„Form follows function“ ist ein bei Ingenieuren beliebter Satz, der offensichtlich auch beim brandneuen Cannondale Moterra berücksichtigt wurde. Der US-Hersteller überrascht auf den Eurobike Media-Days in Kirchberg in Tirol mit einem aggressiven E-Mountainbike, welches laut eigener Aussage ein besseres Handling als alle anderen E-Bikes auf der Welt haben soll. Ob das Moterra hält, was Marketing und Entwickler versprechen?

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Das Cannondale Moterra LT 1 | 23,4 kg | 5.999 €
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Auf den ersten Blick wird klar: Das Cannondale Moterra ist anders. Mit seiner voluminösen Formsprache und komplexen Konstruktion gewinnt der abgestützte Eingelenker, den es in zwei Modellversionen geben wird zwar keinen Schönheitswettbewerb, aber dafür einige anerkennende Blicke für die Ingenieurs-Leistungen.

Das „normale“ Moterra bietet 130 mm Federweg an Front und Heck und kommt mit 27.5+ Reifen.
Das „normale“ Moterra (ohne LT) bietet 130 mm Federweg an Front und Heck und kommt mit 27.5+ Reifen.
Das Moterra LT (Long Travel) kommt mit 160 mm Federweg und regulären 27,5 x 2,35“ Reifen und einer robusteren Ausstattung.
Das Moterra LT (Long Travel) kommt mit 160 mm Federweg und regulären 27,5 x 2,35“ Reifen und einer robusteren Ausstattung.

Drei grundlegende Punkte wollte Cannondale bei der Entwicklung berücksichtigen: den aktuell besten Motor verwenden, eine Flaschenhaltermontage im Rahmendreick ermöglichen und das E-Mountainbike mit dem besten Handling auf dem Markt erschaffen.
Offensichtlich haben die in Freiburg stationierten Entwickler tief in die Trickkiste gegriffen, um den Bosch Performance CX Motor möglichst gut an ihre Bedürfnisse anzupassen.

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Das zu lösende Problem: Der aktuelle Bosch Motor lässt kaum Spielraum für eine einfache Integration oder Anpassung des Antriebs. Stattdessen sucht jeder Hersteller nach Möglichkeiten das Bike möglichst gut um den Motor herum zu konstruieren. Und hier hat Cannondale einige sehr interessante und innovative Detaillösungen gefunden, welche die Fahrperformance der beiden Moterra-Modelle mit Bosch Performance CX Motor entscheidend verbessern sollen.

BatStrap-Gummischutz. Ein elastisches Gummi-Band, welches über den Akku gespannt und in der Skid-Plate im Tretlagerbereich eingehakt wird.
BatStrap-Gummischutz: Ein elastisches Gummi-Band, das über den Akku gespannt und in der Skid-Plate im Tretlagerbereich eingehakt wird.
Am auffälligsten ist die Akku-Integration in das Unterrohr. Die Torsion-Box soll nicht nur maßgeblich zur Steifigkeit des massiven Chassis beitragen, sondern vor allem für einen optimalen Schwerpunkt sorgen.
Besonders die Akku-Integration ins Unterrohr sticht hervor: Die Torsion-Box soll nicht nur maßgeblich zur Steifigkeit des massiven Chassis beitragen, sondern vor allem für einen optimalen Schwerpunkt sorgen.
Einzigartig: Mit dieser Akku-Integration ist das Cannondale Moterra das erste Bosch-angetriebene, vollgefederte E-Mountainbike, das Platz für einen Flaschenhalter im Rahmendreieck besitzt. Hier finden 500 ml Flaschen Platz. Der Akku kann im Rahmen geladen werden.
Einzigartig: Das Cannondale Moterra ist das erste Bosch-angetriebene, vollgefederte E-Mountainbike, das Platz für einen Flaschenhalter im Rahmendreieck bietet. Hier finden 500 ml Flaschen Platz. Der Akku kann im Rahmen geladen werden.
Dank integrierter Kettenführung bleibt die Kette, bei ruppigeren Abfahrten an Ort und Stelle.
Dank einer integrierten Kettenführung bleibt die Kette auch bei ruppigeren Abfahrten an Ort und Stelle.

Um den relativ exponierten Bosch 500Wh-Akku zu schützen setzt Cannondale auf den BatStrap-Gummischutz. Ein elastisches Gummi-Band, welches über den Akku gespannt und in der Skid-Plate im Tretlagerbereich eingehakt wird. Handhabung und Funktion sind OK, auch wenn die Konstruktion etwas rudimentär wirkt. Das Gummiband deckt den Akku nach unten hin jedoch nicht vollständig ab, wie groß der tatsächliche Schutzfaktor ist, wird sich nur in einem Dauertest zeigen. Ebenfalls, ob das Akku-Schloss auf Dauer gegen Schlamm und Wasser stand hält.

