E-Mountainbikes sind wahre High-Tech-Produkte. Ihre Entwicklung läuft auf Hochtouren, nicht nur bei den Motoren wird viel getestet und feinabgestimmt, auch die Geometrien und Stabilität der Bikes werden immer entscheidender. Je komplexer und leichter die Produkte werden, desto penibler, ausgiebiger und härter muss getestet werden. Wir erhielten exklusive Einblicke in das Prüf- und Testverfahren im hauseigenen Labor des deutschen Herstellers Cube in Waldershof.

Cube Testlabor E-MTB Magazine (2 von 57)
Erinnert an einen kühlen OP-Saal in einer Klinik.

Wenn sich die unscheinbare Doppeltür im Erdgeschoss des Fahrradherstellers Cube in Waldershof öffnet, durchfährt den Besucher ein kurzer kalter Schauer, fühlt er sich doch sofort an den OP-Saal einer Klink erinnert, welchen man lieber nicht von innen sieht. Doch Entwarnung! Im sterilen Weiß des Arbeitsplatzes von Bernd Schenkl und Willi Lützeler wird kein Mensch operiert, die beiden Ingenieure untersuchen und prüfen hier Bike-Rahmen und weitere wichtige Bauteile eines Rades in chirurgischer Penibilität.

Schickes Prüfungslabor.
Schickes Prüfungslabor.

Mitte letzten Jahres bezog das Prüflabor die neuen Räumlichkeiten und rückte so nicht nur räumlich noch näher zum Rest des 14-köpfigen Entwicklungsteams. Beinahe täglich erhält das Prüf-Team Besuch von Kollegen, um Ergebnisse und Erkenntnisse von weit über einem Dutzend Prüfständen zu evaluieren und in die Entwicklung neuen Räder einfließen zu lassen.

E-Mountainbikes sind mit ihrem höherem Eigengewicht und der extra Leistung der starken Motoren deutlich größeren Belastungen ausgesetzt als Räder ohne Motor – klar eigentlich! Doch die zuständige DIN-Norm kennt keine Unterscheidung zwischen den Mountainbike-Gattungen. So muss ein E-Mountainbike laut DIN-Norm lediglich denselben Belastungen wie ein normales Mountainbike-Hardtail standhalten. Grund genug für die beiden Ingenieure, gemeinsam mit mehreren Kollegen die eigene CTS-Norm (Cube Testing Standard) zu entwickeln, welche die Bike-spezifischen Belastungen jedes Modells berücksichtigt. Komponenten und Bikes müssen in den Prüfständen teilweise ein Vielfaches dessen aushalten, was die DIN-Norm vorschreibt.

Ein Prüfzyklus besteht aus drei Phasen.
Ein Prüfzyklus besteht aus drei Phasen.

Jeder Prototypen-Rahmen durchläuft bei einem Prüfzyklus drei unterschiedliche Phasen. Bei statischen Tests werden die Steifigkeitswerte (Tretlager, Steuerrohr usw.) ermittelt, später wird auf pneumatischen Apparaturen die Dauerfestigkeit des Rahmens in mehreren tausend Durchgängen überwacht. So kann es sein, dass die Maschinen 24 Stunden über mehrere Tage hinweg Teile oder gesamte Bikes auf deren Dauerfestigkeit prüfen und mit realistischen Belastungen Tausende von Trailkilometern simulieren.

Ein nicht nur spektakulärer, sondern auch enorm wichtiger Test ist der Front-Impact-Test, bei dem in mehreren Durchgängen der Rahmen so weit belastet wird, bis er bricht. Hierbei ist neben dem erreichten Wert auch das Bruchbild entscheidend, denn nur so können gefährliche Splitterungen oder ein Abriss des Steuerrohrs verhindert werden.

Regelmäßige Kontrollen sind unerlässlich.
Regelmäßige Kontrollen sind unerlässlich.

Erst wenn ein Prototyp alle Tests besteht, startet die Produktion der Serienbikes, auch hier sind regelmäßige Kontrollen während der Fertigung unerlässlich.

Je höher die Messlatte im Labor, desto beruhigter kann man auf die Trails.
Je höher die Messlatte im Labor, desto beruhigter kann man auf die Trails.

Summa summarum zeigte uns der Besuch in Waldershof tiefe Einblicke in ein durchdachtes und komplexes Prüfverfahren. Während Maschine arbeiten und Produkte brechen müssen, dürfen wir zuschauen und uns über so viel Aufwand im Sinne der eigenen Sicherheit freuen. Klar – es kann immer etwas passieren und gerade bei einem High-Tech-Produkt, das möglichst leicht und dennoch stabil sein soll. Aber je höher man die Messlatte im Labor legt und je realitätsnaher man testet, umso beruhigter kann man auf die Trails.

Text & Foto: Christoph Bayer


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