Haibike gilt als früher Pionier der E-MTB-Welt – und hat sich im letzten Jahrzehnt von einer eher durchschnittlich bekannten Fahrradmarke zu einem der namhaftesten Unternehmen der E-Bike-Branche entwickelt. Anlässlich des Jubiläums haben wir Haibike besucht und über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft gesprochen.

Die Erfolgsgeschichte von Haibike begann auf der EUROBIKE 2010. Hier überraschte die eher unauffällige Fahrradmarke aus Schweinfurt mit drei Bikes, bei denen der Bosch-Motor gedreht eingebaut und nicht – wie damals üblich – einfach von unten befestigt war. Der Vorteil: Der Motor war besser geschützt und die Bikes eigneten sich erstmals für den Geländeeinsatz. Haibike öffnete damit die Tür zum E-Mountainbiken, wie wir es heute kennen. Die Vorstellung dieses ersten E-MTBs war der Startschuss, der ein Umdenken in der kompletten Branche initiierte. Auch für uns: Nach den ersten Testfahrten 2012 gründeten wir 2013 mit E-MOUNTAINBIKE das weltweit erste E-MTB-Magazin.

Auf dem Foto seht ihr Robin 2012 mit einem der ersten E-MTBs von Haibike. Auch bei uns hat das damals innovative Konzept für ein Umdenken gesorgt. Das Resultat: 2013 haben Robin und sein Bruder Max-Philip das weltweit erste E-MTB-Magazin gegründet – E-MOUNTAINBIKE.

Bei der Elektrifizierung von Bikes setzte Haibike in den folgenden Jahren regelmäßig Trends: das erste 29er-E-MTB, das erste Elektro-Rennrad, das erste Carbon-E-MTB-Fully, das erste E-Downhill-Bike und mit eConnect das erste System als Baustein smarter E-Bikes, über das man automatisch Notrufe absetzen oder das Bike orten lassen konnte. Auch wenn es darum ging, neue Zielgruppen und Märkte zu erschließen, war Haibike immer ganz vorne mit dabei: Die Marke entwickelte E-Bikes für Kids, begeisterte junge Core-Mountainbiker durch das Sponsoring von Freeride-Athleten wie Sam Pilgrim oder Yannick Granieri, sprach urbane SUV-Rider an und eroberte auch Märkte wie Nordamerika, wo sie vor den großen US-amerikanischen Playern ihre E-Modelle launchten.

Wir entwickeln Innovation nicht in einem spitzen Bereich, sondern wollen sie mittelfristig immer der breiten Masse zur Verfügung stellen.

Die Mission von Haibike ist bei all diesen Entwicklungen die gleiche geblieben: frühzeitig die Bedürfnisse von E-Bikern zu erkennen und Produkte dafür zu entwickeln. Grundvoraussetzung dafür ist zu wissen, was der Kunde in Zukunft brauchen wird, und darauf einzugehen. Außerdem sieht sich Haibike in der Verantwortung, Innovationen mittelfristig immer der breiten Masse an Bikern zur Verfügung zu stellen und damit für möglichst viele Menschen die User-Experience und das Fahrerlebnis zu verbessern. Bei der Gründung 1995 war Haibike zwar noch die sportive Submarke von Winora – aber schon damals ging es den Machern nicht nur darum, den Charakter der Dachmarke ins sportive Segment zu übertragen. Sie wollten vielmehr möglichst vielen Bikern ermöglichen, genau die Bikes zu fahren, die sie brauchen und wollen.

Für uns ist Faszination Haibike, daran zu glauben, was es noch nicht gibt, und das erfolgreich umsetzen.

Die Gegenwart: Wer steckt hinter Haibike und was macht die Marke aus?

Um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, arbeiten Entwicklungsabteilung, Produktmanagement, Design und Marketing bei Haibike eng zusammen. Strategisch wird alles abgestimmt. Trotz der räumlichen Trennung der beiden Standorte Schweinfurt und München mit insgesamt über 450 Mitarbeitern sind die Entwicklungsteams im ständigen Austausch. Möglich machen es moderne Kommunikationsmittel, aber vor allem muss das Mindset der Mitarbeiter stimmen. Egal mit wem wir bei unserem Besuch gesprochen haben, es wurde schnell klar, was alle verbindet: die Liebe zum Radsport und das Bewusstsein für das enorme Potenzial der Marke, die Branche auch weiterhin maßgeblich mitzugestalten.

