Massive Rohre, dicke Mountainbikereifen auf breiten Felgen, Rohloff-Schaltung: das Riese & Müller Charger GX Rohloff gleicht einem Panzer und nicht einem klassischen Trekkingbike – geil! Wir haben das 26 kg schwere Ungetüm 1.600 km durch die Wälder gewalzt und sagen euch, ob es dem Vergleich mit dem Kettenfahrzeug standhält und ob es seine 4.999 € wert ist.

Riese & Müller Charger GX Rohloff | 26,05 kg | 4.999 €
Riese & Müller Charger GX Rohloff | 26,05 kg | 4.999 €

Die meisten klassischen Trekkingbikes sind, ehrlich gesagt, nur ein halbherziger Kompromiss zwischen Straßeneinsatz und einem Hauch an Offroad-Tauglichkeit. So mögen die schmalen Reifen zwar lange halten und wenig Rollwiderstand bieten, verfügen aber über die Sicherheit und den Komfort eines Bahnrads auf einer Downhillpiste. Das Riese & Müller Charger GX hingegen lässt schon beim ersten Blick gewisse Hoffnungen auf mehr zu. Volle Offroad-Power und maximaler Komfort oder nur teures Zusatzgewicht? Verschaffen wir uns zuerst mal einen Überblick.

Die Ausstattung des Riese & Müller Charger GX Rohloff

Das augenscheinlichste Alleinstellungsmerkmal des Riese & Müller Charger GX sind die Laufräder. Die Rohloff-Nabenschaltung bzw. die XT-Vorderradnabe sind in massive, 50 mm breite 27,5″-Felgen eingespeicht und stehen auf Schwalbe Rock Razor-Reifen. Diese Semislick-Reifen werden sonst beim Enduro oder gar Downhill gefahren. Speziell für Riese & Müller bestehen sie jedoch aus der langlebigen Travel Star-Gummimischung – sonst nur in Tourenreifen wie dem Marathon zu finden. Perfekt auf die zu erwartende Belastung abgestimmt, verfügen die Laufräder außerdem über 32 hochwertige Sapim Race-Speichen vorn und 36 im Hinterrad.

Die Kombination aus 50 mm breiten Felgen und den 2,35" messenden Schwalbe Rock Razor-Reifen bietet den Vorteil sehr geringer Luftdrücke und die Auswahl an 27,5"-Reifen ist so groß, dass jeder ein für sich passendes Profil finden kann.
Die Kombination aus 50 mm breiten Felgen und den 2,35″ messenden Schwalbe Rock Razor-Reifen bietet den Vorteil sehr geringer Luftdrücke und die Auswahl an 27,5″-Reifen ist so groß, dass jeder ein für sich passendes Profil finden kann.

Das FSA Afterburner-Cockpit ist mit seinem 90 mm langen Vorbau und dem 685 mm breiten Lenker für ein Trekkingbike perfekt bemessen und verfügt außerdem über sehr bequeme Ergon GP3-Korkgriffe mit verstellbaren Hörnchen. Hier finden sich auch die langen 3-Finger-Trekkinghebel der Shimano XT-Bremse. Zusammen mit den beiden 180-mm-Bremsscheiben lässt sich das Riese & Müller Charger GX so wohldosiert und zuverlässig verzögern. Platz nimmt man auf einem Brooks B17-Ledersattel, der zwar gute 600–1.000 km Einsitzdauer braucht, dann aber sehr bequem ist und das auch bleibt. Erhöht wird der Komfort zusätzlich mit der gefederten Cane Creek Thudbuster ST-Sattelstütze. Deren Elastomere sind in fünf verschiedenen Härten von Extra Soft bis Firm erhältlich und somit sollte sich für fast jedes Fahrergewicht etwas Passendes finden lassen.

Detailarbeit Robustheit und Ausdauer der Rohloff-Schaltung sind ungeschlagen. Riese & Müller verlässt sich aber nicht nur darauf, sondern verbaut hochwertige Sapim-Speichen – und zwar 32 vorn und 36 hinten.
Detailarbeit Robustheit und Ausdauer der Rohloff-Schaltung sind ungeschlagen. Riese & Müller verlässt sich aber nicht nur darauf, sondern verbaut hochwertige Sapim-Speichen – und zwar 32 vorn und 36 hinten.
Die Shimano XT-Bremse verfügt zwar nur über 180er-Scheiben vorn und hinten, reicht für das Charger GX Rohloff aber vollkommen aus.
Die Shimano XT-Bremse verfügt zwar nur über 180er-Scheiben vorn und hinten, reicht für das Charger GX Rohloff aber vollkommen aus.

