Im Jahr 2015 gab es wieder einmal Marken, Persönlichkeiten und Event-Organisatoren, die den Status quo infrage gestellt und Außergewöhnliches vollbracht haben: Menschen, die mit innovativen Konzepten im Bereich des Sports, Produkt-Designs oder Marketings überrascht und überzeugt haben.

Warum wir den Industry Award eingeführt haben? Wir möchten die Leistungen bestimmter Teams und Personen in der Bike-Branche ehren, die bereit sind, Neues zu wagen, Neues zu schaffen. Idealisten wie Realisten, die nicht nur die Industrie und den Sport mit ihren innovativen Formaten und Konzepten voranbringen, sondern auch andere dazu inspirieren die Grenzen zu sprengen. In diesem Jahr hat unser internationales Team von Journalisten und Industrie-Experten in 3 Kategorien diese Auszeichnung vergeben.

Industry-Award

Entwicklungsteam des Jahres: Specialized E-Bike R&D-Team

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specialized pedal assist launch 2015

Obwohl sich im Jahr 2015 die Fahrperformance von E-Mountainbikes signifikant verbessert hat, wissen wir, dass Power nichts ohne Kontrolle ist. Mit der Specialized Mission Control App beginnt eine neue Ära an digital gesteuerten und smarten Komponenten. Jan Talavasek hat als geistiger Vater der Specialized Turbo Levo-Modellreihe zusammen mit seinem R&D-Team für einiges Aufsehen gesorgt. Nach sieben Jahren Erfahrung als Engineering Manager der Specialized-Mountainbikeabteilung im kalifornischen Morgan Hill wechselte Jan nicht nur den Wohnort, sondern leitete ab diesem Zeitpunkt auch das E-Bike R&D-Team (Reasearch & Development) von Specialized in Zürich.

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Wir hatten mehrmals Gelegenheit, Prototypen des Turbo Levo FSR Expert 6Fatties zu testen und waren jedes Mal von den technischen Lösungen des noch nicht 100%ig funktionierenden Bikes beeindruckt. Bei der Hardware fand Jan Talavaseks Team clevere Details, um Alltagstauglichkeit, Verlässlichkeit und Smart Simplicity zu verbessern. Das Revolutionäre an der Entwicklungsarbeit ist allerdings nicht die Hard-, sondern die Software.
Mit der Mission Control App gibt Specialized dem Fahrer nicht nur Zugriff auf die Einstellung des Unterstützungsmodus, sondern auf die volle Bandbreite: Motorleistung, Beschleunigung, maximale Motorunterstützung und so weiter. Zudem zeichnet die App die Fahrt auf und stellt diverse Daten zur Analyse bereit, Strava-Share-Funktion inklusive. Das Highlight der App ist die sogenannte Smart Control-Funktion – ein Algorithmus, der die Motorunterstützung anhand der vom Nutzer definierten Parametern automatisch anpasst.

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In Anbetracht der zunehmenden Anzahl an Sensoren und elektronischen Komponenten liegt es nun an den Herstellern, unsere Bikes mit diesen Daten smarter, effizienter und anpassungsfähiger für den individuellen Benutzer zu machen. Auch wenn mehr intelligente Technik nicht jedermanns Geschmack ist, haben Jan Talavasek und sein Team mit der Mission Control App gezeigt, wie wichtig die Rolle von Software in Zukunft sein wird. Die Entwickler-Teams der Hersteller werden, insbesondere im E-Mountainbike-Sektor, genauso aus Software-Ingenieuren wie traditionellen Ingenieuren und Designern bestehen. Wie auf dem iPhone oder Android ist es die Software und nicht die Hardware, die den Unterschied zwischen den Produkten ausmachen wird.

Event des Jahres: Giro Grinduro

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Revolution im Straßenradsport: Die Straße ist weg! Nun ja, nicht ganz, aber Fakt ist, dass mit dem Superenduro B-Road und dem Grinduro im Jahre 2015 gleich zwei Rennformate ihr Debüt gefeiert haben, die Abwechslung in das schmalbereifte Renngeschehen bringen und die sich insbesondere Mountainbiker einmal genauer anschauen sollten.

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Es erinnert an die Anfangsjahre des Endurosports, als keiner so genau wusste, was Enduro ist und was es werden würde, sondern lediglich, dass XC-Racer, Freerider, Downhiller, Enduro-Spezialisten und Otto-Normal-Fahrer auf einmal gemeinsam an einem Rennen teilnahmen. Und genau diese Brücke zwischen den Disziplinen des Zweiradsports schlagen jetzt Grinduro und Superenduro B-Road. Auch wenn die Experten-Jury und Medien beide Formate feierten, kann es nur einen Award-Gewinner geben. Superenduro B-Road hat zwar das Potenzial, zu einem nachhaltigeren und populäreren Format heranzuwachsen, das vor allem für klassische Straßenfahrer attraktiv ist. Doch ist es das Grinduro-Format, das die Kluft zwischen Rennrad- und Mountainbike-Rennen wirklich schließt: Rennradfahrer, Gravel-Fahrer, Downhiller, XC-Racer, Enduristen, alle kamen zu diesem spannenden Event, das im Oktober 2015 in den Bergen der kalifornischen Sierra Nevada stattfand. Das Konzept Grinduro stammt aus der Feder von Joe Parkin und wurde erfolgreich von Dain Zaffke, Marketing Director bei Giro, und seinem Team umgesetzt.