Statt auf den Boost-Achs-Standard zu setzten, verwendet Cannondale eine breitere 157mm-Steckachse im Heck wie es beispielsweise auch Scott bei dem E-Genius Plus macht. Um die entsprechend weiter außen liegende Kettenlinie auszugleichen, wurde das Ai-Kettenblatt entwickelt, welches 6mm weiter außen liegt. Hier wird die Kette zudem über eine kleine Kettenführung auf Spur gehalten.

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Auf die Si-Motorhalterung ist man bei Cannondale besonders stolz.

Ein klares Highlight ist die Si-Motorhalterung, welche das Original aus dem Hause Bosch komplett ersetzt und eine deutlich kompaktere Integration des Motors zulässt. So sind die 443 mm Kettenstreben am langhubigeren Cannondale Moterra LT absolute Weltklasse – über 20 mm kürzere Kettenstreben als die Konkurrenz. Allerdings ist in diesem Fall der super kompakt konstruierte Hinterbau nur für 27.5“-Reifen und keine dickeren 27+ Reifen ausgelegt.

Das Cannondale Moterra LT 1: Ausstattung, Gewicht & Preise

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Mit einer durchdachten und für den Preis von 5.999 € guten Ausstattung bleibt die Waage bei einem Gewicht von 23,4 kg für das Moterra LT 1 stehen. Neben dem potenten Fox-Fahrwerk sind insbesondere die stabilen Schwalbe SuperGravity-Reifen in Kombination mit den DT Swiss XM481 Felgen mit 30 mm Maulweite positiv hervorzuheben. Die Shimano XT Bremsen und Shimano XT-Antrieb mit 11-42t Kassette gehen in Ordnung. Allerdings ist eine 200 mm Bremsscheibe am Heck Pflicht!

Gabel: Fox Factory 36 FLOAT FIT4 160mm, Kashima Coat
Dämpfer: Fox Factory FLOAT EVOL 160mm, Kashima Coat
Motor: Bosch Performance CX 250W
Batterie: Bosch Power Pack 500Wh
Bremsen: Shimano XT
Antrieb: FSA CK-745/170mm
Sattelstütze:KS LEV Integra dropper
Vorbau: Cannondale C1, 45mm
Lenker: Cannondale C2, 780 mm
Reifen front: Schwalbe Magic Mary SugerG 2.35
Reifen rear: Hans Dampf 2.35
Laufräder: DT XM 481
Gewicht: 23,4 kg
Preis: 5.999 €

Das Cannondale Moterra – Ausstattung, Gewicht & Preise

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Gabel: Fox Factory 34 FLOAT FIT4 130mm, 3Pos-adjust
Dämpfer: Fox Factory FLOAT EVOL 130mm, Kashima Coat
Motor: Bosch Performance CX 250W
Batterie: Bosch Power Pack 500Wh
Bremsen: Shimano XT
Antrieb: FSA CK-745/170mm
Sattelstütze:KS LEV Integra dropper
Vorbau: Cannondale C1, 60mm
Lenker: Cannondale C2, 780 mm
Reifen: Schwalbe Nobby Nic SnakeSkin 2.8″
Laufräder: DT XM 551
Gewicht: 22,4 kg
Preis: 5.999 €

Cannondale Moterra 2

Moterra 2

Gabel: RockShox Yari RC, 130mm, B+, Solo Air
Dämpfer: RockShox Monarch R, DebonAir, 130mm
Motor: Bosch Performance CX 250W
Batterie: Bosch Power Pack 500Wh
Bremsen: Shimano SLX 203mm/180mm
Antrieb: FSA CK-745/170mm
Sattelstütze:KS LEV Integra dropper
Vorbau: Cannondale C1, 60mm
Lenker: Cannondale C2, 780 mm
Reifen: Schwalbe Nobby Nic SnakeSkin 2.8″
Laufräder: WTB Scarper i45
Gewicht: 22,6 kg
Preis: 4.999 €

Cannondale Moterra 3

Moterra-3-NBL

Gabel: RockShox Sektor Silver RL, 130mm, B+, Solo Air
Dämpfer: RockShox Monarch R, DebonAir, 130mm
Motor: Bosch Performance CX 250W
Batterie: Bosch Power Pack 500Wh
Bremsen: Shimano Deore 180mm/180mm
Antrieb: FSA CK-745/170mm
Sattelstütze:Cannondale C3
Vorbau: Cannondale C1, 55mm
Lenker: Cannondale C2, 780 mm
Reifen: Schwalbe Nobby Nic SnakeSkin 2.8″
Laufräder: Cannondale Beast
Gewicht: 23,4 kg
Preis: 3.999 €

