Eine klassische Alpenüberquerung ist schon knifflig zu organisieren. Aber was, wenn man dabei auch noch möglichst viele Trails mitnehmen will – und das alles auf dem E-MTB? Das Ridehappy-Team rund um den Alpentrail-Spezialisten Frank Ellenberger hat sich der Challenge gestellt.

Ein einzigartiger Blick auf die Alpenlandschaft der Dolomiti di Brenta (3.173 m) – da können sogar Postkarten neidisch werden

Bikehersteller RADON unterstütze die Ridehappy-Crew mit passendem Material. Nach diversen Produktionsproblemen standen die Bikes endlich bereit, um ihre ultimative Bewährungsprobe zu erleben. Und die sollte für Mensch und Material aufgrund widrigster Wetterverhältnisse besonders hart werden. Nach einer kurzen Kennenlernphase mit den RADON SLIDE HYBRID und einigen kleinen Tuningmaßnahmen ging es dann Mitte September in Lermoos los.

Die Trails boten abwechslungsreichen Fahrspaß und stellten die Bikes auf die Härteprobe. Nicht das erste Mal, dass sich verstellbare Sattelstützen als geniale Erfindung entpuppten.

Der Anreisetag ließ schon nichts Gutes ahnen und der Morgen der ersten Etappe bestätigte das: Schnee bis in die tiefsten Lagen, sodass der eigentlich geplante Blindsee-Trail zu risikoreich gewesen wäre und es daher an diesem Tag über den Fernpass und Imst hinauf nach Piller ging, wo wir zum ersten Mal übernachteten.

Über den Wolken ist die Freiheit wirklich grenzenlos: Piller Höhe (1.558 m) in Richtung Reschenpass.

Immerhin empfing uns der zweite Tag mit Sonne. Es war zwar noch immer sehr kalt und die Abfahrt von der Piller Höhe ins Inntal gestaltete sich als Frost-Etappe. Doch die Fahrt hinauf über die Kajetansbrücke nach Nauders wärmte uns wieder auf, zumal der technisch anspruchsvolle und steile Uphill zur Norbertshöhe all unsere Konzentration forderte. Mit der Gondel fuhren wir zur Bergkastel-Station und dann über Plamort, Bunker- und den Etsch-Trail nach Reschen.

Am Reschensee: Neben der Physis kommt die Seele des Bikers bei derartigen Aussichten nie zu kurz.
Entspannte Passage der Vigiljoch-Abfahrt durchs Grüne

Der dritte Tag war uns wettertechnisch nicht ganz so wohlgesonnen: wolkenverhangener Himmel und Schneefall. Den Spin-Trail von Schöneben konnten wir zwar mit sturem Willen und einigem Kampfgeist noch eben so bewältigen, aber als es zu regnen anfing, half alles nichts mehr. Den Haideralm-Trail mussten wir auslassen, stattdessen ging es in rasantem Tempo die Via Claudia hinunter und dann über den Zug-Trail ab Glurns in Richtung Goldrain. Und unser Glück wendete sich: Unterwegs begann die Sonne sich ihren Weg durch die Wolken zu bahnen. Dadurch konnten wir am Nachmittag bei bestem Wetter der Sonne entgegenheizen und den Propain-Trail zu einem absoluten Highlight werden lassen.

Uphill mit dem E-MTB? Kein Problem! Die nötige zweite Luft zum Genießen des Vinschgau-Zugtrails ist da inklusive.

Tag 4 führte über die Via Claudia zur Gondel nach Aschbach und von dort dann weiter über die Weiden der Bärenbadalm, mit gigantischer Aussicht auf die Dolomiti di Brenta bis hin zum Rosengarten. Auf abwechslungsreichen und anspruchsvollen Trails ging es dann hinunter ins Ultental. Hier lagen noch 600 hm Uphill vor uns, die wir dank unserer Antriebsunterstützung geschmeidig hinter uns bringen konnten. Denn unsere Königsetappe stand uns noch bevor: Am nächsten Tag sollte es aufs Rabbijoch gehen!

Vielleicht wollte sich das Rabbijoch einfach vor der Foto-Session drücken: Der Nebel versaute zwar die Bilder, sorgte aber für eine spannende Abfahrt und eine ganz besondere Stimmung.

Zunächst zog sich das Tal entlang des Bachs gnadenlos nach oben, bis es dann ab der Kirchberg Alm Kaser steil und ab der Bärhapp Alm auch noch technisch wurde. Doch alle vorherigen Befürchtungen zerstreuten sich während der Auffahrt: Das steile Stück fuhr sich im eMTB-Modus sehr gut und auch der lose Untergrund konnte unserem Drehmoment standhalten, ohne dass die Hinterräder durchdrehten.