Die SUNTOUR Aion-Gabel mit ihren 100 mm Federweg ist zwar eher auf der günstigeren Seite der Ausstattung zu finden, verfügt jedoch über eine volle E-Bike-Freigabe – ein nicht zu unterschätzenden Faktor in puncto Steifigkeit und Sicherheit, vor allem wenn man die Masse bedenkt. Außerdem sind wir uns bewusst, dass der Markt hier noch nicht viel hergibt und die meisten Hersteller auf Standard-Gabeln zurückgreifen. Ein weiteres cleveres Detail im vorderen Teil: Der ACROS BlockLock-Steuersatz begrenzt den Einschlag des Lenkers und verhindert so das Einklappen und Anschlagen des vorderen Gepäckträgers am Rahmen. Dieser ist übrigens genau wie sein Pendant am Heck in der gleichen hochwertigen Curry-Farbe lackiert.

Für ein Trekkingbike wie dem Riese & Müller Charger GX steht natürlich neben dem Sitzkomfort auch jener bei widrigen Wetterbedingungen bzw. Jahreszeiten ganz oben auf der Liste. Die 65 mm breiten SKS-Schutzbleche halten Dreck und Wasser unauffällig im Zaum und der Chainglider-Kettenschutz erspart nicht nur der Kette den Dreck, sondern auch der Hose die bleibenden Spuren. Für die dunkle Jahreszeit ist man mit der Supernova/B&M-Lichtanlage bestens und StVZO-zugelassen gerüstet, wobei der E3 E-Bike V6s-Scheinwerfer zwar für vollkommen ausreichende Helligkeit sorgt, aber für mehr Übersicht in Kurven noch etwas breiter abstrahlen könnte. Beide Lichter sind direkt mit dem 500-Wh-Akku des Bosch CX-Motors verkabelt, lassen sich damit bequem übers Display einschalten und verfügen so außerdem über ein Standlicht in voller Helligkeit.

Der Brooks B17-Sattel will zwar richtig eingesessen werden, bietet dann aber in Verbindung mit der Cane Creek Thudbuster-Sattelstütze unschlagbaren Komfort.
Der Brooks B17-Sattel will zwar richtig eingesessen werden, bietet dann aber in Verbindung mit der Cane Creek Thudbuster-Sattelstütze unschlagbaren Komfort.
Der Bosch Performance CX-Motor liefert Power für die steilen Anstiege und hat dank des 500-Wh-Akkus auch genügend Saft für ausgedehnte Touren.
Der Bosch Performance CX-Motor liefert Power für die steilen Anstiege und hat dank des 500-Wh-Akkus auch genügend Saft für ausgedehnte Touren.

Ausstattung des Riese & Müller Charger GX Rohloff

Federgabel: SUNTOUR Aion
Motor/Akku: Bosch Performance CX, 500 Wh
Schaltung: Rohloff Speedhub 500/14
Bremsen: Shimano Deore XT Trekking
Sattel: Brooks B17
Sattelstütze: Cane Creek Thudbuster ST
Lenker/Vorbau: FSA Afterburner
Griffe: Ergon GP3 Kork
Lichtanlage: Supernova E3 V6s, B&M Toplight Mini LED
Gewicht/Größe: 26,05 kg / 49 cm
Preis: 4.999 € / 5.299 € (45 km/h, Bosch Performance Speed)

Eine Lichtanlage von Supernova bzw. Busch und Müller sorgt, falls nötig, für ausreichende Beleuchtung, hängt direkt am Akku und wird einfach über das Display aktiviert. So hat auch das Standlicht volle Helligkeit.

Das Charger GX Rohloff in der Praxis

Sind diese ganzen speziellen Teile nicht ein bisschen zu viel? Wäre weniger vielleicht mehr gewesen? Schließlich summiert sich das Ganze auf heftige 26 kg … Nach 1.600 km lässt sich hierüber ein ganz gutes Urteil abgeben: Nein! Jedes Detail erfüllt seinen Zweck und erzeugt definitiv einen spürbaren Vorteil und wir würden so gut wie nichts davon missen wollen.

Der Rahmen ist massiv, super steif und zeigt selbst bei voller Beladung und Einsatz in grobem Gelände keinerlei Verwindung. Sämtliche Kabel sind aufgeräumt und clever verlegt, so laufen die widerspenstigen Kabel der Rohloff im Hinterbau intern, davor unsichtbar in einem Kanal unter dem Oberrohr. Hier kann übrigens auch ein großer Flaschenhalter für 1,5-l-Flaschen montiert werden. Voll für den E-Bike-Einsatz freigegeben verfügt die SUNTOUR Aion-Gabel über dickerere, steife Rohre und zeigt auch bei starkem Abbremsen mit Zuladung kein Flattern. Leider ist sie nicht unbedingt die feinfühligste für leichte Fahrer, dämpft große Schläge auf ihren 100 mm Federweg aber zuverlässig und angenehm.