Geometrien der Cannondale Moterra Modelle

Cannnndale Moterra

Größe S M L XL
Sitzrohr 400 mm 440 mm 480 mm 520 mm
Oberrohr 574 mm 601 mm 631 mm 658 mm
Steuerrohr 110 mm 122 mm 134 mm 134 mm
Lenkwinkel 67° 67,5° 67,5° 67,5°
Sitzwinkel 75° 74° 74° 74°
Kettenstrebe 457 mm 457 mm 457 mm 457 mm
Tretlager höhe 34,7 mm 34,7 mm 34,7 mm 34,7 mm
Radstand 1.172 mm 1.183 mm 1.214 mm 1.241 mm
Reach 414 mm 425 mm 452 mm 479 mm

Cannondale Moterra LT

Größe S M L XL
Sitzrohr 400 mm 440 mm 480 mm 520 mm
Oberrohr 556 mm 586 mm 616 mm 643 mm
Steuerrohr 110 mm 122 mm 134 mm 134 mm
Lenkwinkel 66° 66° 66° 66°
Sitzwinkel 74,8° 74,8° 74,8° 74,8°
Kettenstrebe 443 mm 443 mm 443 mm 443 mm
Tretlager höhe 35,7 mm 35,7 mm 35,7 mm 35,7 mm
Radstand 1.157 mm 1.189 mm 1.221 mm 1.248 mm
Reach 396 mm 423 mm 450 mm 477 mm

Erster Test Cannondale Moterra LT

Auf dem Trail merkt man sofort, dass echte Mountainbiker dieses Rad konstruiert haben. Das ausgewogene Handling sorgt von Beginn an für ein hohes Sicherheitsgefühl auf dem Trail. Mit 30% SAG liegt das Moterra satt auf der Strecke und lässt sich bei Highspeed nicht allzuschnell aus der Ruhe bringen.

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Wird es verblockt und wurzelig erfordert das sehr steife Chassis eine etwas erfahrene Hand, da es durch die hohe Steifigkeit nicht so gutmütig Fahrfehler verzeiht, wie es andere, weniger steife Bikes tun.

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Unsere Befürchtungen, dass das sehr weit nach vorne gezogene Unterrohr (Torsion Box) beim Abrollen von steilen Stufen aufsetzen könnte, wurden nicht bestätigt. Selbst steilste Stufen oder Absätze nimmt das Moterra gelassen.

Das FSA-Cockpit gefällt mit 45 mm kurzem Vorbau und 780 mm breitem Lenker, der sich im Zweifel auch kürzen lässt. Um das Bike in die Luft zu bekommen bedarf es etwas Kraft, liegt bei Sprüngen dann jedoch sehr stabil in der Luft.

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Trotz der aggressiven Eckdaten des Moterra LT wurde die Geometrie moderat gehalten. Mit dem 66° Lenkwinkel lässt sich das Bike gut in der Ebene und selbst im technischen bergauf fahren.
Die Front bleibt auch bei steilen Anstiegen, dank der kurzen Kettenstreben, auf dem Boden. Wie generell bei E-Mountainbikes gilt es hier, einen Unterstützungsmodus herunterschalten und gefühlvoll treten, um kniffelige Uphills ohne Traktionsverluste zu meistern.
Die offene Motorenkonstruktion sieht sehr zerklüftet aus und dürfte insbesondere nach Schlammschlachten für Putzorgien sorgen.

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Unsere Meinung zum Cannondale Moterra LT 1

„Form follows function“ trifft im Falle des Moterra LT den Nagel auf den Kopf. Technisch überzeugt das neue E-Mountainbike des US-Herstellers zweifelsohne und begeistert mit einigen sehr cleveren Lösungen, die teils ausgereift und elegant, teils jedoch etwas rudimentär und provisorisch wirken. Auch wenn 5.999€ für die verbauten Technologien und die Ausstattung ein guter Deal sind, fehlt uns ein dem Preis entsprechendes Finish. Und die Optik – ist natürlich wie immer Geschmackssache!

Alle Informationen findet ihr auf der Cannondale Website.


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Words: Robin Schmitt Photos: Christoph Bayer

Über den Autor

Robin Schmitt

Robin ist einer der zwei Verlagsgründer und Visionär mit Macher-Genen. Während er jetzt – im strammen Arbeitsalltag – jede freie Sekunde auf dem Bike genießt, war er früher bei Enduro-Rennen und ein paar Downhill-Weltcups erfolgreich auf Sekundenjagd. Nebenbei praktiziert er Kung-Fu und Zen-Meditation, spielt Cello oder mit seinem Hund (der eigentlich seiner Freundin gehört!), bereist fremde Länder und testet noch immer zahlreiche Bikes selbst. Progressive Ideen, neue Projekte und große Herausforderungen – Robin liebt es, Potenziale zu entdecken und Trends auf den Grund zu gehen.