Zugegeben: Eigentlich sind wir ja eher Fans von E-MTBs mit Mittelmotoren. Diese lassen sich durch ihren tiefen und zentralen Schwerpunkt fast ebenso leicht über anspruchsvolle Trails jagen wie ihre antriebsfreien Pendants. Doch auch Hinterradantriebe haben durchaus ihre Vorteile.

Nach Feierabned die letzten Sonnenstrahlen genießen - mit dem KTM e Race kein Problem
Nach Feierabned die letzten Sonnenstrahlen genießen – mit dem KTM eRace P 29 kein Problem

So arbeiten die direkt auf die Hinterradnabe wirkenden Motoren sehr effizient und antriebsstark, da anders als bei Mittelmotoren kein Energieverlust durch Reibung in Kette und Getriebe auftritt. Ebenfalls positiv: Kette, Ritzel und Schaltung werden nicht zusätzlich stark belastet, was den Verschleiß reduziert und den Geldbeutel schont. Und was uns ganz besonders gefällt: Es ist mit Hinterradantrieben möglich, beim Fahren den Akku teilweise wieder aufzuladen. Diese etwas sperrig “Rekuperation” genannte Funktion bietet sogar eine Art Motorbremse, welche bei längeren Bergabfahrten sehr angenehm ist. Es gibt also durchaus einige Gründe, die für ein am Hinterrad angetriebenes E-Mountainbike sprechen, weshalb wir uns das KTM eRace P 29 einmal genauer angesehen haben.

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Schon beim Auspacken fällt die von KTM gewohnt hochwertige Verarbeitung auf. Die matte, orange-weiß-schwarze Rahmenlackierung sieht sehr edel aus, fühlt sich auch so an, und zieht sich stimmig über das gesamte Bike. Das Steuerdisplay ist kompakt auf dem Lenker angebracht und damit crashsicherer als die exponierte Vorbauhalterung bei manch anderen Herstellern.
Die Ausstattung ist am ehesten in die Kategorie “solide Einstiegsvariante” einzuordnen. Die preiswerten TEKTRO Auriga-Bremsen sind so eine Art Geheimtipp und haben uns schon öfter durch ihre Bremspower und Standfestigkeit überrascht. Bei den Schaltkomponenten wurde bis auf das hochwertige Shimano XT-Schaltwerk eher auf die mittelpreisigen Komponenten gesetzt, welche aber ebenfalls mit zuverlässiger Funktion überzeugen können. Lediglich die Federgabel, eine blockierbare SUNTOUR Raidon, konnte die Tester nicht überzeugen. Die unterdämpfte und relativ unsensible Gabel kommt bei gröberen Strecken früh an ihre Grenzen und kann bei schnellen Schlägen dem Untergrund nicht ausreichend folgen. In der Praxis ist das allerdings nur begrenzt ausschlaggebend, schließlich zählen sehr ruppige und technisch anspruchsvolle Trails ja sowieso weniger zum bevorzugtem Einsatzgebiet von E-Hardtails mit Hinterradantrieb.

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Der abschließbare Akku kann zum Aufladen mit einem Handgriff abgenommen werden, das Ausbauen des Hinterrads inklusive Motor fällt genauso leicht wie bei einem herkömmlichen Hinterrad. Allerdings sind hinten für einen besseren Diebstahlschutz keine Schnellspanner angebracht – wer also auch unterwegs einen Platten reparieren können will, sollte auf die Mitnahme eines passendes Tools achten.

Wenn man dann erstmal auf dem eRace sitzt, weichen die Überlegungen zu Verarbeitung und Ausstattung schnell einem “Wow-ist-das-geil”-Gefühl. Stark und mit viel Drehmoment beschleunigt der bis zu 500 Watt starke Panasonic-Antrieb das Bike, arbeitet dabei aber gleichzeitig überraschend unauffällig. Ein Rucken beim Einsetzen des Motors suchen wir vergebens, ganz harmonisch und gleichmäßig wird der Antrieb beim Erreichen der gesetzlichen 25 km/h-Grenze abgeregelt. Selten sind wir ein so fein abgestimmtes E-MTB gefahren. Ganz besonders auf ansteigenden, nicht zu technischen Trails haben wir mit dem KTM dadurch so viel Spaß wie auf kaum einem anderen Hardtail bisher!