Das Riese & Müller Charger GX Rohloff kitzelt den Entdeckerdrang.
Das Riese & Müller Charger GX Rohloff kitzelt den Entdeckerdrang.

Die Rohloff ist nach wie vor ein Meisterwerk an Ingenieurskunst, was Verarbeitung und Haltbarkeit angeht, und steht bei so gut wie jedem Tourenfahrer zu Recht an oberster Stelle. Die Gangabstufung harmoniert sehr gut mit der Unterstützung des Bosch CX-Motors und ihre Bandbreite ist schlicht die größte, die an einem E-Bike mit diesem Motor möglich ist. Das heißt auch mit geringer Unterstützung ist so gut wie jeder Anstieg entspannt zu machen. Ein Hinweis am Rande: Da die Rohloff aufgrund ihrer Getriebe unter Last nicht schalten kann und jeder Motor minimal nachschiebt, muss zum Schalten das Treten etwas aktiver unterbrochen werden, als es an einem Rad ohne Unterstützung der Fall ist. Hieran gewöhnt man sich aber sehr schnell. Und schließlich lässt sich die Rohloff bequem im Stand schalten, was einem vollbeladenen E-Bike noch viel mehr als sonst zugutekommt.

Die Schwalbe Rock Razor-Reifen eignen sich aufgrund ihres Profils erstaunlich gut für ein Trekking-Bike. Die flachen Mittelstollen bieten geringen Rollwiderstand und leise Abrollgeräusche, die massiven Seitenstollen jedoch ordentlich Grip in Kurven. Die breiten Felgen geben dem Reifen hier ordentlich Stabilität und flachen das Profil außerdem etwas ab. So können die Seitenstollen schneller greifen – denn Mountainbike-Kurvenlagen fährt mit dem Trekkingrad sicher niemand. Ein weiterer Vorteil der 50-mm-Felgen sind die möglichen geringen Luftdrücke. Wir fuhren das Charger GX mit 1,5 bar hinten und 1,3 bar im Vorderreifen. Derartigen Komfort und Grip sucht man woanders vergeblich. Dank dem Mountainbike-Reifenmaß können auf Wunsch außerdem so ziemlich alle Reifen bis 2,35″ Breite (mit Schutzblechen!) gefahren werden. Wer z. B. sehr viel Schlamm erwartet, könnte so beliebige MTB-Reifen mit entsprechendem Profil aufziehen.

Ein großes Lob gibt es von uns auch für sämtliche Kontaktpunkte mit dem Bike. Der Brooks-Sattel in Kombination mit der gefederten Thudbuster-Sattelstütze sorgt für ebenso hohen Komfort wie die Ergon-Griffe am perfekt bemessenen Cockpit.

Dank der verhältnismäßig großen Übersetzungsbandbreite der Rohloff und dank des Bosch Performance CX-Motors lässt sich wirklich jede Steigung erklimmen.
Dank der verhältnismäßig großen Übersetzungsbandbreite der Rohloff und dank des Bosch Performance CX-Motors lässt sich wirklich jede Steigung erklimmen.

Lediglich zwei kleinere Details sind uns etwas aufgestoßen. So ist die Funktion des Chainglider-Kettenschutzes zwar über jeden Zweifel erhaben, er schützt die Kette zuverlässig vor Staub und Dreck und erhöht daher deutlich ihre Haltbarkeit – jedoch tut er das mit einer enormen Geräuschkulisse beim Antritt und an stärkeren Steigungen. Dieses Rasseln und Rattern ließ sich auch nach mehreren Versuchen nicht beheben und wir demontierten den Chainglider letztendlich. Das zweite, kleine Detail ist der hintere Gepäckträger. Er ist einerseits nur für eine Traglast von 17 kg freigegeben und verfügt im unteren Bereich über schräge Streben. Aus ihnen können auf rumpeligem Boden die Haken der Gepäcktaschen gerne mal rausrutschen.

Feldwege, Pfade, Schotterpisten – hier fühlt sich das Charger GX richtig wohl.
Feldwege, Pfade, Schotterpisten – hier fühlt sich das Charger GX richtig wohl.

