Das Vivax Libero 27,5″ sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normales, gut ausgestattetes Trailbike. Erst bei näherer Betrachtung fällt die Kabelführung von der Satteltasche in die Sattelstütze und den Rahmen auf. Doch was hat das Stealth-E-Mountainbike zu bieten?

Der E-Antrieb von Vivax Assist verschwindet komplett im Sattelrohr und ist mit 1,8 kg (inkl. 6 Ah-Akku, 180 Wh) der weltweit leichteste in Serie erhältliche E-Bike-Antrieb. Die Motorleistung wird per Knopfdruck direkt auf die Tretkurbel übertragen und kann mittels Tastschalter am Lenker schnell ein- und ausgeschaltet werden. Laut Hersteller kommen vom Sattelrohrmotor mit seinen 200 W ca.110 W am Hinterrad an. Unser First Ride zeigt die Unterschiede zwischen den üblichen Mittelmotorantrieben (Bosch, Brose, Shimano & Co.) und dem Vivax Assist auf.

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Während die österreichische Firma Vivax Drive bislang hauptsächlich ihr E-Bike-Antriebssystem Vivax Assist als Nachrüstsatz auf den Markt brachte, steht mittlerweile mehr und mehr der Verkauf von Komplettbikes wie dem Vivax Libero 27,5″ im Vordergrund.

Vom Akku (9 Ah) in der Satteltasche führt ein Kabel zum Elektroantrieb im Sitzrohr und das andere zum Taster am Lenker, mit dem der Elektroantrieb ein- bzw. ausgeschaltet wird.
Vom Akku (9 Ah) in der Satteltasche führt ein Kabel zum Elektroantrieb im Sitzrohr und das andere zum Taster am Lenker, mit dem der Elektroantrieb ein- bzw. ausgeschaltet wird.
Vivax bezieht den Alurahmen des Vivax Libero 27,5" von dem deutschen Hersteller MÜSING. Der Rahmen basiert auf dem MÜSING Petrol und wurde für den E-Antrieb entsprechend modifiziert.
Vivax bezieht den Alurahmen des Vivax Libero 27,5″ von dem deutschen Hersteller MÜSING. Der Rahmen basiert auf dem MÜSING Petrol und wurde für den E-Antrieb entsprechend modifiziert.

Antriebssystem

Vivax sieht sich mit ihrem Antrieb konkurrenzlos, da sie nicht mit den E-Bike-Antrieben von Bosch, Brose oder Yamaha verglichen werden können. Beim konventionellen E-Bike-Antrieb kann man mittels Schalter den Unterstützungsmodus (Bosch: Eco, Tour, Sport und Turbo) und somit auch die Geschwindigkeit ohne zusätzlichen Kraftaufwand erhöhen.

Beim E-Antrieb von Vivax Assist kann man durch einen Druck auf die Bedieneinheit am Lenker den Motor zuschalten, jedoch ist die Unterstützungsleistung durch den Antrieb immer konstant und wird nur durch die Trittfrequenz beeinflusst. Die optimale Unterstützungsleistung von 110 W am Hinterrad erfolgt bei einer Trittfrequenz von 75. Das bedeutet, dass der Biker durch die Wahl des für ihn richtigen Ganges die Unterstützungsleistung des E-Antriebes beeinflusst. Je kleiner der gewählte Gang, desto größer die elektrische Unterstützung.
Das Ein- und Ausschalten des Zusatzantriebes erfolgt beim Vivax Assist-System wesentlich häufiger, als das beim konventionellen E-Bike Antrieb der Fall ist, da das Bike ohne elektrische Unterstützung wie ein normales Mountainbike rollt, ohne den bei Mittelmotoren üblichen Widerstand.
Bergab oder im ebenen Gelände wird der Motor mittels der Bedieneinheit (Taster) am Lenker abgeschaltet. Zwar kann der Motor auch mittels Waagrechtstellung der Pedale abgeschaltet werden, diese Möglichkeit sollte jedoch eher als Notabschaltung des Motors genutzt werden.
Laut der Philosophie des Herstellers soll der Vivax-Antrieb mit seinem Two-in-one-Prinzip je nach Bedarf einen Mix aus aktivem Radfahren ohne Einsatz des Motors und komfortablem Radeln mit Motorunterstützung ermöglichen.