Christoph Mannel
Regional Managing Director Accell
Matthias Rückerl
Brand Manager Haibike
Christian Malik
Head of R&D und Produktmanagement
Udo Zrenner
Leiter Gläserne Manufaktur
Benjamin Turck
Industrial Design Lead HDCM
Piers Spencer-Phillips
Co-CEO HDCM, CTG (Color Trim and Graphic) und Communication Design

Biken bedeutet für uns weit mehr als nur Fortbewegung. Biken ist für uns Freiheit, Mut, Leidenschaft, Lust am Entdecken und Innovation, die niemals stehen bleibt. Ganz gleich ob Newcomer, Abenteurer oder Pro – wir wollen Menschen dazu antreiben, Grenzen auszuloten und zu erweitern, bergauf und bergab, bei Tag und bei Nacht.

Jasmin Schejbal
Public Relations
Christian Stapelbrök
Senior Industrial Designer
Hendrik Schaefers
Co-CEO HDCM, Head of Innovation Industrial Design

Die gläserne Manufaktur am Headquarter in Schweinfurt

Ein Highlight am Hauptsitz Schweinfurt ist die im Frühjahr 2021 eröffnete gläserne Manufaktur. Hier werden 10.000 Bikes pro Jahr von 14 Zweiradmechanikern zusammengebaut. Das Besondere dabei: Wer will, kann durch die Gläserfront von der Straße aus zuschauen, wie aus zahlreichen Einzelkomponenten ein E-MTB entsteht. Gemeinsam mit Udo Zrenner, dem Leiter der gläsernen Manufaktur, haben wir bei unserem Besuch jeden einzelnen Schritt im Detail angeschaut – vom Rahmen, der mit Elektronikleitungen vorbereitet wird, über den Einbau des Fahrwerks, die Montage der Bremsen und Laufräder bis zur Hochzeit von Motor und Bike.

Ist ein Bike vollständig aufgebaut, folgt die Softwarekonfiguration. Direkt im Anschluss geht es in die zweistufige Qualitätskontrolle, bei der sich Haibike nicht auf Stichproben verlässt, sondern wirklich jedes einzelne Bike noch mal genau unter die Lupe nimmt. Zuerst kontrolliert ein Mechaniker, dann die Maschine, der sogenannte eChecker. In dieser besonderen Maschine wird jedes E-Bike, das in der gläsernen Manufaktur gefertigt wurde, einer virtuellen Testfahrt unterzogen, wobei die Maximalleistung, das Ansprechverhalten und der Nachlauf des Motors überprüft, ausgelesen und dokumentiert werden.

Im sogenannten eChecker wird jedes E-Bike, das in der gläsernen Manufaktur gefertigt wurde einer virtuellen Testfahrt unterzogen. Erst danach geht es in den Versand.

Alles nur zur Show? Nein. Die gläserne Manufaktur trägt natürlich die moderne und transparente Einstellung von Haibike nach außen, aber dort wird ganz regulär gearbeitet – genau so, als gäbe es keine durchsichtige Wand. Moderne E-Mountainbikes sind technisch hochkomplexe Maschinen, ihre Produktion muss also sehr präzise sein. Deshalb werden in der gläsernen Manufaktur auch neue Fertigungsschritte geprüft, Testläufe durchgeführt und Arbeitsschritte optimiert, bevor es mit diesen Erkenntnissen in der Hinterhand in die Massenproduktion geht. Auch das Produktmanagement und die Entwicklungsabteilung profitieren von dem hohen Erfahrungsschatz des Teams in der Manufaktur und der direkten Zusammenarbeit.

Eine weitere Neuerung am Standort Schweinfurt ist der Showroom mit allen Marken der Accell-Gruppe. Christoph hat uns die Hintergründe des Concept-Stores erklärt und uns durch die Halle mit allen Bikes von Haibike, Winora, GHOST und Lapierre geführt. Jede Marke präsentiert hier ihr Portfolio auf kleinen Podesten, die vom richtigen Licht in Szene gesetzt werden. Auch die wichtigsten Zulieferer wie DT Swiss und XLC sind in der ehemaligen Industriehalle vertreten. Der Showroom soll als Inspiration für Händler dienen, die an einer Modernisierung ihrer Ausstellungsfläche interessiert sind, und gleichzeitig die Portfolio-Bandbreite der Accell-Gruppe aufzeigen.

