein, denen das Spectral zu trailorientiert ist. Auch preislich ist das Neuron:ON unterhalb des Spectral:ON angesiedelt. Das getestete Neuron:ON 7.0 für 4.299 € ist das Topmodell, den Einstieg bildet das Neuron:ON 5.0 für 3.299 € – im Vergleich dazu kostet das günstigste Spectral:ON 500 € mehr.
Die Ausstattung Canyon Neuron:ON 7.0
Das Neuron:ON 7.0 markiert die Speerspitze des Line-ups und ist für 4.299 € erhältlich, hochwertigere Ausstattungen bleiben dem Spectral:ON vorbehalten. Dennoch gibt es kaum etwas zu meckern, das Neuron:ON 7.0 setzt auf ein FOX Performance-Fahrwerk mit einer 34 FLOAT-Federgabel und einem FLOAT DPS-Dämpfer. Die absenkbare Sattelstütze stammt ebenfalls von FOX, geschaltet und gebremst wird mit Shimanos XT – leider verbaut Canyon nur die Zwei-Kolben-Version der Bremse mit kleinen 180-mm-Bremsscheiben. Die 2,6” breiten Schwalbe Reifen sind auf Alexrims-Felgen mit 30 mm Innenbreite aufgezogen, an der Front verbaut Canyon einen Hans Dampf, am Heck einen Nobby Nic – beide in der härteren Speedgrip-Gummimischung die sich weniger schnell abnutzt, dafür aber auch etwas weniger Grip bietet.
Federgabel FOX 34 Float Performance 130 mm
Dämpfer FOX DPS Performance 130 mm
Motor/Akku Shimano Steps E8000 504 Wh
Schaltung Shimano XT
Bremsen Shimano XT 180/180 mm
Sattelstütze FOX Transfer Performance 150 mm
Vorbau Race Face Ride 60 mm
Lenker Race Face Ride 760 mm
Naben/Felgen Shimano XT/Alexrims E-MTB
Reifen Schwalbe Hans Dampf/Nobby Nic 2.6
Preis 4.299 €
Gewicht 22,24 kg (Größe L)
Ein neues Feature ist der USB-Port am Oberrohr, den Canyon für die kommende Saison auch dem Spectral:ON spendiert. Dort lässt sich nicht nur ein Smartphone oder GPS-Gerät mit Strom versorgen, sondern auch eine Lampe betreiben – perfekt, wenn man keine fest verbaute Lösung möchte. Das Neuron:ON verfügt trotz externem Akku über eine Flaschenhalterung, die zumindest für eine kleine Flasche Platz bietet. Alles in allem ist die Ausstattung relativ unspektakulär, aber zweckmäßig und passt sehr gut zum angepeilten Einsatzbereich.
Die Geometrie des Canyon Neuron:ON 7.0
Die Geometrie des Neuron:ON ist eng an die des Spectral:ON angelehnt und bietet wenig Überraschendes. Die Front des Neuron:ON ist trotz eines längeren Steuerohrs etwas niedriger, das Bike insgesamt einen Tick kürzer. Um Platz für das große Hinterrad zu schaffen, sind die Kettenstreben etwas länger geworden, bergauf bleibt das Vorderrad damit leichter am Boden.
| Größe | XS | S | M | L | XL |
|---|---|---|---|---|---|
| Sattelrohr | 420 mm | 430 mm | 440 mm | 480 mm | 520 mm |
| Oberrohr | 565 mm | 586 mm | 611 mm | 635 mm | 659 mm |
| Steuerrohr | 95 mm | 100 mm | 110 mm | 125 mm | 140 mm |
| Lenkwinkel | 66,3° | 66,3° | 67,5° | 67,5° | 67,5° |
| Sitzwinkel | 74° | 74° | 74° | 74° | 74° |
| Kettenstrebe | 440 mm | 440 mm | 440 mm | 440 mm | 440 mm |
| Tretlagerabsenkung | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm |
| Radstand | 1.138 mm | 1.160 mm | 1.172 mm | 1.198 mm | 1.223 mm |
| Reach | 395 mm | 415 mm | 435 mm | 455 mm | 475 mm |
| Stack | 584 mm | 588 mm | 614 mm | 628 mm | 641 mm |
| Laufradgröße | 27,5″ | 27,5″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Das Canyon Neuron:ON 7.0 auf dem Trail
Die Sitzposition des Canyon Neuron:ON bietet eine angenehme Mischung aus Sportlichkeit und Komfort, in der Ebene fühlt man sich sofort wohl. Auf Anstiegen fällt der gute Halt des SD:ON-Sattels auf, der mit seiner stark hochgezogenen Heckpartie auf steilen Rampen eine echte Hilfe ist. Der 760 mm schmale Lenker bietet den perfekten Mix aus Kontrolle im Gelände und Komfort auf langen Touren. Statt der 165 mm langen Kurbeln beim Spectral:ON setzt Canyon beim Neuron:ON mit 170 mm Länge auf etwas traditionellere Maße.
Plant man einen zweiten Akku im Rucksack mitzuführen, ist das Neuron:ON mit seinem „klassischen“ Shimano-Akku eine gute Wahl, denn dieser ist äußerst kompakt und lässt sich in wenigen Sekunden wechseln.
Bergab zeigt sich das Neuron:ON von seiner wilden Seite und steckt mehr weg, als das zahme Äußere vermuten lässt. Die 29er Laufräder rollen gut über Hindernisse und bieten hohen Komfort, auch die 2,6” breite Schwalbe Bereifung ist für den Toureneinsatz eine gute Wahl. So muss sich das Neuron:ON nicht vor dem Spectral:ON verstecken, erst wenn das Gelände anspruchsvoller wird, hat der große Bruder die Nase vorne. Für die meisten Fahrer bietet das Neuron:ON aber ausreichende Reserven und stellt ebenfalls ein sehr rundes Gesamtpaket dar.
Das Fahrwerk arbeitet sehr berechenbar und ist etwas linearer ausgelegt als beim Spectral:ON. So bietet das Neuron:ON auch im Sitzen viel Komfort und nutzt den Federweg gut aus. An der Front würde eine 140-mm-Gabel den Einsatzbereich des Bikes nochmal spürbar vergrößern, ohne die Tourentauglichkeit negativ zu beeinflussen. Unverständlich ist die Wahl der Bremsen, denn gerade weniger versierte Fahrer bringen die kleinen Scheiben mit ihrer Bremstechnik schnell an die Grenzen – hier lohnt sich in jedem Fall ein Upgrade auf 200-mm-Scheiben.
Fazit
Mit dem Neuron:ON erweitert Canyon die eigene Modellpalette nach unten. Tourenfahrer, die gerne lange Tage im Sattel verbringen und bevorzugt auf Forstwegen und gemäßigten Trails unterwegs sind bekommen mit dem Canyon Neuron:ON ein gelungenes E-Mountainbike zu einem äußerst fairen Preis. Wer viel auf Trails unterwegs ist und sich gerne an anspruchsvollere Abfahrten wagen möchte, sollte aber weiterhin zum Spectral:ON greifen.
Mehr Infos unter canyon.com
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Words: Photos: Christoph Bayer