Der Antrieb des Vivax ist von außen nicht sichtbar im Sitzrohr des Rahmens untergebracht und wirkt direkt auf die Tretkurbel.
Der Antrieb des Vivax ist von außen nicht sichtbar im Sitzrohr des Rahmens untergebracht und wirkt direkt auf die Tretkurbel.
Bei Vivax hat man die Wahl zwischen zwei Cliptastern zum Ein- und Ausschalten des Motorantriebes.
Bei Vivax hat man die Wahl zwischen zwei Cliptastern zum Ein- und Ausschalten des Motorantriebes.

Von Vivax werden zwei verschiedene Cliptaster (mit und ohne LED-Anzeige) zum Ein- und Ausschalten des Motorantriebes angeboten. Das Test-Bike war mit dem einfacheren Taster ohne LED-Anzeige ausgestattet und der (funktionslose) LED-Cliptaster wurde lediglich zu Demonstrationszwecken montiert. Die linke Sichel zeigt mittels Leuchtpunkten, ob man die optimale Trittfrequenz von 75 Umdrehungen pro Minute erreicht hat, während die rechte Sichel den Ladezustand des Akkus angibt.

Motor-Getriebe-Einheit, Steuerung (in der Sattelstütze), Bedieneinheit des Akkus
Motor-Getriebe-Einheit, Steuerung (in der Sattelstütze), Bedieneinheit des Akkus
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Bei 75 Pedalumdrehungen erreicht der Motor seine volle Leistung von 110 W. Der Fahrer wird ab einer Trittfrequenz von ca. 40 Umdrehungen pro Minute unterstützt. Fällt die Trittfrequenz, verringert sich der Output linear.

Der Akku ist mittels einer Steckverbindung an das System angeschlossen, kann aber zum Anschluss an das Ladegerät entnommen werden. An den Leuchtdioden kann der Ladezustand abgelesen werden.
Der Akku ist mittels einer Steckverbindung an das System angeschlossen, kann aber zum Anschluss an das Ladegerät entnommen werden. An den Leuchtdioden kann der Ladezustand abgelesen werden.

Laut Hersteller hat der 6-Ah-Akku eine Mindestlaufzeit von 60 min bei Volllast. Der 350 g schwerere 9-Ah-Akku soll eine Mindestlaufzeit von 90 min bei Volllast bieten und kostet 199 € mehr.

Ausstattung des Vivax Libero 27,5″

Die Ausstattung des Vivax Libero 27,5″ lässt mit seinem Fahrwerk keine Wünsche offen. Die RockShox PIKE-Federgabel und der RockShox Monarch RT3-Dämpfer arbeiten gewohnt zuverlässig. Antrieb, Schaltung, Kurbelgarnitur, Naben und Bremsen (v/h 180 mm) sind mit Shimano XT-Komponenten versehen. Sattel und Lenkergriffe stammen von Ergon. Die Reifen Continental Trail King 2.4 sind auf Stan’s No Tubes Flow EX-Felgen aufgezogen.

Federgabel: RockShox PIKE, 150 mm
Dämpfer: RockShox Monarch RT3, 150 mm
Schaltung: Shimano XT 2 x 11, 34 x 24
Bremsen:Shimano XT
E-Antrieb: Vivax Assist 4.75
Leistung: 200 W
Max. Output: 120 W an der Kurbel/110 W am Hinterrad
Akku: 6,0 Ah LiIon-Akku mit 180 Wh, 9,0 Ah mit 270 Wh (+155 €)
Reichweite/Laufzeit: mind. 60 min bei Volllast
Gesamtgewicht: 15,3 kg
Preis: 5.599 €