Wo steht Haibike heute? Was hinter der Entwicklung des Haibike AllMtn SE steckt

Ist Innovation wirklich immer besser? Oder braucht es manchmal eher eine Evolution, um die nächste Stufe zu erreichen? Fragt man Haibike, ist es eine Kombination aus beidem. Für die SE-Edition zum 10-jährigen Jubiläum ePerformance hat das Team von Haibike am AllMtn sein Wissen und seine Erfahrungen aus früheren Innovationsprojekten vereint. Bei der Entwicklung des ersten Komplettsystems von Haibike – dem FLYON – hat es Erfahrungen gesammelt, die es jetzt in weitere Projekte mitnimmt. Das AllMtn SE ist zwar kein Komplettsystem, die Herangehensweise war für das Team dennoch sehr ähnlich. Schließlich sollten laut Brand Manager Matthias auch hier Design, Funktion und Charakter des Bikes zu einer Gesamt-Experience verschmelzen. Die Persönlichkeit des Bikes sollte nach außen getragen werden. Die SE-Edition ist daher für Haibike der Schritt zurück zu den Basics und gleichzeitig ein Schritt nach vorne.

Was das für ein Bike ist, sollte nie eine Frage sein. Unsere Bikes müssen als Haibike erkannt werden, auch wenn nicht Haibike draufsteht.

Genau das in eine Form zu gießen, war eine große Aufgabe für das Designteam des HDCM (Haibike Design Center Munich) in der bayerischen Landeshauptstadt: Das Jubiläums-Bike sollte die Verbindung der Vergangenheit mit der Zukunft verkörpern. Der einzigartige Look, der die E-Mountainbikes der Marke ausmacht, durfte dabei natürlich nicht fehlen. Wie uns das Designteam aus Hendrik, Piers, Benjamin und Christian bei unserem Besuch in München erklärte, war von Anfang an klar, dass das SE-Modell zwar die markentypische DNA besitzen, aber dennoch eine andere Sprache sprechen sollte. Edler und dynamischer. Bei Haibike betrachtet man Bikes als Gesamtprojekt, deshalb muss für das Team des HDCM auch jedes Detail stimmen – denn die Detailtiefe trägt laut Christian und Benjamin zur Gesamtwahrnehmung bei. So wurde z. B. selbst das Akkucover des AllMtn nicht nur als technisches Einzelteil mit einer gewissen Funktion gesehen, sondern sollte auch bestmöglich in das gesamte Erscheinungsbild integriert werden. Außerdem hat Haibike es geschafft, dass das AllMtn SE auf den ersten Blick als Haibike zu erkennen ist. Aber nicht über den Markennamen auf dem Unterrohr, sondern durch die übergeordneten Proportionen, Oberflächen und Negativräume. Auch das Grafikdesign am AllMtn SE spricht die edlere Sprache, ist zurückhaltender und dezenter, als man es aus der Vergangenheit kennt. Es setzt das Gesamtdesign, das bis ins letzte Detail aufeinander abgestimmt ist, gekonnt in Szene.

Selbstbewusster Auftritt mit einem Hauch Understatement
Der Markenname auf dem Unterrohr ist dezent gehalten – das Bike ist trotzdem auf den ersten Blick als Haibike zu erkennen.
Detailverliebt
Haibike setzt bei der Sonderedition des AllMtn auf einen Understatement-Look, der durch gold-gelbe Farbakzente unterbrochen wird. Die Farbkombi ist bis ins letzte Detail aufeinander abgestimmt.
Rock On
Der Partyslogan zum 10-jährigen Jubiläum versteckt sich auf dem Rocker.
Passend gewählt
Das 160-mm-Fahrwerk kommt vom Rennsportexperten Öhlins und steht dem AllMtn SE nicht nur optisch sondern auch auf dem Trail gut.
Party auf dem Oberrohr
Das 10-jährigen Jubiläum verewigt Haibike auch auf grafisch passend auf dem Oberrohr.
Bling-Bling
Das hauseigene Kettenblatt von Haibike zieht ebenso wie die goldene Kette die Blicke auf sich.
Power House
Der Yamaha PW-X2 sorgt für ordentlich Vortrieb, ist sehr kraftvoll und schiebt auch bei niedrigen Trittfrequenzen gut an. Auch hier hat Haibike auf den Look geachtet: Die goldenen Gewindehülsen passen gut ins Gesamtbild.