Die technische Uphill-Passage bis zum Pass bot uns ideales Terrain, um den Uphill-Flow zu genießen und dadurch blieben nur ganz wenige Meter Auffahrt, auf denen wir unsere Bikes schieben mussten. Just in dem Moment, als wir die Passhöhe erreichten, zog dichter Nebel über den Kamm, und so wurde die felsig-technische Abfahrt zur Haselgruberhütte zwar spannend, doch die geplante Foto-Session musste leider ausfallen.

Dafür bekamen wir in der Hütte eine heiße und stärkende Minestrone und fuhren dann die flowige Abfahrt hinunter ins Rabbital und weiter ins Val di Sole. Von dort wurden wir mit dem Shuttle nach Madonna di Campiglio fahren, wo es erneut zu regnen begann.

Das Steinmännchen auf dem Rabbijoch leistete uns während der Rast Gesellschaft

Die letzte Etappe führte uns entlang eines Transalp-Klassikers: Zunächst ging es auf einem Trail zum Cascate di Sopra, dann zum Lago di Valàgola und schließlich hinauf zum Bärenpass. Diese Rampe kann man mit dem herkömmlichen Mountainbike nicht wirklich genießen – aber auf dem E-MTB sieht die Geschichte schon wieder ganz anders aus!

Oben auf dem Bärenpass angekommen waren wir nicht zum ersten Mal dankbar für den Antrieb an unseren Bikes

Am Fuße des Schlussanstieges stand ein Schild mit gelbem Schriftzug: Passo Bregn de’l Ors, 190 hm, 900 m. Der Boden war durch den Regen der vergangenen Nacht ganz durchnässt, doch das Bike zog locker hinauf, der Tritt ließ sich perfekt dosieren und bis auf wenige Stufen im oberen Bereich konnten wir genüsslich zum Pass fahren. Auch das Wetter hatte Nachsehen mit uns und die Sonne kam zum Vorschein. Der Trail zum Refugio Ghedina war zwar aufgeweicht und stellte erhöhte Ansprüche an unsere Steuer- und Bremskünste, aber er zauberte er uns doch ein fettes Grinsen in die Gesichter.

Ankunft am Passo del Ballino, im Gepäck: gute Laune und eine Menge grandioser Erinnerungen aus den letzten Tagen. Ab hier ist es zum Gardasee nur noch ein “Spaziergang”.

Mit Vollgas ging die Abfahrt hinunter nach Ponte Arche und schließlich über den Passo del Ballino mit einem abschließenden Trail nach Riva und von dort nach Torbole. Sechs Tage Radon Transalp-Tour lagen hinter uns.

Unser Fazit? Besser hätte es kaum laufen können. Wir hatten keinen einzigen Defekt und auch unsere Sorge, ob die Akkus den täglichen Ride überstehen würden, waren unbegründet. Wir mussten an keinem Tag nachladen und selbst wenn es nötig gewesen wäre, so hätte es am Streckenrand stets Möglichkeiten gegeben.

Ein letzter Blick zurück auf die atemberaubende Natur am Lago di Valàgola

Die nagelneuen RADON SLIDE HYBRID waren dank unserer kleinen Tuningmaßnahmen die perfekten Begleiter für unser Abenteuer: Durch die montierten 203er-Bremsscheiben, die kürzeren Vorbauten und breiteren Lenker hatten wir richtig Spaß mit diesen Bikes.

Zusammenfassung des Ablaufs

1. Etappe: Lermoos–Piller 52 km, 1.020 hm Uphill, 1.600 hm Downhill (mit Blindseetrail)
2. Etappe: Piller–Reschen 63,5 km, 1.077 hm Uphill, 1.708 hm Downhill
3. Etappe: Reschen–Goldrain 72 km, 580 hm Uphill, 2.554 hm Downhill (ohne Haideralm-Trail)
4. Etappe: Goldrain–Ultental 61 km, 1.100 hm Uphill, 1.521 hm Downhill
5. Etappe: Ultental–Val di Sole 33 km, 1.291 hm Uphill, 1.820 hm Downhill
6. Etappe: Madonna di Campiglio–Torbole: 64,31 km, 1.128 hm Uphill, 2.581 hm Downhill

Auf der Bärenbadalm unterhalb von Vigiljoch den Ride Revue passieren lassen, sich einen Capuccino zu Gemüte führen und einfach das Leben genießen. So muss das sein.

Der Veranstalter der EMTB trail.trans.alp ist Ridehappy, die nächste Transalp findet vom 23. bis 30.06.2018 statt. Der Schwierigkeitsgrad der Trails ist im Bereich S1 bis S2 angesiedelt und die schwierigeren Passagen kann man auf der Strecke auch umfahren.

Informationen findet ihr auf ride.happy


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Words & Photos: Frank Ellenberger