Erster Fahreindruck

„Back to the roots“ war mein erster Gedanke, als ich mit dem Vivax Libero 27,5″ den ersten Test-Kilometer zurückgelegt hatte. Ich war auf dem E-Bike-Festival in den Kitzbüheler Alpen, hatte in den letzten Tagen schon etwas mehr als 200 km auf verschiedenen E-Mountainbikes zurückgelegt und fuhr jetzt zum ersten Mal wieder auf einem scheinbar traditionellen Mountainbike. Wobei das „traditionell“ beim ersten Anstieg schnell wieder relativiert wurde, da durch den Sattelrohrmotor eine spürbare elektrische Unterstützung zugeschaltet werden konnte. Das leichte Mehrgewicht des Motors fällt generell kaum auf, eher die hohe Positionierung des Akkus an der Satteltasche.

Das Vivax Libero 27,5″ fährt sich wie ein ganz normales Mountainbike mit Rückenwind beim Bergauffahren. Das Zusatzgewicht durch den E-Antrieb ist auch bei leichten Anstiegen nicht störend. Das Motorengeräusch ist gleichbleibend summend und etwas lauter als der Bosch CX-Motor.
Schnelle Bergabfahrten steckt das 150-mm-Fahrwerk locker weg, hier macht sich das Mehrgewicht nicht negativ bemerkbar. Im technischen Gelände wiederum wünscht man sich eine andere Positionierung des Akkus und die Möglichkeit, eine Teleskopsattelstütze verbauen zu können. Das Schalten unter Last ist problemlos möglich.
Der elektrische Zusatzantrieb von Vivax Assist reicht zwar von der Leistung nicht an die der E-Mountainbikes mit den üblichen 250-W-Mittelmotoren heran. Der viel beschworene Uphill-Flow der klassischen E-Mountainbikes kann sich bei diesem Antrieb nicht einstellen, dafür bietet er eine komfortable und nicht unerhebliche Unterstützungsleistung bei längeren Anstiegen an.

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Unbedingt empfehlenswert ist die Mehrausgabe für den stärken 9-Ah-Akku und bei längeren Touren die Mitnahme des leichten Ladegerätes (ca. 500 g), um bei einer Hüttenpause den Akku aufzuladen (3 min Ladezeit entsprechen 1 min Motorantrieb).

Fazit

Das Vivax Libero 27,5″ bietet die Leichtigkeit eines traditionellen Mountainbikes, kombiniert mit einer komfortablen Aufstiegshilfe per Knopfdruck. Für ein Mountainbike-Fully mit 150 mm Federweg und der Option eines elektrischen Zusatzantriebes geht das Gewicht von knapp über 15 kg voll in Ordnung. Durch den Freilauf und das akzeptable Gewicht ist jederzeit auch ein Biken ohne Motorunterstützung möglich.
Das Vivax Libero 27,5″ ist die erste Wahl für Biker, die kein schweres E-Mountaibike mit klassischem Mittelmotor wollen und lediglich eine zuschaltbare Aufstiegshilfe suchen. Das Zusatzgewicht von ca. 1,8 kg ist hier verschmerzbar. Einziges Manko: Es kann keine absenkbare Teleskopsattelstütze montiert werden.

Mehr Informationen findet ihr auf der offiziellen Webiste des Herstellers!


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Words: Manne Schmitt Photos: Manne Schmitt, Vivax

Über den Autor

Manne Schmitt

Als stolzer Daddy von Robin und Max-Philip ist Manne der Mann der ersten Stunde und die „graue Eminenz“ im Redaktionsteam. Sein erstes Rad-Rennen gewann er im Grundschulalter beim Schulfest. Nach weniger erfolgreichen Versuchen im Fußball fand er über den Ausdauersport (Marathon) im Jahr 1989 seine Passion fürs Biken! Das Thema Racing verfolgt ihn noch immer, niemand im Team kennt die EWS-Profis besser als Manne. Als ehemaliger Chef-Analyst einer Landesbehörde weiß er, wie man richtig recherchiert, und findet exklusive News, die sonst niemand hat. Als Prokurist unterstützt er seine Söhne erfolgreich im Alltag – viva la familia!