Wo geht es in Zukunft hin? Was ist Haibike wichtig?

Um sich voll und ganz auf die Vision der Marke zu fokussieren, entwickelt man bei Haibike seit etwa einem Jahr keine Bikes ohne Motor mehr. Das Unternehmen setzt voll auf Motorpower und das zu 100 %. Hier sieht es die Zukunft und seine Kernkompetenz. Dabei konzentriert sich die Marke auf E-Bikes: von Performance-orientierten Modellen über E-Mountainbikes für den Trekking-Einsatz bis hin zu Modellen, die für den urbanen Alltag gedacht sind. Denn es geht nach wie vor darum, E-Bikes der breiten Masse zugänglich zu machen und jedem den elektrifizierten Genuss zu ermöglichen. Dabei stehen nicht einzelne technische Features im Vordergrund sondern der Use-Case. Das Team will lieber das richtige Bike mit dem richtigen Biker zusammenbringen. Für Brand Manager Matthias ist dabei besonders wichtig, dass Menschen mit ihrem Bike wachsen können „Unsere Produkte sollen das Selbstbewusstsein der Kunden stärken und dazu beitragen, vom Einsteiger zu einem Experten zu werden.“

Die Vision ist klar: Haibike bleibt zu 100 % E-Bike.

Beim Thema Trekking-E-Bikes orientiert sich Haibike stärker an den Formen moderner E-Mountainbikes und geht weg vom „klassischen“ Trekking-Verständnis mit schmalen Reifen, traditionellem Design und teils schlechten Fahreigenschaften. Die Modelle sollen zukunftsorientierte Alleskönner mit Vollausstattung sein und sich zum Pendeln bei Wind und Wetter genauso eignen wie für Wochenendtouren mit Gepäck.

Das Fahrrad ist die einzige Lösung für unser Verkehrsproblem!

Auch die Themen Commuting, die letzte Meile und Cargo-Bikes werden in Zukunft eine wichtige Rolle in der Accell-Gruppe und bei Haibike spielen. Wo stelle ich mein Cargo-Bike ab? Wie muss die Infrastruktur angepasst werden, damit urbane Mobilität mit dem E-Bike funktionieren kann? Und wie sieht eine Lösung innerhalb und außerhalb der Städte aus? Alles Fragen, mit denen sich die Accell-Gruppe und dementsprechend auch Haibike beschäftigt und zu deren Antworten sie gern aktiv beitragen will. Christoph ist dabei besonders wichtig, dass in der ganzen Diskussion um urbane Mobilität auch die Biker in Vorstädten und ländlichen Regionen nicht vergessen werden.

Deshalb arbeitet im Haibike Design Center München ein Student der Hochschule Pforzheim an einer Vision für das Jahr 2040. Dabei soll ausgelotet werden, was möglich und nötig sein wird, um die Herausforderungen der urbanen Mobilität zu bewältigen. Wie wollen wir uns in Zukunft bewegen und was brauchen wir dafür? Wie müssen E-Bikes in 10 oder 20 Jahren aussehen, um zu den Bedürfnissen der sich wandelnden Gesellschaft zu passen? Wir sind gespannt, auf welche Antworten Forschung und Entwicklung gemeinsam kommen. Und darauf, ob man ein Haibike selbst in 20 Jahren noch auf den ersten Blick als Haibike erkennt.

Einmal Pionier, immer Pionier? Haibike mag der Welt vor 10 Jahren die Tür zum E-Mountainbiken geöffnet haben, aber die Firma ruht sich nicht auf ihren Lorbeeren aus. In Bayern hat man die Zukunft im Blick. Der Fokus liegt dabei nicht auf irgendwelchen abgespaceten Tüfteleien für die Elite, sondern darauf, die zukünftigen Bedürfnisse möglichst vieler Biker vorauszuahnen und deren Probleme schon jetzt zu lösen. Und ganz nebenbei die Mobilität der nächsten 10 Jahre zu gestalten. Und der 10 Jahre danach.

Du willst mehr über Haibike erfahren? Hier geht’s zur Website haibike.com


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