Positiv überrascht waren wir auch von der geringen Überhitzungsproblematik. Bei 25 °C Lufttemperatur mussten wir uns schon sehr lang und steil ansteigende Rampen suchen und mit viel Nachdruck fahren, um den Motor zu einem leichten Abregeln zu bringen.

Dank des kraftvollen Motors hatten wir mit dem KTM regelmäßig ein dickes Grinsesn im Gesicht
Dank des kraftvollen Motors hatten wir mit dem KTM regelmäßig ein dickes Grinsesn im Gesicht

Etwas gemischt sehen wir allerdings die lange Nachlaufzeit des Antriebs. Hört man mit dem Treten auf, dann schiebt der Motor das Bike noch eine gute Sekunde lang weiter. Das ist teilweise sehr angenehm und kann viel Spaß machen, besonders das Überwinden von technischen Einzelstellen bergauf fällt damit sehr leicht. Es können aber auch unangenehme oder sogar gefährliche Situationen entstehen, wenn man z.B. im Straßenverkehr oder in ausgesetzten Kurven nicht auf das verzögerte Aussetzen des Antriebs gefasst ist. Entschärft wird die Situation allerdings durch die gut arbeitende Bremssensorik. Schon bei leichtem Zug an den Bremshebeln wird der Motorantrieb sofort unterbrochen, auch der Nachlauf fällt damit weg. Nebenbei wird automatisch ein Teil der Bremsenergie genutzt, um den Akku wieder aufzuladen.

Über das Lenkerdisplay lassen sich vier verschiedene Unterstützungsstufen auswählen. Besonders gut gefallen hat uns dabei die Einstellung “Auto”. Hierbei erkennt das System, ob und wie steil man bergauf oder bergab fährt und wählt automatisch die jeweils passende Unterstützungs- oder Rekuperationsstufe. Gerade letzteres hat uns, neben der willkommenen Reichweitenverlängerung, bei längeren Bergabfahrten sehr begeistert. So lange es nicht sehr steil bergab geht, wird das Fahrrad durch die Aufladefunktion stets auf ein angenehmes Tempo abgebremst, ohne dass man zusätzlich die Bremse betätigen müsste.

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Überraschung – Die günstigen Tektro Auriga Bremsen überzeugen mit guter Bremspower, feiner Dosierbarkeit und hoher Standfestigkeit. Eine echte Überraschung!

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Unsensibel – Die Suntour Raidon Federgabel konnte die Tester nicht überzeugen. Ich gelang es bei schnellen und harten Schlägen nicht, dem Untergrund zu folgen

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Verschraubt – Zum Ausbau des Hinterrads wird beim KTM ein 15mm-Gabelschlüssel benötigt. Das ist als Diebstahlschutz praktisch, kann im Pannenfall aber eine Taxifahrt nach sich ziehen

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Gut abgestimmt – Der Panasonic Nabenmotor begeistert mit massig Power, feiner Regelung und hoher Hitzebeständigkeit. Kritik gibt es nur für den etwas zu langen Nachlauf

Fazit:

Für einen akzeptablen Preis bekommt man mit dem KTM eRace P 29 ein E-Hardtail mit günstiger, aber solider Ausstattung und einem absolut überzeugendem Fahrverhalten. Zusammen mit dem gelungenem Design ein echter Kauftipp!

Preis: 2.598 €

Technische Daten:

  • Antrieb: Panasonic Nabenmotor 250 Watt
  • Akku: 414 Wh
  • Gabel: SUNTOUR Raidon
  • Federweg: 100mm
  • Bremse: TEKTRO Auriga, vorne und hinten 180 mm
  • Schaltkomponenten: Schaltwerk Shimano XT, Umwerfer Shimano Deore
  • Größen: 17 “, 19 “, 21 ”
  • Gewicht: 21,2 kg
  • Text: Tobias Döring Fotos: Christoph Bayer


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    Über den Autor

    Aaron Steinke

    Aaron war der erste Mitarbeiter unseres Unternehmens, hat es tatkräftig mit aufgebaut und dabei den Auftritt und die Ausrichtung unserer Magazine maßgeblich mitgeprägt. Seit Mitte 2020 verfolgt er eigene Projekte, berät und unterstützt uns aber weiterhin bei Marketing- und Technik-Themen. Viele Jahre lang konnte man Aaron vor allem auf spaßorientierten Enduro-Rennen finden, in letzter Zeit auch vermehrt auf dem Rennrad – es lebe die Freiheit auf zwei Rädern!