Die Krise begann mit einer kleinen Nebensächlichkeit. Und dann wurde sie groß. Die Gedanken versagten, gerieten außer Kontrolle. Dabei wäre die Lösung so einfach gewesen.

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Um die Wirtschaftskrise geht es hier nicht, ebenso wenig um die spanische Identitätskrise, die lauten katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen. Nein, hier geht es um die Arbeit. Diese Geschichte könnte ebenso in Zürich, San Francisco oder Rom spielen. Bei den geradlinigen Schweizern, den Awesome-Amerikanern oder den Mamma-Mia-Italienern.

Aber zufällig spielt sie nun einmal hier. In meinem Leben. Während ich angestrengt versucht habe, aus meinem Dasein ein nach gesellschaftlichen Normen erfolgreiches Leben zu machen, habe ich mich vor ein paar Jahren für den Weg über die Businessschool ins Turbo-Geschäftsleben entschieden. Und ehe ich mich versah, saß ich mit Anzug und Selbstbewusstsein verleihender Armbanduhr in einem der Geschäftstürme nahe des Plaza de Gloriés. Eine neue Welt voller ernster Blicke, gesellschaftlicher Zwänge und gleichzeitig doch voller Hoffnung – jedenfalls zu Beginn. Meine alten Leidenschaften (Sport und eine dauerhafte Beziehung) hatte ich bewusst aufgegeben.

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"Businessschool, Turbo-Geschäftsleben, Anzug und Selbstbewusstsein verleihende Armbanduhr"
“Businessschool, Turbo-Geschäftsleben, Anzug und Selbstbewusstsein verleihende Armbanduhr”

Jetzt war ich erst einmal mit meinem Job verheiratet. Man muss sich ja schließlich konzentrieren und alles geben, wenn man etwas werden will. Den Maßstab gibt die Gesellschaft vor, mit in den Medien glitzernden Erfolgsgeschichten der Stars und Sternchen dieser Welt. Misst man sich hieran, an dem aufregenden, abwechslungsreichen, scheinbar anstrengungslosen Leben dieser Idole, fängt man an sich zu zweifeln an.

Und genau hier beginnt die Krise, meine Krise. In der Eintönigkeit des Alltags, in der Normalität, die jeden Morgen mit einem Starbucks-Cappuccino beginnt und mit dieser Bedienung, die nach all den Jahren immer noch nicht meinen Namen richtig auf den Kaffeebecher schreiben kann. Sie zieht sich weiter mit meinem cholerischen Chef und den langen Arbeitszeiten vor flimmernden Bildschirmen, über die die Zahlen so schnell huschen, dass meine Augen sie selbst nicht mehr verstehen können. Abwechslung? Fehlanzeige. Spaß? In etwa so viel, wie sich ein Keks freut, wenn er in den lauwarmen Kaffee getunkt und dann hinuntergeschlungen wird.
Habe ich dafür so lange studiert? In Praktika geschuftet und Netzwerke aufgebaut? Erschöpft und dennoch irgendwie erleichtert komme ich jeden Abend nach Hause und während ich mit meiner letzten verbleibenden Tagesration Aufmerksamkeit den Fernseher anschalte, ist mein einzig kleines Stückchen Revolte und Freiheit die kühle Flasche Bier, die ich mit routinierter Sorgfalt Abend für Abend in mich hineinschütte.

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Für Sport bleibt keine Zeit und noch viel schlimmer: keine Motivation. Der Druck steigt, die Erwartungen ebenso. Während die Stadt in einer nie endenden Rush-Hour versinkt, mein Leben Tag ein, Tag aus an mir vorüberfliegt, vergesse ich, mir eines zu nehmen: Zeit. Prioritäten zu setzen und Konsequenzen zu ziehen. Was will ich, was kann ich und was tut mir gut? Schließlich sollte ich und nicht mein Chef über mein Leben entscheiden. Ich bin der Überzeugung, dass jeder Mensch ein Hobby braucht. Eine Leidenschaft als Ventil für den ganzen Alltagsstress, als sinnstiftendes Element im Leben. Ich bin früher Mountainbike gefahren, doch wegen der langen Arbeitszeiten schnaufe ich mittlerweile sogar bei einer der kurzen Joggingrunden an der Strandpromenade, zu denen ich mich ohnehin (sehr) selten aufraffe.

Die beste Entscheidung war dann mein E-Mountainbike. Mit ihm kam die Einsicht: Ich muss mich nicht an anderen Leuten messen, an deren Sportlichkeit und deren Normen. In meinem Leben geht es um mich. Und darum, wie ich glücklich werde.

Barcelona hat Berge. Fährt man gen Meer, geht es immer bergab, doch ich wollte stets bergauf. Mit dem E-Mountainbike erstrample ich mir jetzt meine Freiheit mit doppelter Geschwindigkeit und habe selbst bergauf Spaß – trotz meiner vom Bürostuhlsitzen ausgedünnten Waden.

Das Schönste: Die Motivationshürde, rauszugehen und Sport zu machen, ist überwunden. Und jetzt ist er auch wieder zurück, der Optimismus. Krise überwunden! Endlich geht es jetzt wieder flott bergauf – vorzugsweise mit dem E-Mountainbike.

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Text: Ferdinand Rodriguez Fotos: Sebas Romero


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Über den Autor

Aaron Steinke

Aaron war der erste Mitarbeiter unseres Unternehmens, hat es tatkräftig mit aufgebaut und dabei den Auftritt und die Ausrichtung unserer Magazine maßgeblich mitgeprägt. Seit Mitte 2020 verfolgt er eigene Projekte, berät und unterstützt uns aber weiterhin bei Marketing- und Technik-Themen. Viele Jahre lang konnte man Aaron vor allem auf spaßorientierten Enduro-Rennen finden, in letzter Zeit auch vermehrt auf dem Rennrad – es lebe die Freiheit auf zwei Rädern!