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Keiner wusste so recht, was die Fahrer erwarten oder was die perfekte Radwahl für dieses Rennformat sein würde. Und genau das machte das Rennen so besonders und spannend – ein noch unbeschriebenes Blatt, wobei die Teilnehmer die Geschichte schreiben und den Spirit definieren durften. Dank einem Massenstart im Gran Fondo-Stil und lediglich vier gezeiteten Einzelstages konnten Freunde zusammen fahren und sich zum Beispiel auf einer Time-Trial-Stage, bei der es rund 10 km über Asphalt ging, gegenseitig unterstützen. Ein Rennformat, das seine Teilnehmer dazu ermutigt, neue Freundschaften zu schließen, die gemeinsame Zeit zu genießen und Spaß zu haben – klingt doch eigentlich ganz gut, oder? Und dazu kam noch eine wilde Nacht mit guter Musik, handgemachten Bikes, Camping, Lagerfeuer, Bier und leckerem Essen, zubereitet von Gourmetkoch Chris DiMinno.

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Eins ist sicher: Dieses Rennformat wird nicht nur andere Rennorganisatoren rund um den Globus zu ähnlichen Events inspirieren, es ist auch der Beginn neuer Entwicklungen und Innovationen. Absenkbare Sattelstützen für Gravelbikes, Rahmen mit noch mehr Reifenfreiheit oder ein 1X-Antrieb mit noch größerer Übersetzungsbreite, um harte Anstiege und Downhills gleichsam abzudecken? Das könnte von diesen Rennformaten gefordert und gefördert werden.

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„Grinduro vereint das Beste von Gravel, Enduro und Gran Fondo und macht daraus ein aufregendes Format, das an die Anfangszeiten von Enduro erinnert und den Spaß absolut in den Vordergrund stellt“, sagt ENDURO Mountainbike Magazine-Gründer Robin Schmitt. „Genau diese lockere Einstellung macht das Rennformat so aufregend, spaßig und cool. Und trifft den Zeitgeist einer neuen Generation an Rennradfahrern und Zweiradenthusiasten, denen wir uns mit unserem neuen Magazin, dem GRAN FONDO – Cycling Magazine, widmen werden.“

Newcomer des Jahres: Bold

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Betrachtet man die derzeitige Markenlandschaft im Bike-Business, gibt es einerseits die Big Player mit etablierten Namen, großen Marketingbudgets und der Power, ihre Produkte als Trend zu pushen – egal ob sie gut sind oder nicht. Andererseits gibt es einige kleine Marken, die vielleicht nicht die großen Budgets und nicht die Ressourcen haben, diesen Mangel aber mit Leidenschaft und einer klaren Vision wettmachen. Sie handeln aus purer Überzeugung und sind verrückt genug, sich gegen alle Schwarzmaler zu erheben und Neues zu schaffen, oftmals das, was andere für unmöglich oder undenkbar halten. Deswegen sollte es auch nicht überraschen, dass Google oder Facebook so darauf versessen sind, kleine innovative Startups aufzukaufen. Denn es sind diese Individualisten und Querdenker, die an ihre Vision glauben und Veränderungen vorantreiben. Im Jahr 2015 tauchte die Schweizer Firma Bold Cycles quasi aus dem Nichts auf und wurde innerhalb kürzester Zeit zu einer der begehrtesten und meist-diskutiertesten Bike-Marken des Planeten! Keiner hatte sie auf dem Schirm, nur wenige wussten von ihrem tiefgehenden technischen Background und ihrer langen Geschichte in der Bike-Industrie. Das Duo aus Oliver Kreuter und Vincenz Droux hatte glücklicherweise die finanzielle Unterstützung seiner Familien, um sein ambitioniertes Projekt ohne Risiken für die Kunden voranzutreiben und überraschte, ja schockte die Szene geradezu mit seinem neuen, innovativen Internal Shock-Design.

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Das radikale Bikedesign war nicht der einzige Joker, den die beiden ausspielten, auch die gesamte Marketingkampagne mit Liebe zum Detail war für das unglaubliche Debüt entscheidend. Dabei möchte Bold nicht jeden ansprechen, sondern vielmehr etwas Einzigartiges einem exklusiven Kundenkreis bieten. So repräsentiert das Bold Linkin Trail eine neue Designsprache und ein neues Level der Integration, das Bikes cleaner, einfacher und ästhetischer macht.

Diese Newcomer sollte man definitiv im Auge behalten – sowohl was ihr Marketing, aber noch viel mehr was die Produkte angeht. Denn man sollte niemals die Menschen unterschätzen, die ihre Leidenschaft leben und eine klare Vision haben!


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