Zum Fahrverhalten gibt es, ehrlich gesagt, nicht viele Worte zu verlieren: einfach traumhaft! Die Laufrad-Reifen-Kombination sorgt für unschlagbaren Grip auf so gut wie jedem Untergrund, die dicken Reifen generieren zusammen mit den hervorragenden Kontaktpunkten sehr hohen Komfort und negieren die etwas mangelnde Feinfühligkeit der Federgabel. Und falls man etwas Gröberes trifft, arbeitet die Federgabel dann auch tadellos. Zusammen mit der auf Stabilität und Laufruhe ausgelegten Geometrie fühlt man sich so in jeder Lage äußerst entspannt und sicher. Zwischen diesem Fahrgefühl und den dünnbereiften Pendants oder sogar Hybriden mit schlanken MTB-Reifen liegen hier Welten. Man verbringt deutlich mehr Zeit damit, links oder rechts zu schauen und die Landschaft zu genießen, als sich um den Untergrund und die damit einhergehende Sicherheit kümmern zu müssen. Und das ist doch genau der Punkt oder?

Vielleicht könnte man dem Charger GX etwas mangelnde Spritzigkeit im Stadtverkehr ankreiden, aber dafür ist es auch nicht gedacht. Vielmehr lässt es sich auf langen Überlandstrecken äußerst entspannt und satt dahingleiten – egal wie der Boden beschaffen ist. Und falls der Waldweg mal in einen Trlpfad mündet oder die Schotterpiste sich in ein Steinfeld wandelt, schreckt das Riese & Müller auch hiervor nicht zurück. Lediglich Tragepassagen sollte man versuchen zu vermeiden …

Und falls der Pfad mal endet, ist die Tour noch lange nicht vorbei.
Und falls der Pfad mal endet, ist die Tour noch lange nicht vorbei.

Trotzdem, das Riese & Müller Charger GX eignet sich für den Offroad-Weltreisenden genauso gut wie für den Pendler. Es verrichtet seinen Dienst mit stoischer Zuverlässigkeit, maximalem Komfort und umfassender Sicherheit und sorgt immer wieder für einen äußerst entspannten Start in den Arbeitstag.

Als Abschluss noch etwas Positives: Nach 1.600 km über Asphalt, Schotter, Waldwege und Gröberes zeigt sich weder an Kette noch Reifen Verschleiß und selbst die Bremsbeläge sind noch nicht einmal halb verbraucht. Und wer Bedenken in Bezug auf Pannensicherheit haben sollte – wir hatten genau einen Platten. Mit Schläuchen wohlgemerkt!

Fazit

Kurz und knapp: So geht Trekkingbike! Das Riese & Müller Charger GX kann nicht nur mit kompromissloser Top-Ausstattung und durchdachten Details punkten, sondern bietet außerdem sehr hohen Fahrkomfort, Vielseitigkeit und ein absolut sicheres Fahrverhalten auf jedem Untergrund. Wir konnten auch nach 1.600 km keinen Verschleiß oder gar Mängel feststellen und somit geht der Preis von 4.999 € auch vollkommen in Ordnung. Absolut empfehlenswert!

Tops

  • Sehr vielseitig
  • Hohe Laufruhe
  • Großartige Ergonomie (Sattel, Griffe)

Flops

  • Wirkt im Stadtverkehr etwas zu sperrig
  • Chainglider sehr laut
  • Gepäckträger passt nicht zu allen Taschen
Passt perfekt Nicht nur sind die Komponenten wie die bequemen Ergon-Griffe mit Hörnchen oder die Shimano XT-Trekkingbremshebel perfekt gewählt, das Cockpit ist außerdem optimal dimensioniert, um lange Strecken, aber auch Geländeeinsatz zu entspannt wegzustecken.
Passt perfekt
Nicht nur sind die Komponenten wie die bequemen Ergon-Griffe mit Hörnchen oder die Shimano XT-Trekkingbremshebel perfekt gewählt, das Cockpit ist außerdem optimal dimensioniert, um lange Strecken, aber auch Geländeeinsatz zu entspannt wegzustecken.
Fast perfekt Zwei Punkte sind uns doch aufgestoßen: Die schrägen Rohre des schick lackierten Gepäckträgers halten die Taschen leider nicht ganz sicher, sobald es mal ruppig wird, und der Chainglider-Kettenschutz erfüllt seinen Zweck zwar voll und ganz, aber oft auf sehr lautstarke Art und Weise.
Fast perfekt
Zwei Punkte sind uns beim Riese & Müller Charger GX doch aufgestoßen: Die schrägen Rohre des schick lackierten Gepäckträgers halten die Taschen leider nicht ganz sicher, sobald es mal ruppig wird, und der Chainglider-Kettenschutz erfüllt seinen Zweck zwar voll und ganz, aber oft auf sehr lautstarke Art und Weise.

Mehr Infos zum Charger GX Rohloff findet ihr auf der Riese & Müller Website.


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Words: Photos: Noah Haxel